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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 25
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0099

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>0. 25.

Dritter Jahrgang.

Sonntag, 28. Februar 1869.

Pre i s: Bjährlüd Mkr.
per Post bezogen 56 !r.
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dreispaltige Zeile oder
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2 kr. berechnet.
Die Bote n erhalten
2 kr. monatliey.
für die Dcm'kc Schwetzingen und Philipps bürg.
Verkündigungsblatt d-s Aints- u. Amtsgerichtsbezirks Schwetzingen.
Hrgan der badischen Aopsenproducenten
(unter Kontrole der landivirthschaftlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).


* Kundscha u.

Die französisch-belgische Eisenbahnaffaire, die so Unge-
heuern Scandal verursachte, verschwindet wieder von der Ta-
gesordnung. Eine ganze W oche hindurch hat sie die guten
Pariser vollauf beschäftigt und ihnen den nöthigen Politischen
Klatschstoff, dessen die blastrte und gelangweilte Weltstadt be-
darf, geliefert. Ans der ganzen Geschichte er ellt, daß die
inspirirte Presse ihr frevelhaftes Spiel auf Kosten der Ruhe
und des Friedens von Europa fortzusetzen gedenkt und es
scheint fast, als wolle man die Gemüther immerwährend deran
in Aufruhr ,und Spannung erhalten, damit die öffentliche Auf-
merksamkeit keine Zeit gewinnt, sich den inneren Angelegenheiten
des Landes znzuwenden, sondern ihre Blicke entweder mißtrauisch
oder herausfordernd unverwandt auf das Ausland richtet.
Woher wird wohl der Stoff für den nächsten
Spektakel entlehnt werden?
Gegenwärtig steht in der französischen Kammer die Ver-
waltungsangelegenheit der Stadt Paris auf der Tagesordnung.
Bekanntlich hat sich der Seineprüfekt Hr. Haußmann um die
Verschönerung der Stadt durch Aufführung von neuen Stra-
ßen, prachtvollen Gebäuden rc. unsterbliche Verdienste erworben,
dabei aber auch so toll in die Millionen hineingewirthschaftet,
daß den Parisern die Haare zu Berge stehen, wenn sie ihr
Schuldbuch aufschlagen und die vielen runden Nullen besehen,
die ihnen daraus entgegen wimmeln. Herr Haußmann hat
daher einen schwierigen Stand und die Abgeordneten, die seinem
paschamäßigen Regiments ohnehin nicht hold sind, klagen seine
Verwaltung scharf und bitter an.
Nachdem die belgische Kammer den Gesetzentwurf über
Abtretung von Eisenbahnen angenommen, fand das betreffende
Gesetz auch die Genehmigung des Senats und die Möglichkeit,
daß französische Gesellschaften belgische Bahnen an sich bringen
können, ist dadurch so gut als beseitigt.
Oesterreich hat zum zweiten Male einen „Radetzky" ver-
loren durch das Aufstiegen seines Kriegsschiffes gleichen Namens.
— Liberalismus und geistiger Despotismus streiten sich dort
um die Herrschaft. In den hohen Regierungskreisen und aller-
höchsten Hofkreisen fühlt man, daß es auf den alten, ausge-
tretenen Wegen nicht mehr gehen will und doch hat man den
Muth nicht, mit den frühern Ueberlieferungen vollkommen zu
brechen und in die Bahnen entschiedenen Fortschritts einzulenken.
So befindet sich z. B. die Ausbildung der jungen Geistlichen
in Tyrol immer noch in den Händen der Jesuiten und wäh-
rend der Staat gegen kirchliche Uebergriffe ankämpft und frei-
heitliche Entwicklung voranstellt, liegt die Bildung künftiger
Priestergenerationen noch immer in den Händen seiner uner-
bittlichsten Gegner.
In Preußen debattirt nian darüber, ob die Staatsange-
hörigen künftighin „Unterthan", „Preuße" oder „Staatsbürger"
zu betiteln seien.

Die „Kreuzztg.", das berüchtigte Junkerorgan, plaidirt
für den „Unterthan." Freilich ist's ein bequemeres Diug
„Unterthanen" statt freie „Staatsbürger" zu regieren.
So unwesentlich der Gegenstand auch scheint, so bezeichnend
wird die Entscheidung für das Verhältnis; zwischen Volk und
Königshaus sein.
Das Unwohlsein unseres geliebten Landesfürsten ist nun
gehoben, Besorgnisse sind keine mehr vorhanden, weßhalb auch
keine Bulletins mehr auSgegeben werden.
Die Einmündung der Rheinthalbahn in den Karlsruher
Bahnhof ist immer noch der Zankapfel zwischen den Interessenten
und Mannheim unterstützt die Parthei, welche den Anschluß
auf kürzestem Wege verlangt auf'S Wirksamste.
Eine Volksversammlung, die jüngst in Heidelberg, zur
Besprechung der Arbeirersrage stattfand, hat den Anhängern
Lassallc's eine moralische Niederlage bereitet. Statt die An-
sichten ihrer Gegner mit stichhaltigen Gründen zu widerlegen,
begnügten sich die Lassalleaner damit, durch Fußgestrampel,
Pfeifen und Lärmen die Redner zu unterbrechen. Schließlich
rückten sie mit ihrem Hauptargument heraus, d h. sie sprangm
auf die Tische und höhnten ihre Gegner in bübischer Weise.
Es ist überhaupt eine merkwürdige Geschichte mit dieser
Lasfalle'schen Arbeiterbewegung, Niemand will ihr Gevatter
stehen. Die Nationalliberalen glauben in ihr Machinationen
der Ultramontanen zu sehen und letztere hinwiederum schieben,
sie Bismarck zu.
Auf dem Gebiete unseres Geineiudewesens bereitet sich
eine Neugestaltung der Dinge vor, die nicht unwesentliche Aen-
derungen nach sich ziehen wird. Die B ü r g e r gemeinden
sollen in E i u w o h n e r gemeinden umgewandelt werden. Je-
denfalls wird die Neuerung, wenn sie einmal zur thatsüchlicheu
Verhandlung kömmt, eben so viele Gegner wie die Gewerbe-
freiheit aufzuweisen haben.

Bade tt.
* Schwetzingen, 26. Febr. Der „Staatsanzeiger"
bringt in seiner No. 5 das Verzeichnis; der für die Jahre 1869
bis 1871 gewühlten Mitglieder der Kreisausschüsse.
Für den Kreis Mannheim fungiren folgende Herren:
Staatsrath August L a m e y in Mannheim, Vorstand, Professor
Bender in Weinheim, Apotheker I)r. Gerber in Hocken-
heim, Gemeinderath Hoff in Mannheim, Altbürgermeister
Schäfer in Ladenburg; Ersatzmänner: Friedrich W undt
in Mannheim, N. Lehmann Mayer in Mannheim.
Deutschland.
Berlin, 23. Febr. Gestern Nachmittag 4 Uhr fand
unter dem Vorsitz des Königs ein Kabinetsrath statt. Die
„Kreuzztg." glaubt, daß darin über die Frankfurter Angelegen-
heit und namentlich darüber berathen wurde, ob der Stadt
2 oder 3 Millionen Gulden zu überweisen seien. — Der Ober-
präsident v. Möller wurde heute Mittag vom König (wegen
derselben Angelegenheit) in längerer Audienz empfangen.
 
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