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DIE GARTENKUNST
Tauchens noch unkundig, wenn die Mutter in der Tiefe
verschwand. Gewaltige Schwarz- und Weifspappeln standeh
an den Rinnsalen natürlicher Bäche und Plüsse, und in den
Niederungen spärliche Alleebäume, noch jung und wenig
Schatten spendend, begleiteten die Strafse, die oft von
Hecken eingesäumt war. Edelflnken liefsen sich da und
dort blicken und ein Wiedehopf zog in Bogenlinien flüchtig
über die Ebene. Ein rechtes Wieselchen läuft auf dem
Grabenrande schnell dahin, setzt sich hoch aufrichtend und
äugt und läfst den Wagen auf wenig Schritte voriibereilen,
ohne zu fliehen.
Man meint, Mähren müsse ein Paradies für Vöglein
und jegliches Getier sein, denn alles benimmt sich dem
Merischen gegenüber vollkommen vertraulich und ohne die
geringste Scheu.. — Da rollt der Wagen durch eine Dorf-
strafse und hält ganz unerwartet schnell vor dem Thore
der Garten des Schlosses Lichtenstein. Aus dem Griin
der Bäume und Sträucher edelster Art, umgeben von einem
Meer von Blumen, blicken freundlich willkommen und
grüfsend die Gebäude der Garten-Direktion, und bald findet
der Fremde den Schöpfer allerPracht in Lichtenstein, den
P. Hofgärtner selber, der nun die Pührung durch den
Riesenpark, durch wogende Blütenmeere, durch alle Herr-
lichkeiten selber übernimmt. Um „Lichtenstein“ — so
möchte man lieber sagen, als „Eisgrub“ — zu schildern,
bedarf es mehr als man es hier verrnag, aber Bilder aus
dem gewaltigen Gemälde darf man schon mitnehmen.
Hoch ragt das gewaltige Schlofs, umgeben von einem Parke,
der sich schier endlos ausdehnt und den man, wollte man
ihn gründlich studieren, zu Wagen tagelang durchqueren
müfste. In ihm wechseln Wiese und Wald, Bosketts und
•Baumgruppen, Wasser und Bächlein, Haine und lauschige
Plätze in natürlichem Schwunge. Alle Zonen haben ihre
Waldschätze hergegeben, soweit sie den dortigen Winter
ertragen können, diesen Park zu schmücken. Alle Wald-
bäume Nord-Amerikas und ganz Europas sind vertreten,
und vor dem Schlosse sieht man in wunderschönen Alleen
hochragende Juglandeen, die meist alle als grofse oder
behr grofse Bäume verpflanzt wurden, was mit soviel Ge-
schick geschehen ist, dafs man heute nach kaum 20 Jahren
davon nichts rnehr merkt. Und weshalb, darf man fragen,
sind diese Juglans, diese Carya und diese hochmalerischen
Pterocarya nicht öfter als Allee- oder Parkbaum gebraucht?
Giebt es elegantere Baumkronen, giebt es prächtigere Be-
laubung, höhere Eleganz, als sie uns zeigen? Die Coniferen
.des Parkes und der Gärten von Eisgrub sind die schönsten,
die man in diesen Gegenden sehen kann. Alles was den
Winter ohne Schutz erträgt, ist hier versammelt, und es
kann der Kenner hier her pilgern, um seine Studien zu
machen. Vor dem Schlosse in der eigentlichen Blumen-
abteilung sieht man Prachtexemplare der herrlichen Picea
pungens in schönster blaugrüner Färbung. So grofse
Exemplare findet man kaum an den Seen Nord-Italiens,
und im Coniferengarten, der sich malerisch zu den Püfsen
des gewaltigen Schlosses lagert, giebt es Abies nobilis,
lasiocarpa und concolor iii überraschend schönen Exem-
plaren. Hier haben sich alle Waldregionen der kalteri und
gemäfsigten Zonen Stelldichein gegeben und es ist er-
III, 4
staunlich zu sehen, wie sie alle gut mit einander aus-
kommen, sich gegenseitig schützen und vorzüglich ge-
deihen. Die Felsenpflanzen haben ihr eigenes Heim. E>ie
Alpenpflanzen und die der subalpinen Plora sind in male-
rischer Weise im Sehutze hohei' Baumgestalten und doch
möglichst frei in Felspartien heimatlich richtig vertreten
und mancher seltene Schatz ist da zu finden. Aber die
höchste Leistung sind die Alpenrosenfluren vor dem Schlosse.
Ein Terrain, das sich weit hinein in den eigentlichen
Blumengarten ausdehnt, ist dicht mit malerischen Rhodo-
dendron ponticum und caucasicum, sowie amerikanischen,
überhaupt ausdauernden Species bepflanzt, und hier mufs
es, wenn diese Partien blühen, iiberaus schön sein. Da-
zwischen Lilien, Kalmien und Haidepflanzen und da und
dort seltene, schöne Baumgestalten, wie Picea pungens und
Engelmannii.
Schön, wunderschön hat man die Baumgruppen mit
den Wiesengründen abgeschlossen und die Natur ist
nirgends so vollkommen wiedergegeben als hier. Der
Schöpfer dieser schönen Gärten hat es verstanden, jene
zu belauschen, für ibn hat sie kaum noch Geheimnisse.
Mächtige Waldesriesen, Unterholz und Licht und Schatten
spielen mit einander, schüchtern kommen die Waldpflanzen
am Rande halbversteckt noch, dann freier, um im blühenden
Staudengewirre, im griinen Rasen langsam vorrtickend zu
enden, ganz wie am Waldesrande der Vorberge und Berge.
Dort sind also alle natürlichen, vom Gärtner noch nicht
„verbesserten“ Stauden und selbst Annuellen anzupflanzen,
und werGeschmack hat und Pflanzenkenntnisse, kann viel
Schönes auf solche Weise schaffen!
Die Gruppen, Blumenbeete und Rabatten sind in Eis-
grub einfach grofsartig. Nichts fehlt, was schön ist und
gut. Alles Neue wird angeschafft und erprobt. Man kann
dort Studien über Rabatten-Bepflanzung und Teppich-
gärtnerei machen und viel lernen. Die alte verschwundene
Rabatte lebt wieder auf und ist sehr beliebt; sie ist
modernisiert! Man versteht es in verniinftiger Weise zu
arrangieren. Da giebt es Stauden und sogenannte Teppich-
pflanzen schön mit einander verbunden: Delphinium,
Pentstemon, La.ntana, Heliotropium, Iresine, Coleus, Fuchsia,
Lobelia cardinalis und Erinus, Cineraria, Centaurea etc.
etc., alles in wonnesamster Gesellschaft und dazwischen
brillante Pelargonium. Will da irgend eine Pflanze den
Nachbar erdrücken, so wird weise geschnitten. gelockert,
gerichtet, aber nie geschoren. Man ist der Teppichbeete
miide und verlangt nach Blüten.
Blumenreich, prachtvoll und kostbar ist der Inhalt der
Gewächshäuser, die älle Schätze der Tropen bergen. Die
gröfste Sauberkeit zeichnet sie aus und darum gedeiht
alles sehr gut und ist dankbar. Gute Baumschulen,
blühende Gemüsefelder, Versuchsgärten und Lehrmittel
sind vorhanden, und die Jünger Floras und Pomonas, die
sich in Eisgrub bilden wollen, finden alles, was sie nur
wünschen mögen.
DIE GARTENKUNST
Tauchens noch unkundig, wenn die Mutter in der Tiefe
verschwand. Gewaltige Schwarz- und Weifspappeln standeh
an den Rinnsalen natürlicher Bäche und Plüsse, und in den
Niederungen spärliche Alleebäume, noch jung und wenig
Schatten spendend, begleiteten die Strafse, die oft von
Hecken eingesäumt war. Edelflnken liefsen sich da und
dort blicken und ein Wiedehopf zog in Bogenlinien flüchtig
über die Ebene. Ein rechtes Wieselchen läuft auf dem
Grabenrande schnell dahin, setzt sich hoch aufrichtend und
äugt und läfst den Wagen auf wenig Schritte voriibereilen,
ohne zu fliehen.
Man meint, Mähren müsse ein Paradies für Vöglein
und jegliches Getier sein, denn alles benimmt sich dem
Merischen gegenüber vollkommen vertraulich und ohne die
geringste Scheu.. — Da rollt der Wagen durch eine Dorf-
strafse und hält ganz unerwartet schnell vor dem Thore
der Garten des Schlosses Lichtenstein. Aus dem Griin
der Bäume und Sträucher edelster Art, umgeben von einem
Meer von Blumen, blicken freundlich willkommen und
grüfsend die Gebäude der Garten-Direktion, und bald findet
der Fremde den Schöpfer allerPracht in Lichtenstein, den
P. Hofgärtner selber, der nun die Pührung durch den
Riesenpark, durch wogende Blütenmeere, durch alle Herr-
lichkeiten selber übernimmt. Um „Lichtenstein“ — so
möchte man lieber sagen, als „Eisgrub“ — zu schildern,
bedarf es mehr als man es hier verrnag, aber Bilder aus
dem gewaltigen Gemälde darf man schon mitnehmen.
Hoch ragt das gewaltige Schlofs, umgeben von einem Parke,
der sich schier endlos ausdehnt und den man, wollte man
ihn gründlich studieren, zu Wagen tagelang durchqueren
müfste. In ihm wechseln Wiese und Wald, Bosketts und
•Baumgruppen, Wasser und Bächlein, Haine und lauschige
Plätze in natürlichem Schwunge. Alle Zonen haben ihre
Waldschätze hergegeben, soweit sie den dortigen Winter
ertragen können, diesen Park zu schmücken. Alle Wald-
bäume Nord-Amerikas und ganz Europas sind vertreten,
und vor dem Schlosse sieht man in wunderschönen Alleen
hochragende Juglandeen, die meist alle als grofse oder
behr grofse Bäume verpflanzt wurden, was mit soviel Ge-
schick geschehen ist, dafs man heute nach kaum 20 Jahren
davon nichts rnehr merkt. Und weshalb, darf man fragen,
sind diese Juglans, diese Carya und diese hochmalerischen
Pterocarya nicht öfter als Allee- oder Parkbaum gebraucht?
Giebt es elegantere Baumkronen, giebt es prächtigere Be-
laubung, höhere Eleganz, als sie uns zeigen? Die Coniferen
.des Parkes und der Gärten von Eisgrub sind die schönsten,
die man in diesen Gegenden sehen kann. Alles was den
Winter ohne Schutz erträgt, ist hier versammelt, und es
kann der Kenner hier her pilgern, um seine Studien zu
machen. Vor dem Schlosse in der eigentlichen Blumen-
abteilung sieht man Prachtexemplare der herrlichen Picea
pungens in schönster blaugrüner Färbung. So grofse
Exemplare findet man kaum an den Seen Nord-Italiens,
und im Coniferengarten, der sich malerisch zu den Püfsen
des gewaltigen Schlosses lagert, giebt es Abies nobilis,
lasiocarpa und concolor iii überraschend schönen Exem-
plaren. Hier haben sich alle Waldregionen der kalteri und
gemäfsigten Zonen Stelldichein gegeben und es ist er-
III, 4
staunlich zu sehen, wie sie alle gut mit einander aus-
kommen, sich gegenseitig schützen und vorzüglich ge-
deihen. Die Felsenpflanzen haben ihr eigenes Heim. E>ie
Alpenpflanzen und die der subalpinen Plora sind in male-
rischer Weise im Sehutze hohei' Baumgestalten und doch
möglichst frei in Felspartien heimatlich richtig vertreten
und mancher seltene Schatz ist da zu finden. Aber die
höchste Leistung sind die Alpenrosenfluren vor dem Schlosse.
Ein Terrain, das sich weit hinein in den eigentlichen
Blumengarten ausdehnt, ist dicht mit malerischen Rhodo-
dendron ponticum und caucasicum, sowie amerikanischen,
überhaupt ausdauernden Species bepflanzt, und hier mufs
es, wenn diese Partien blühen, iiberaus schön sein. Da-
zwischen Lilien, Kalmien und Haidepflanzen und da und
dort seltene, schöne Baumgestalten, wie Picea pungens und
Engelmannii.
Schön, wunderschön hat man die Baumgruppen mit
den Wiesengründen abgeschlossen und die Natur ist
nirgends so vollkommen wiedergegeben als hier. Der
Schöpfer dieser schönen Gärten hat es verstanden, jene
zu belauschen, für ibn hat sie kaum noch Geheimnisse.
Mächtige Waldesriesen, Unterholz und Licht und Schatten
spielen mit einander, schüchtern kommen die Waldpflanzen
am Rande halbversteckt noch, dann freier, um im blühenden
Staudengewirre, im griinen Rasen langsam vorrtickend zu
enden, ganz wie am Waldesrande der Vorberge und Berge.
Dort sind also alle natürlichen, vom Gärtner noch nicht
„verbesserten“ Stauden und selbst Annuellen anzupflanzen,
und werGeschmack hat und Pflanzenkenntnisse, kann viel
Schönes auf solche Weise schaffen!
Die Gruppen, Blumenbeete und Rabatten sind in Eis-
grub einfach grofsartig. Nichts fehlt, was schön ist und
gut. Alles Neue wird angeschafft und erprobt. Man kann
dort Studien über Rabatten-Bepflanzung und Teppich-
gärtnerei machen und viel lernen. Die alte verschwundene
Rabatte lebt wieder auf und ist sehr beliebt; sie ist
modernisiert! Man versteht es in verniinftiger Weise zu
arrangieren. Da giebt es Stauden und sogenannte Teppich-
pflanzen schön mit einander verbunden: Delphinium,
Pentstemon, La.ntana, Heliotropium, Iresine, Coleus, Fuchsia,
Lobelia cardinalis und Erinus, Cineraria, Centaurea etc.
etc., alles in wonnesamster Gesellschaft und dazwischen
brillante Pelargonium. Will da irgend eine Pflanze den
Nachbar erdrücken, so wird weise geschnitten. gelockert,
gerichtet, aber nie geschoren. Man ist der Teppichbeete
miide und verlangt nach Blüten.
Blumenreich, prachtvoll und kostbar ist der Inhalt der
Gewächshäuser, die älle Schätze der Tropen bergen. Die
gröfste Sauberkeit zeichnet sie aus und darum gedeiht
alles sehr gut und ist dankbar. Gute Baumschulen,
blühende Gemüsefelder, Versuchsgärten und Lehrmittel
sind vorhanden, und die Jünger Floras und Pomonas, die
sich in Eisgrub bilden wollen, finden alles, was sie nur
wünschen mögen.