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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 10
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Olbrich, Stephan: Über die besten ausdauernden Kletterpflanzen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0210

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196

DIE GARTENKUNST

III, 10

schöne ßlüten, es sind mehr die Blätter, teilweise auch die
zahlreichen Prüchte, welche zierend sind.

Ampelopsis quinquefolia, das Aschenbrödel unter den
Schlingpflanzen, dieser unverwüstliche treue Begleiter
menschlicher Wohnsitze bis in die höchsten Höhen, findet
kaum seines Gleichen.

Als selbstklimmende Ampelopsis sind nur hederacea,
(dem erstgenannten ähnlich, nur langsamer wachsend),
inuralis, Engelmannii und Veitschii in unserem Klima be-
kannt. Ampelopsis Veitchii purpurea ist noc.li neuer, treibt
im Prühjahr mit roten Blättern aüs und ist sehr zu em-
pfehlen. Alle die vorstehend genannten erhalten eine
schöne rote Herbstfärbung, welche bei A. Engelmannii am
leuchtendsten ist. Die foigenden Ampelopsis-Sorten be-
halten ihre grüngefärbten Blätter bis zum Laubabfall und
nehmen keinen anderen P’arbenton an; es sind: bipinnata,
citrulloides, aconitifolia, heterophylla = humulifolia und
Regeliana. Letztere zwei Sorten bekommen sehr schöne,
anfangs grünbläuliche, dann prächtig stahlblaue Beeren,
w.elche man abgeschnitten mit Vorteil bei Pflanzendeko-
rationen etc. verwendet. A. Regeliana ist eine sehr grofs-
blättrige Porm von A. heterophylla, beide ranken sehr hoch.
Von allen genannten ist A. bipinnata langsam wachsend,
aber auffallend durch die eigenartig geformten, an Rhus
erinnernden Blätter. A. aconitifolia hat feingeschlitzte
Biätter und bei A. citrulloides ist die Blattform ähnlich,
nur gröber geteilt. Beide wachsen schnell und hoch.

Aristolochia Sipho ist nur da zu verwenden, wo ein
grofses schweres Laubwerk notwendig ist; sie wächst in
den ersten Jugendjahren etwas langsam.

Atragene alpina ist eine herrliche früh und reich
bliihende Alpenwaldrebe, welche bis 5 m hoch gehen kann.
Die grofsen hellblauen glockenförmigen Blumen erscheinen
aus den Blattwinkeln der vorjährigen Ranken Anfang Mai
Die Pflanze gedeiht in voller Sonne am besten und ist sehr
widerstandsfähig. Es giebt davon eine reinweifse und eine
rosabliihende Porm, welche aber noch selten sind.

Die Bignonia (Tecoma) bietet uns sehr schöne selbst-
klimmende, grofsartig blühende Schlingpflanzen, welche.
jedoch nur in sonniger Lage und in mehr troclcenem als
nassem, durchlassendem Boden gedeihen können. Mit Aus-
nahme von B. capreolata haben allo einen steifen Wuchs,
auch können sie nicht an Draht oder Eisengeländern ge-
zogen werden, weil sie sich da nicht anklammern können
und verlangen Holz oder Mauerwerk. Ihre Blüten erscheinen
erst von Mitte Sommer an, sind aber dann, wo die meisten
Schlingpflanzen längst blütenlos sind, sehr wertvoll. Die
Stammform B. radicans ist uns als ein sehr energischer
Kletterer bekannt und kann man sie an alten Schlössern,
Burgen etc. bis zu 20 m Höhe erreichen sehen. Die grofs-
blumigeren. Varietäten, wie grandiflora, coccinea, hybrida,
sanguinea praecox, „Mme. Gallen“ und Manglesii klettern
weniger hoch, sind aber grofsartig in ihren Blüten.

Eine auffallende und immer noch seltene Erscheinung
ist B. capreolata. Sie klettert schnell, ist dünnzweigig,
mit schmälen, oval geformten, glänzend dunkelgriinen,
immergrünen Blättern versehen, welche gegen den Herbst
hin eine schwarzbraune F’arbe annehmen. Die langröhrigen

dunkel orangefarbenen Bluirien erscheinen in Büscheln aus
den Blattachseln der vorjährigen Triebe schon im April
und Mai und riechen stark nach Kaflee.

Der Baumwürger, Ceiastrus scandens, welcher enorm
hoch rankt, dürfte wohl nur selten zur Anwendung kommen
und ist nicht zu empfehlen.

Die Clematis, diese arten- und formenreiche Gruppe,
welche uns herrlich blühende Schlingpflanzen bietet, sind
in ihren vielen grofsblumigen Varietäten so zahlreich,
dabei auch so bekannt und so viel beschrieben, dafs ich
auf die Aufzählung der besten grofsblumigen Sorten ver-
zichten kann. Ich will daher die weniger in Verwendung
befindlichen kleinblumigen Species, welche sehr wider-
standslahig sind und auch von der gefürchteten Krankheit
verschont bleiben, erwähnen. Diese gefürchtete Krankheit
der grofsblumigen Cleinatis, welche schon manche Hoff-
nungen vernichtet hat, hat sich in ihren Ursachen noch nicht
genügend beweisen lassen, und sind die angenommenen
Krankheitserzeuger mehr Wirkungen anstatt Ursachen ge-
wesen. Wir müssen mehr und mehr zu einer natur-
gemäfseren Behandlung greifen. Die grofsblumigen Cle-
matis beanspruchen einen sehr durchla.ssenden, kräftigen,
vor jeder stauenden Nässe freien Bodon und liebenmehr einen
schattigen, als den Einwirkungen der vollen Tagessonne
ausgesetzten Standort, weil in letzterem Falle zu grofse
Schwankungen in der Bodentemperatur und Feuchtigkeit
vorkommen, welche den Clematis, die in der Natur mehr
unter Bäumen wachsen, durchaus schädlich sind.

Die folgenden ausdauernden Clematis-Species sind zwar
alle kleinblumig und auch weniger glänzend im Farben-
spiel, sind aber ungemein reicli blühend und in ihren sehr
lange haltbaren, federballartigen Samenständen auch von
sehr malerischer Wirkung.

Clematis montana grandiflora rankt bis 10 m hoch,
blüht schon von Mitte April ab in 4—öteiligen weifsen
Blumen vor dem Erscheinen der Blätter.

Clematis orientalis (songarica) rankt bis 8 m, blüht
gelb von Juli bis September und hat schmale, blaugrüne
Blättchen.

Clematis paniculata rankt bis 10 m und hat eine dichte,
lebhaft grüne Belaubung. Die starkduftenden, reinweifsen,
rispenständigen Blumen erscheinen erst von September an.

Clematis Vitalba ist die am höchsten wachsendste aller
Clematis, sie kann 15 m Höhe erreichen und gedeiht noch
gut im Schatten grofser Bäume. Die weifsen Blumen er-
scheinen von Juli bis August. Diese Sorte ist es, welche
besonders an grofsen Bäumen emporrankt, ihre Blüten und
dekorativen Samenstände aus den Kronen hervorbringt
und dann von sehr malerischer Wirkung ist.

Clematis Viticella mit violetten und Cl. Viticella ker-
mesina mit dunkelroten Blumen sind immer noch sehr
dankbare, äufserst anspruchslose Schlingpflanzen, welche
oft mehr befriedigen, als viele grofsblumige Sorten.

Ganz besonders hervorheben möchte ich Clematis
Viticella alba, welche viel zu wenig angetroflen wird.
Die Blühbarkeit ist wie bei der Stammform eine enorme;
die einzelnen Blumen haben ungefähr 6 cm im Durch-
messer, die Pflanze wird nie von der Krankheit befallen,
 
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