Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

DOI Artikel:
Redaktioneller Teil
DOI Artikel:
Deiker, Karl: Fiat justitia!
DOI Artikel:
Anteil der Künstler am Wertzuwachs?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0198

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
190

Die Werkstatt der Kunst.

Heft

Anteil cler Künstler am Mertzunacks?
In der „B. Z. am Mittag" behandelte Georg Her-
mann den auch hier schon oft erwogenen Gedanken, die
Künstler an der Wertsteigerung ihrer verkauften Merke
zu beteiligen. Er schreibt:
„Ich bin Schriftsteller, arbeite mit dem Oerleger, der
Kaufmann ist. Unser Zusammenarbeiten ist persönlich und
gesetzlich geregelt, Haben meine Merke Erfolg, so habe
ich Nutzen davon und meine Erben bis dreißig, ja viel-
leicht später sogar bis fünfzig Jahre nach meinem Tode.
Lin Frenssen wird mit einem ,Iörn Uhl' berühmt. Und
nun nimmt er auch au dem Erfolg teil, den jetzt feine
früheren, ehedem nicht geschätzten Merke erzielen. Lin
Maler wird berühmt, feine früheren Merke, die er viel-
leicht billig verkaufen mußte, steigen im Mert, und weder
er noch seine Erben erhalten einen Groschen von dieser
Steigerung. Für den Schriftsteller ist eben das Urheber-
gesetz schon weiter ausgebaut . . . aus dein einfachen
Grunde, weil der Buchhandel schon länger in der Ent-
wicklung begriffen ist. Jene Entwicklung aber, die der
internationale Kunsthandel heute durchmacht, ist neu, sein
Geburtsjahr liegt kaum dreißig Jahre zurück. Die Gesetze
hinken immer nach: erst die Börse, dann das Börsen-
gesetz. Aber Gesetze — das rufe ich — müssen hier
kommen!
Man wird mir nun entgegenhalten, daß ja das ge-
malte und geschriebene Kunstwerk ganz und gar vonein-
ander verschieden sind, daß der Mann, der ein Bild kauft,
ein Kapital so und so lange zinslos liegen läßt. Redet
doch nicht von dem zinslosen Kapitall wenn ich mein
Geld verzinsen will, so kaufe ich mir gute Papiere oder
gebe es auf die Bank, wenn ich mir aber Kunstwerke
kaufe und kaufen kann, so sind die Zinsen eben der Ge-
nuß, den ich an den Dingen habe. Ich habe durch Jahre
an den Dingen die Freude gehabt und habe zum Schluß
noch die Möglichkeit, sie für den Linkaufswert, über
dem Linkaufswert oder unter dem Linkaufswert zu ver-
kaufen.
Nun wird man mir weiter entgegenhalten, daß diese
Preissteigerung ja nur bei ganz wenigen Künstlern der
Fall ist. Bei diesen aber — muß man mir zugeben —
wäre die Beteiligung desto gerechter, da sie als Bringer
von neuem bei eiuem kleineren Käuferkreis sich mit ge-
ringeren Preisen begnügen mußten als die, die um sie
marktgängerische Kunst produzierten. Aber, ich bestreite,
daß die Preissteigerung nur wenige trifft! Ich behaupte,
sie ist fast allgemein. Menn man die Möglichkeit hätte,
die Einkaufspreise der Sammlung Roche-Ringwald mit
den heutigen Verkaufspreisen zu vergleichen, so würde
man sehen, daß bei einer großen Mehrzahl der Künstler
eine Preissteigerung stattgefunden hat. Und warum sie
oder ihre Erben nicht an diesem Wertzuwachs beteiligt
sein sollen, das kann man nicht mit gewöhnlichem verstand,
sondern höchstens mit juristischem Denken begreifen.
Nun wird man mir aber endlich entgegenhalten: ja,
um Himmelswillen — wie soll denn das gemacht werden?
— Aber — meine Lieben — der Staat bucht ja jeden
Hausverkaus, und wenn das Mbjekt 500 Mark wert ist,
klebt für zwanzig Pfennige Invalidenmarken, läßt jedes
Stück Fleisch begucken, und es soll nicht möglich sein, die
Einkäufe und Verkäufe von künstlerischen Griginalwerten
zu kontrollieren?! Lin Gesetz, daß all diese Verkäufe in
einfachster Form notariell geschlossen werden müssen, gäbe
uns z. B. schon sofort einen Ueberblick über den Umsatz.
Ja, ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Nicht nur
der Künstler soll mit einem Prozentsatz an dem Wert-
zuwachs feiner Merke beteiligt werden, sondern auch der
Staat selbst. Und der Staat soll auch als Erbe eintreten,
wenn vor dreißig oder fünfzig Jahren nach dem Tode
des Schöpfers keine Erben mehr vorhanden sein sollten.
Der so erzielte Gewinn müßte aber ungeteilt wieder dem
Kunstfonds und den Kunstschulen zufließen."

von Earl Deiker-Düfseldorf
vor einiger Zeit wurde einen: hiesigen Kaufmann,
Herrn Zigarrenimporteur F., ein Gemälde angeboten, welches
den Namen meines vor etwa Jahren verstorbenen Vaters
trug und angeblich von diesem herrühren sollte. Das Bild
wäre, wenn es echt gewesen wäre, etwa ?—8000 Mk. wert
gewesen, es wurde zu 700 Mk. angeboten und sage und
schreibe mit ZOO Mk. bezahlt. Der Verkäufer war ein schon
mehrfach wegen derartiger Delikte vorbestraftes Individuum,
Dies wußte der Käufer nicht und in gutem Glauben er-
stand er den „echten" L. F. Deiker.
Bald nachher jedoch kamen ihm Zweifel und er sandte
mir das Bild zu mit einem Begleitschreiben, welches den
Wunsch ausdrückte, ich möchte mich über die angebliche
Echtheit dieses E. F. Deiker äußern. Dies tat ich, indem
ich das Bild sofort von der Kriminalpolizei als eine der
gemeinsten Fälschungen, die mir je begegnet sind, mit Be-
schlag belegen ließ. Des Käufers wegen mußte mir dies
aufrichtig leid tun; der Herr hatte sich gefreut, für weniges
Geld an ein so wertvolles Gemälde gekommen zu fein,
nun war er das Geld los und auch das Bild.-Ich
hätte wahrhaftig tausendmal lieber ihm die Echtheit be-
stätigt, andererseits aber wieder sagte ich mir, daß das
Bild eine derartig plumpe Fälschung war, daß selbst der
schlimmste Laie sich nicht düpieren lassen konnte.
Also die Kriminalpolizei refp. die Staatsanwaltschaft
beschlagnahmte das Bild, und es gelang, den Verkäufer
desselben festzunehmen und hinter Schloß und Riegel zu
befördern. Soweit war nun alles in schönster Ordnung,
und die Recherchen, von welchem „Künstler" das „Kunst-
werk" stammte, konnten beginnen. Dieselben nahmen in-
sofern einen glatten verlaus, als daß einer den verdacht
aus den andern schob, bis die Sache bei einem Toten an-
gelangt war, und da Tote bekanntlich stumm sind, so mußte
das Gericht annehmen, der mehrfach vorbestrafte Verkäufer-
Habe in gutem Glauben gehandelt, und da sich der eigent-
liche Urheber des Bildes nicht mehr seststellen ließ, so ließ
man den Jüngling laufen.
Damit konnte ich mich natürlich nicht zufriedengeben,
einmal im Interesse der gesamten Kunst, dann aber als
Vertreter meines Namens, dessen Pflicht es war, die Ehre
des Vaters als Künstler zu wahren. So ließ ich denn
durch meinen Rechtsanwalt, Herrn Or. Groos, einen Bries
an die Kgl. Staatsanwaltschaft schreiben, in dem ich die
Einziehung resp. die Vernichtung des Bildes beantragte.
Lin „objektives Verfahren" gegen „Unbekannt". — —
Mittlerweile hatte sich der nunmehrige Besitzer des Bildes
seines Eigentumsrechtes besonnen, und er bestritt ein Recht
anderer, das Bild zu vernichten, so entschieden, daß schließ-
lich nur noch bei Gericht die Entfernung des Namenszuges
beantragt wurde.
Ich will mich kurz fassen. Am 22. Dezember war vor
der Strafkammer der Termin zur Verhandlung anberaumt;
als Sachverständige waren geladen:
Prof. Christian Kröner,
2. Kunstmaler Fr. Schürmann (früher Schüler meines
Vaters),
s. Kunstmaler Earl Schultze,
h. ich selbst als Sohn.
Bis auf Herrn Prof. Kröner sagten die Sachverstän-
digen das gleiche aus, nämlich, daß es sich um eine Fäl-
schung traurigster Art handelte, deren Urheber weder Lalent
noch die geringste Ahnung von Kunst habe; das Bild war
wirklich so miserabel, daß wir uns lächerlich vorkamen, ein
Urteil darüber abgeben zu müssen, vorsichtiger urteilte
Herr Pros. Kröner, welcher am Tage vorher wegen Krank-
heit in seiner Wohnung vernommen wurde. Im allgemeinen,
besonders was die Dualität des Bildes anbelangte, war
auch er unserer Ansicht, nämlich, daß es sich um ein Mach-
werk niedrigster Sorte handelte, aber er bestritt nicht direkt
die Echtheit, sondern sagte nur, er glaubte nicht, daß das
 
Annotationen