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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 9
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DIE GABTENKÜNST

187

m, 9

Kunstgärtnerei zusammen. Wer, wie Schreiber dieses, seit
Jahren in ehrenamtlicher Stellung mit den verschiedensten
Verwaltungs- und Gerichtsbehörden als sachverständiger Be-
rater in Verbindung steht, kennt aus Erfahrung, welche Irr-
tümer wieder und immer wieder durch die veralteten Bezeich-
nungen „Kunstgärtnerei und Kunstgärtner“ in der jetzigen
Zeit der Spezialitäten hervorgerufen werden. Nach genannter
Einteilung, worin sogar die Freiland-Blumengärtnerei speziell
aufgeführt ist, können doch unter Kunstgärtnerei nur diejenigen
Spezialgärtnereien verstanden werden, welche sich mit Topf-
pflanzenkulturen beschäftigen. So wäre es also gerechtfertigt,
vor der Freiland-Blumengärtnerei die Topfpflanzengärtnerei
aufzuführen.

Eine andere Ungenauigkeit befindet sich auf Seite B7;
dieselbe hätte wohl im Nachtrag herichtigt werden können.

Nachdem auf Seite 56 die Antwort des Reichsversicherungs-
amtes auf die Eingabe des Vorstandes des Vereins deutscher
Gartenkünstler vom 26. Februar 1899, hetreffend die Unfall-
versicherung der landschaftsgärtnerischen Betriebe, abged]-uckt
ist, welche dadurch veranlafst war, dal's einzelne Behörden die
Landschaftsgärtnerei aus der landwirtschaftlichen Unfa.llberufs-
genossenschaft auswiesen und dieselbe der Tiefbau-Berufs-
genossenschaft zuteilten, gehen die Ilerausgeber auf Seite 67
auf die Verhandlungen des Beichstages über die Neuregelung
des Unfallversicherungsgesetzes im Frühjahr 1900 über und
sagen zum Sehlufs: „In dem Unfallversicherungsgesetz für
Land- und Forstwirtschaft wurde die Landschaftsgärtnerei ge-
strichen und ist bei der Gewerbe-IInfallversicherung des Tief-
baues verblieben.“ — Dies ist nun nicht der Fall. Es ist nach
der dritten Lesung des hez. Gesetzes alles beim alten geblieben
und gehört lieute noch die Landschaftsgärtnerei zur landwirt-
schaftlichen Ünfallberufsgenossenschaft. Schreiber dieses ist
selbst Landschaftsgärtner und als solcher Vertrauensmann einer
Sektion der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und
gleichzeitig Delegierter dieser Sektion hei den Genossenschafts-
versammlungen der Provinzialberufsgenossenschaft. Es würden
sich dies wohl die Landwirte nicht gefallen lassen, wenn dieser
Delegierte nicht gesetzlich zu ihnen, sondern zu den Tiefbauern
gehörte.

Ferner kann ich nicht umhin, darauf hinzuweisen, dafs die
Männer in Berlin N., Metzerstr. 3, diese Schrift nicht vollen-
den konnten, ohne einige tendenziöse Sätze als Kitzel für
ihre Auftraggeber, die Gehilfenschaft, einzuflechten. Beine
Objektivität hätte gerade diese Schrift wertvoller gemacht, zu-
mal sie den Behörden und dem Beichstag iibergeben werden
soll. Einigen unzufriedenen Charakteren mufste aber Bechnung
getragen werden, sie hätten wohl sonst nicht diese Schrift für
vollständig und richtig anei'kannt, wenn nicht auch hierin
den Arbeitgebern ein paar Seitenliiebe erteilt wären. Was
soll es anders heifsen, wenn Seite 6 unten stelit: „Seit einigen
Jahren nennt sich eine grölsere Anzahl von Inhabern solcher
gewerblichen Betriebe „Gärtnereibesitzer“ und geben an, nicht
Gärtnerei, sondern „Gartenbau“ zu betreiben, um sich damit
gegen die Gewerbesteuer zu schützen.“

Es ist schnell etwas gesprochen und leicht etwas ge-
schrieben und gedruckt, wenn Beweise nicht verlangt werden.

Der letzte Absatz dieser Broschüre bezeichnet aber am
besten meine obige Behauptung und mufs möglichst niedrig
gehängt werden: „Wo mit der socialrechtlichen Gleichstellung
der Gärtnerei und Gärtner mit der Landwirtschaft erst einmal
ernst gemacht wird, da lehnt sich, mufs sich das gärtnerische
Standesgefülil gegen auflehnen; denn eine sociale Degradierung
kann nur dort ruhig entgegengenommen werden, wo kein
reiner Funke von Standesbewufstsein und Berufsehre mehr

glimmt. Die gesetzliche Degradierung der Kunstgärtner zu
Bauern, der Gehilfen zu Bauernknechten, wiirde unab-
wendbar diese genannten, heute glüeklicherweise noch ziemlich
stark vorhandenen edleren Begungen nach und nach ertöten,
demheranwachsendenNachwuchs desGärtnerstandesden inneren
Halt als Gärtner rauhen und somit diejenigen hochwichtigen
sittlichen Faktoren ausschalten, welche geeignet sind, einem
socialen Berufsstande für die Möglichkeit seiner wirtschaftlichen
und socialen Emporentwickelung im allgemeinen Volksleben
eine sichere Gewähr zu bieten. Sonach liegt es, wie mehrfach
ausgeführt, einfach im wohlverstandenen aligemeinen Interesse,
den deut^chen Gärtnern ein unzweideutig geklärtes Gewerbe-
recht zu geben, wie es die vorliegende Denkschrift fordert
und begründet.“

In Preufsen und den meisten Bundesstaaten sind wir seit
altersher gewöhnt, dafs die Gärtnerei zu der Landwirtschaft
gehört, nur in Bayem gehört die Gärtnerei dem Gewerbestande
an und soll nun nach Absicht des bayerischen Ministeriums
der Landwirtschaft angegliedert werden.

Erst durch die neueren socialen Gesetze ist eine Unsicher-
heit in der Zuständigkeit der verschiedenen Gerichte für die
Gärtnerei eingetreten.

'Wir älteren Gärtner — und ich glaube dies im Sinne der
meisten meiner Kollegen im weitesten Umfange offen sagen
zu dürfen — sind stolz darauf, Gärtner zu sein und gleich dem
hoehehrenwerten Bauernstande zur Landwirtschaft zu gehören,
ohne dafs wir uns direkt als Bauern bezeichnen. Die Gehilfen-
schaft von heute kann sich aber bei den von ihnen besoldeten
Beamten bedanken, dafs diese ausgeklügelt haben, dafs die
Gärtnergehilfen zu Bauernknechten degradiert werden.
Mag die augenblickliche Zwitterstellung der Gärtnerei nun
einst nach dem Wunsche der Herausgeber geregelt werden,
sö mufs man erst abwarten, ob der junge Gärtner als Bauern-
knecht odef als Gewerbegehilfe zufriedenere Tage verleben
wird, denn es giebt dann beide Kategorien. Arbeitet ein junger
Gärtner dann zu der Zeit in einer fürstlichen oder sonstigen
herrschaftlichen oder Guts-Gärtnerei, so ist er ein Gartenbauern-
gehilfe oder nach obiger Bezeichnung ein Bauernknecht, weil
diese Gärtnereien zum Gartenbau und somit zur Landwirtschaft
gehören werden. Tritt er in eine Topfpflanzengärtnerei, Baum-
schule oder Landschaftsgärtnerei ein, so ist er ein Gewerbe-
gehilfe. So nach der Findigkeit der Herausgeber. Ob nun
aus dem Bauernknecht sich jederzeit ein Gewerbegehilfe wird
entpuppen können oder das Standesbewufstsein und die Berufs-
ehre des letzteren solches nicht leicht zulassen werden, muls
abgewartet werden. Ebenso tritt dann dasselbe Verhältnis bei
den ausgelernten Lehrlingen ein.

Die Lehrlinge, welche in fürstlichen, herrschaftlichen und
sonstigen Guts-Gärtnereien gelernt haben — und dies ist ein
guter Prozentsatz — können doch nicht, weil von einem der
Landwirtschaft zugehörigen und deshalb degradierten Garten-
bauer ausgebildet, in den civilisierteren Gewerbegehilfenstand
aufgenommen werden, solcbes miifste doch das Standesbewufst-
sein und die Berufsehre nicht zulassen.

Als wir älteren Gärtner vor 25, 30 und mehreren Jahren
als Gehilfen thätig waren, waren wir einzig und allein stolz
auf unseren Beruf und unser Standesbewufstsein, und Berufs-
ehre hätte sich aufgebäumt, wenn man uns zugemutet hätte,
wir sollten uns als Gewerbegehilfen gleich den Gesellen der
anderen gewerhlichen Berufsarten bekennen. Heute ist dies
anders. Gleiche Brüder, gleiche Kappen.

Für uns Landschaftsgärtner, Gartenkünstler^ ist aus dieser
Broschüre als speziell von Interesse zu erwähnen:

1. Die Auffassung der verschiedenen Gewerbegerichte,
 
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