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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 4
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Staemmler, Ferdinand: Der Blumenschmuck gelegentlich der Geburtstagsfeier Sr. Maj. des Kaisers im Schießhaussaale zu Liegnitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0090

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76

DIE GARTENKUNST

III, 4

Schneeballbäumohen durchwirkt sind. Die ßüste wird von
einem grofsen Phönix canariensis überragt, steht aber sonst
frei in der Mitte des Orchesterraumes. Der ganze Hintergrund
is't mit auserles'enen blühenden Gehölzen, wie Azaleen,
Rhododendiren u. s.. w.. ausgefüllt, wobei aber auch jede
eiagöäne Pfianze zur Geltung kommt. Der Büstensockel
isl'S'ön schön, gefärbten Charles X.-Plieder umstelit, un-
mittelbar vor diesem hät ;eine Gruppe blühender Rosen Platz
gefunden.. Es sind nur ;ganz frühblühende Sorten, wie
Papa Gontier, Mistrefs Bosanquet u. a. m„ in jedem Topf
sind drei kräftige Wurzelhals-Veredlungen zusammen-
gepflanzt, so dafs einzelne Töpfe bis 15 Blumen aufweisen.
Yor den Rosen breitet sich eine Matte von Czar-Veilchen
aus, iveiche mit 'Springauf durchwirkt ist. Alsdann is't
dqr v§lti'zi''Vordergmnd rechts und links von den Veilchen
in eitjfSmumige Wiese .mit 'allen möglichen Stauden-
und IZwiebeigewächsen, Orchideen u. s. w. verwandelt.
Staflkduftende Blumen, als Hyaci.nthen. NarzisSen, werden
hilr wehiger verwendet, damit die ün der Nähe sitzenden
Herren nicht durch allzu narkotischen Blumenduft beläs.tigt
werden. Die schlanken Säulen rechts und links sind .ebe.n-
fa|ls mit blühenden und grünen Pflanzen loc.ker tbest.elft,
um eine recht tiefe P.erspektive zu erzielen. • '■ ■■£

Während früher die Galerie idurch ein zu diesem
Zwecke .am Pufse derselben aufsen angebrachtes Blumen-
brett mit blühenden Sträuchern und Schlinggewächsen
geschmiickt war und an den Säulen auf kiinstlich ange-
brachten Konso'len kräftige Dracaena indivisa sich wirkungs-
voll abhoben, schwebten an der Decke des .Saales niedliche
blumengefiillte Ampefn, 14 an dfer Zahl, in der Mitte eine
Riesenampel, die wiederum mit .sämtlichen seitwärts
hängenden Ampeln durch Medeoia-Ranken verbunden war.
Um die helle Pens.terwand etw.as mit der reichgeschmückten
Gäleriewand in Einklang zu bringen, waren iiber und vor
den grofsen Spiegeln, zwischen den Glasthiiren, Konsolen
angebracht, die ebenfalls auf dem Bilde ersichtlich sind.

Pür dieses Jahr hatte ich den Galerieschmuck, der
immcr etwas drückend wirkte, aufgegeben und fafste den
Entschlufs, eine stärkere Decken-Dekoration anzuwenden,
welche allen Pestteilnehmern die blühenden Gewächse
möglichst nahe bringen sollte. Wenn man sich den Saal
mit seinen fünf Tafelreihen gefüllt denkt. so kann man
sich leicht vorstellen, dafs eigentlich nur die Quertafel, an
welcher die Spitzen der einzelnen Behörden die Plätze
einnehmen, Genufs von der Hauptgruppe auf dem Orchester
hat, alle iibrigen Teilnehmer sitzen viel zu weit von der
Haupt-Bliitengruppe entfernt. So liefs ich dann acht
schiffchenförmige Blumenbretter, jecles 1,40 m lang und in
der Mitte 45 cm breit, herstellen.; cliese wurden mit einem
zieflichen Drahtrand eingefafst und durch ein geschwun-
genes Bandeisen mit. einander verbunden. Auf und an dem
Bandeisen waren kleine Drahtblumenkörbe und Ampeln,
wie auf der Detailzeichnung ersichtlich, angebracht.
Schiffchen und Bandeisengestelle waren silbern bronziert
und so tiefhängend be.festigt, dafs man mit dem aus-
gestreckten Arm fast das unterste Blumenkörbchen erreichen
konnte. Diese eigenartige Decken-Dekoration fand un
geteilten Beifail, da .clie sonst etwas schwerwirkende Decke

in ein liebliches Blumenbild verwandelt war. An den
Querseiten stellten gröfsere Ampeln, mit Medeola-Ranken
versehen, die Verbindung her. Im nächsten Jahre werde
lch noch als Mittelstück zwischen den Gas-Kronenleuchtern
einen Blumen-Kronleuchter anbringen, der wiederum durch
Medeola-Ranken die Schiffchen mit dem Hauptmittelstück
verbinden soll. Die Bandeisenbogen waren mit kräftigen
Ranken von Asparagus Sprengeri umwunden, die auf dem
Bilde allerdings nur wenig in Erscheinung treten.

Äufserst einfach, oline Überladung und dennoch reich-
lich wirkend, ist die Tafeldekoration gehalten. Auf der
Haupt-Quertafel stehen in angemessener Entfernung zwei
grofse Blumenständer. Die Etagen die.ser Blumenständer.
sowie auch der übrigen 24 Stück verwendeten kleineren
Tafelständer, sind soweit auseinander gehalten, dafs gegen-
iibersitzende Herrschaften nicht vercleckt werden, sondern
Überall hin freien Ausblick behalten. Die grofsen Ständer
isind ebenfalls durch Medeola-Ranken verbunden. von hier
fallen die Ranken auf zwei Tisch - Kandelaber ab und
von letzteren verlieren sich dieselben endlich am Fufse
zwei.er kleinen Blumenständer. Die Ständer sind stets in
abgetönten Parben ge.halten. Wenn gentigend Blumenvor-
handen, wird auch wohl noch zu jeclem Gedeck ein kleines
Sträufschen gelegt.

Die Gesteile der Blumenständer und Schiffchen wurden
nach meinen Angaben vom hiesigen Drahtwaren-Pabrikanten
Alex. Hayn angefertigt. (S. die Abbild. Seite 77 u. 78.)

Die Liegnitzer Stadtgärtnerei wäre allerdings nicht in
der Lage, den Blumenschmuck zu Kaisers Geburtstag so
reichlich zu bemessen, w.enn der Stadt nicht vom Pabrik-
besitzer Fedor Beer ein Palmenhaus geschenkt worden wäre,
welches die Möglichkeit bietet, die zum Bltihen gebrachten
Gewächse aufzunehmen. Wie stark das Interesse der
Bürgerschaft in Liegnitz übrigens am Palmenhause ist.
beweist der Besuch vom Sonntag den 3. März d. J„ an
welchem Tage allein 1385 Besucher in ftinf Stunden das
Palmenhaus besichtigten.

Wie opferwillig und kollegialisch endlich die hiesigen
Handelsgärtner den Ausschmückungen im Schiefshause
gegenüberstehen, erhellt, daraus, dafs die beiden Handels-
gärtner G. Zobel und E. Wende, als der Unterzeichnete
durch die Todesnachricht seines Vaters mitten aus den
Vorbereitungen abberuien wurde, um nach Wernigerode zu
eilen, in selbstlosester Weise in Gemeinschaft mit den
Ötädtischen Obergärtnern Quasthoff und Woidt die Aus-
schmückung durchführten. Ebenso opferwillig wtirden
aber auch alle anderen 28 Gärtner, nicht wie in leicht-
fertigerweise bezeugt wurde 2, höchstens 3, welche dem
Liegnitzer Gartenbau-Verein nach wie vor angehören, für
mich eingesprungen sein.
 
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