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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 12
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Fintelmann, Axel: Innere und äußere Dekoration der Ausstellungs-Gebäude der Pariser Weltausstellung sowie über die Gartenanlagen der Stadt Paris und deren Stadtgärtnerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0250

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III, 12

DIE GAKTENKUNST

233

schiedentlich, wenn es die verfügbare Breite gestattete,
zuin Vorteile der Gesamtanlage mit meterhoch einge-
friedigten, aber einfach bepflanztenSquares geschmiickt sind.

Bemerkenswert wäre noch zu guterletzt die von der
Avenue des Champs Blysees bei dem mit einem Arc de
Triomphe geschmückten Place de l'Etoile abzweigende und
nach dem Bois de Boulogne führende 125 m breite Avenue
Bois de Boulogne. Tief schneidet die Hauptstrafse in das
Erdreich ein, zu dem Boulogner Gehölz allmählig abfallend,
beiderseits von 30 m breiten, sanft zu den etwa 4—5 m
höher gelegenen Zufahrtsstrafsen zu den Wohnhäusern an-
steigenden Gartenanlagen, mit einer auserlesenen Wahl
von Bäumen und Sträuchern — nicht immer sachgemäfs
angeordnet — und mit Blumen reich geschmiickt. Hier
wurde auch und zwar auf der Nordseite der Strafse dem
um die Neugestaltung der Stadt Paris wohlverdienten
S.tadtbaumeister Alphand ein von Dalon entworfenenes
würdiges Denkmal errichtet, das sich wirkungsvoll von
dem es umrahmenden Baumwuchs abhebt.

Das gute Gedeihen der übrigens meist zu eng — ca. 5 m
— gepflanzten Strafsenbäume wird wesentlicb dadurch unter-
stützt, dafs das ganze Erdreich durchweg in der ganzen
Ausdehnung der Baumreihen ca. 2 m breit und 0,75—1 m
tief gelockert und wo erforderlich, durch guten Boden er-
setzt wird. Im Prinzip flnden also in Paris dieselben Vor-
bereitungen zum Pflanzen der Bäume statt, wie bei uns,
nur mit dem Unterschiede, dafs hier die Bäume in Kesseln
stehen und nur in diesen den Wachstumsbedingungen
entsprechendes Erdreich vorflnden, während die Wurzeln
der in Paris gepflanzten Bäume in der Längsrichtung der
Anpflanzungen sich ungehindert ausdehnen können. Diese
Art der Anlage der Pflanzstellen für Strafsenbäume ist
m. E. sehr zu empfehlen, wenn sie auch nicht immer und
nicht an allen Orten durchzuführen ist, da Gas- und Wasser-
leitungsröhren, Telegraphen- und Beleuchtungskabel etc.
vielfach hinderlich sind. In Paris sind jedoch alle cler-
artigen Einrichtungen thunlichst vereinigt in grofsen unter
den Bürgersteigen — Avenue des Champs Elysees —
liegenden gewölbten, die Abwässer aufnehmenden Haupt-
ltanälen, an deren Wölbungen die beregten Leitungen be-
festigt sind. Diese Hauptkanäle erhalten ihrerseits wieder
Anschlufs an grofse, geräumige, unterirdische, zugleich als
Entlüftungsschächte benutzte Kammern, in denen alle auf
der Strafse benötigten Materialien und Utensilien zweck-
entsprechende Unterkunft flnden, wie der zum Bestreuen von
asphaltierten Strafsen erforderliche Sand, Karren, Schippen,
Picken, Harken, Besen, Bewässerungsschläuche etc.

Die Bewässerungseinrichtimgen für die Baum - An-
pflanzungen sind in Paris insofern vorteilhaftere, als die
Bäume direkt von der Strafsenleitung und ohne Zuhilfe-
nahme von Wasserwagen bewässert werden können. Die
ganze Handhabung des Bewässerungsbetriebes wird dadurch
wesentlicht verbilligt, doch will es mir scheinen, als treibe
man die Sparsamkeit, vielleicht ist es auch nur Bequem-
iichkeit, dadurch ein wenig zu weit, dafs man die Giefs-
kränze auf den Promenaden — auf den Biirgersteigen sind
dieselben durch grofse 2 m im Durchmesser haltende gufs-
eiserne, durchbrochene, mehrfach geteilte Platten abgedeckt

— während des ganzen Sommers offen liegen läfst. Ab-
gesehen davon, dafs den Promenaden ein wenig schönes
Ausseben durch die aufgeworfenen Erdmassen verlielien
wird, dürfte hier ein Verkehrshindernis geschaffen werden,
das einen grofsen Teil der Promenaden der freien un-
gehinderten Benutzung durch das Publikum entzieht.

Auf die Umfriedigung der Bäume durch eiserne Schutz-
körbe scheint man in Paris kein besonderes Gewicht zu
legen und ihr keine so grofse Aufmerksamkeit zu widmen,
wie es hier bei uns und auch in andern deutschen Städten,
wie Hamburg, Köln, Dresden, Breslau, Hannover etc., der
Fall ist. Wo aber trotzdem solche Schutzkörbe Verwendung
gefunden haben, da sind sie meist nur primitiver Konstruk-
tion und bestehen zum Teil nur aus Stäben von einfach
gekehltem Bandeisen, das nach diesseitigen Erfahrungen
eine genügende Widerstandsfähigkeit vermissen läfst.

(1) Etablissement hortieole de la ville de Paris.

Die Stadtgärtnerei, Etablissement horticole de la ville
de Paris, die einen Flächenraum von nahezu 9,5 Hektar
= ca. 38 Morgen nahe der Südgrenze des Bois de Boulogne
einnimmt, hat den Bedarf aller öffentlichen Gartenanlagen,
auch der ehemals königlichen bezw. kaiserlichen — Jardins
d'Elysee, des Tuileries, du Luxembourg etc. — an Bhimen-
schmuck und Dekorationspflanzen zu decken.

Im Jahre 1899 für einen Aufwand von 2,500,000 Frcs.
fertig gestellt, enthält die Stadtgärtnerei nicht weniger als
93 Gewächshäuser von 20—33 m Länge und 3—5 m Breite,
sowie ein Palmenhaus, das einschliefslich seiner beiden
Annexe bei einer Höhe von 15,75 m bezw. 7 und 8 m eine
Länge von 100 m und eine Breite von 16 m aufweist.
Aufserdem sind noch eine Menge teilweise heizbarer Kästen
vorhanden, die einen Flächenraum von ca. 10000 Frühbeet-
fenstern einnehmen.

Alle Gewächshäuser und heizbaren Kästen werden
durch eine Niederdruck - Dampfwasserheitzung erwärmt,
deren vier grofse Kessel ca. 36,000 1 Wasser halten und
in einem ca. 80 m langen und ca. 20 m breiten Kesselhause
untergebracht sind.

Das Grundstück, „Prinzengrund“ oder „Fonds des
Princes“ genannt, war für den Bau der Gewächshäuser
nicht sehr gtinstig; es lag zu tief und mufsten die Häuser
deshalb auf um ca. 1,20 m erhöhten Terrassen gebaut
werden. Dadurch aber gewann man in den Böschungen
Pflanzflächen, die, ohne den Häusern Licht zu entziehen,
wie die Grenzen des ganzen Grundstiickes mit auserlesenen
mit Namen versehenen Gehölzen bepflanzt werden konnten,
während die Blumen, Sommergewächse und Stauden, gleich-
falls mit Namen bezeichnet, auf den zwischen den
Direktionsgebäuden und den Gewächshäusern gelegenen
Parterres zweckentsprechende Aufnahme fanden. Hierdurch
erlangte die Gesamtanlage des weiteren einen hohen
dendroiogischen und blumistischen Wert, eine Quelle
reichen Studiums fiir die Besucher sowohl, wie für die
in der Stadtgärtnerei beschäftigten Leute.

In den Gewächshäusern, deren jedes thunlichst die
Arten nur einer Pflanzenfamilie aufzunehmen bestimmt
ist, wird den Pflanzen, dank der grofsen Anzahl der Häuser
 
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