Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 3.1901

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Hampel, Carl: Das Modell in der Gartenkunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0020

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

DIE GAKTENKÜNST

III, 1

sclirieben wird?“ und beantworte sie nach meinem Stand-
punkt mit einem „Nein“, was übrigens von vielen anderen
und selbst namhaften Gartenkünstlern auch geschieht.

Man hat es ja auch herausgefühlt, dafs die Linien
einfach den Yerhältnissen der Wirklichkeit entsprechend
gegeben, im Modell wenig befriedigen und greift des-
halb für die Höhenverhältnisse zu einern anderen Mafs-
stab, als die Längen ihn haben. Da aber ein Modell nur
dann einen Wert haben kann, wenn es sich bemüht, auch
die wahren Verhältnisse zu zeigen, so kann es immer nur
ein Pehler sein, wenn zu so gewaltsamen Mitteln gegriffen
werden mufs, nur um dem Modell eine scheinbare Richtig-
keit zu geben; aber hieraus leuchtet auch zur Geniige ein,
dafs das Modell im allgemeinen von keiner zutreffenden
Bedeutung sein kann.

Handelt es sich nur darum, die Bodengestaltung zu
geben, so mag dasselbe fiir gewisse Zwecke vielleicht an-
zuwenden sein, doch den besten Nutzen wird auch hierfiir
die Zeichnung geben.

Wer am Modell durchaus festhalten will, sollte sich
darauf beschränken, gewisse Teile darin zu fertigen, die
sich infolge ihrer räumlichen Verhältnisse als leidlich
naturwahre Scenen mit allem Aufbau geben lassen.

Um meine entgegengesetzten Anschauungen iiber den
Wert des Modells, wie solche in dieser Zeitschrift vertreten
wurden, noch besonders zu begriinden und den Nachweis
über die Richtigkeit meiner abweichenden Ansicht zu führen,
möchte icli die verehrten Leser auf drei Modelle hinweisen,
die mehr allgemein bekannt geworden sein diirften und
das von mir vorher Gesagte bestätigen. Es sind dies die
Modelle 1. zum Viktoriapark in Berlin, 2. zur Verlängerung
der Terrassenanlage vor dem Orangeriehause in Sanssouci
und 3. ein Modeil bei dem Wettbewerb um eine Platzanlage
in Schöneberg bei Berlin im Jahre 1898.

Besonders das erste Modell hat bei den Besuchern der
Berliner Gewerbe-Ausstellung96und dann auch auf der Garten-
bau-Ausstellung 97 Befremden erregt; man konnte es eben
nicht glauben, dafs es der Viktoriapark war, der sich da
im Modell zeigte, weil er einem jeden Besucher in ganz
anderer Weise in der Wirklichkeit vor Augen tritt, als
hier irn Modell. Die wuchtigen aufsteigenden Linien
in dem Park verlieren sich im Modell vollständig und
lassen denselben als eine in mehr sanfteren Linien sich
bewegende Anlage erscheinen, was sich aus der verhältnis-
mäfsig grofsen Grundfläche, welche der Park hat, erklärt-
Ohne Zuhilfenahme von Zeichnungen wird es selbst dem
Fachmann schwer, aus dem Modell sich ein wahres Bild
zu machen. Das aber, was dem Pachmann nicht möglich
ist, kann man vom Laien wohl gar nicht erwarten.

Nicht anders habe ich das Urteil tiber 2. gehört. Der
Laie fand die lange Ausdehnung der Terrassenanlage
gegeniiber dem jetzt gewaltiger packenden Aufbau lang-
weilig und kann sich nicht vorstellen, dafs das Bild daraus
ein schöneres, als das jetzige werden sollte. Nach dem
Grunde, woher dies kommt, brauchen wir nicht erst zu
suchen, es beurteilt sich einfach aus der perspektivischen
Wirkung der Scene von unserem Standpunkt aus. Da wir
den letzteren und. auch die perspektivische Wirkung im

Modell nicht haben, mtissen wir auch auf eine naturwahre
Wiedergabe durch dasselbe verzichten.

Zu 3. mufst.e von dem Fachmann bei dem Wettbewerb
den übrigen aburteilenden Herren erst eine besondere Er-
läuterung zu dem Modell gegeben werden. Man verstand
es nicht, weshalb entgegen der Zeicbnung die Pontäne
auf einer Anhöhung lag und weshalb der ganze Platz dicht
mit einer hohen Pflanzung umgeben werden sollte, welche
ängstlich jeden Einblick in den Platz abschlofs. Da aber
hier Bildhauer und Architekten zugegen waren, die an
Modellen geübt sind, so weist dieses Beispiel nach, dafs die
wahren Verhältnisse auch irn Modell wiederzugeben sind,
wenn anders dasselbe nicht falsch verstanden werden soll.

Besten Palls, d. h. dort, wo Bodenbewegungen zu
machen sind, stellt das Modell einen motivierten Grundrifs
dar, ohne damit den wahren Eindruck, den die Anlage
später zeigen wird, zu geben.

So viel Modelle mir auch bisher zu Gesicht gekommen
sind, habe ich noch aus keinem eine Befriedigung oder
ein wirkliches Bild von der Garten-Anlage, die dasselbe
veranschaulichen soll, erhalten.

Das Bemühen, einen Garten in einem Modell zu zeigen,
ist nicht etwa ein neues; es ist auch früher schon geübt
worden, nur hat man es nicht gefördert aus der Erkenntnis,
dafs damit das nicht zu erreichen ist, was man beabsichtigt,
wenigstens nicht in der anschaulichen und zutreffenden
Weise, wie es das Mödell geben soll und müfste.

Die Erläuterung des Grundrisses mufs deshalb auf eine
andere Weise gefolgert werden und zwar durch die Dar-
stellung im Bilde. Mir schwebt eine Villa im italienischen,
in diesem leichten und anheimelnden Stile vor, die im
Modell reizend anzusehen war. Dieselbe Villa, im Bilde
dargestellt mit dem dazu gehörenden Gartenteil, gab ein
Bild ganzer Wahrheit, da auch die Gartenscene hier zum
vollen Ausdruck kam, was im Modell nicht möglich ge-
wesen war. Es kann deshalb als zufreffendste Darstellungs-
weise nur das Bild gelten, das von einem jeden leicht
verstanden und aufgefafst wird, auch packend und durchaus
natürlich und wahr die Scene schildert. Man sollte deshalb
diesen Zweig der Darstellung aus dem Grundrifs heraus
auf das Beste fördern und ilim einen breiten Rahmen auf
einer geeigneten Bildungsstätte geben. Dabei ist es über-
fltissig und hat keinen Zweck, etwa das gesamte Projektim
Bilde zu zeigen. Es kommt nur darauf an, einzelne be-
sonders hervorzuhebende oder anzuordnende Scenen näher
auszufiihren und sie durch eine zutreffende Ansicht oder
ein perspektivisches Bild klar und deutlich zu machen.
Aus solcher Darstellung erhält der Grundrifs Leben, er
wird verstanden und die Erkenntnis der Gartenkunst
als thatsächlich bildende Kunst wird gefördert, weil sie
so am leichtesten anschaulich nachgewiesen werden kann.
Dies aber vermag das Modell nimmermehr! Hier bleibt
immer die Prage offen: wie beabsichtigt der Entwerfer die
Pflanzung zumachen, welche Bilder will er daraus darstellen
und wie sollen sie werden, also der wesentlichste Teil
fehlt dem Modell. Ganz anders die Darstellung im Bilde,
wo man die Scene und beabsichtigte Wirkung derselben
vollkommen vor Augen hat.
 
Annotationen