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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 146
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0589

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Samstag 11. Dezember 1869.

>0. 146.

Dritter Jahrgang.

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Pmts-Icrkündiguiigsötatt für den Aezirit Schwetzingen.
Badische Hopscnfei 1 nng.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe L-onntagsblatt. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltcne Petitzeile oder deren Raum 3 kr.

Baden.
* Schwetzingen, 10. Dezember. Der zweite
Bürgerabend unserer Stadt vereinigte gestern in
der Gaa'schen Brauerei noch weit mehr Theilneh-
mer, als dies beim ersten Male der Fall gewesen
und bewies die Masse der Anwesenden, daß das
Interesse sür dieses Institut eigentlich erst recht
zu crwacheli und rege zu werden beginnt. Wir
sahen diesmal Bürger und Einwohner der ver-
schiedensten Parleirichtungen, die alle mit gleicher
Theilnahme dem Vortrage des Redners folgten.
Herr Qbcramtmann Richard, welcher der
Tagesordnung gemäß über das Armengesetz sprach,
erörterte zuerst die jetzt noch in Kraft bestehenden
Bestimmungen, wies an Beispielen deren Mangel-
haftigkeit nach, ging dann zur Besprechung des
neuen Gesetzesentwurfes über, hob die Verschieden-
artigkeit der Bestimmungen hervor und gab so
der aufmerksamen Zuhörermenge ein klares Bild
der Zustände, welche seither in diesem Zweige der
Gesetzgebung herrschten und der Consequenzen, welche
aus der Umgestaltung derselben hervorgehen werden.
Der Vorsitzende dankte hierauf dem Redner^
für die Lösung der Aufgabe, welcher er sich unter-
zogen.
Eine Discussion wurde über diesen Gegenstand
nicht eröffnet und so schied man nach längerem
Beisammensein befriedigt über den Verlauf des
Abends.
Neueste Hopferiuachrichten.
** Nürnberg, 9. Dec. Die flaue Stim-
mung des Donnerstagmarkts hielt auch gestern an.
Es kamen etwa 50 Ballen Aischgründer hieher,
wovon kaum 10 Ballen zu fl. 83—92 verkauft
wurden. 6 Ballen prima Wolnzacher Land er-
zielten fl. 120. 15 Ballen prima Elsässer wurden

zu fl. 96 und 20 Ballen Württemberger zu fl. 90
ab gesetzt.
Die Preise sind für
Spalter Land leichte Lagen ff. 100 —130.
90—130.
110—120.
110-120.
100—110.
105—115.
100—110.
95—105.
85— 95.
Hopfen von älteren Jahrgängen nahezu un-
verkäuflich. -I
Der heutige Markt war nutz ca. 150 Ballen
Hopfen befahren und verlief Lebenfalls in flauer
Stimmung. Kaum die Hälfte der Zufuhren wurde
verkauft. Man bezahlte für Marktwaare fl. 70^
90. Der gleiche Preis für Aischgründer und
für schöne Elsässer wurde mit fl. 90 — 96 erzielt.

Lokalnachrichten
r Schwetzingen, 10. Dez. Der herrschen-
den, schönen Sitte gemäß, den Weihnachtsabend
durch Aufstellung eines Christbaumes und Gaben-
spendung zu feiern, gedenkt der hiesige Sänger-
bund auch dieses Jahr wieder dieses Fest am
zweiten Weihnachtsfeiertage in einem dazu geeig-
neten Saale feierlich zu begehen. Gleichzeitig
wird ebenfalls eine Gabcnverloosung dabei statt-
finden und hat sich schon der stets wachsenden
Zahl der Mitglieder des Vereins zu Folge eine
beträchtliche Anzahl derselben zur Einzeichnung
von Beiträgen herbcigclassen. Der festliche Abend
wird durch einige entsprechende Gesangsvortrüge
und durch eine auf die hohe Bedeutung des Festes
sich beziehende Ansprache eingcleitet werden.

Nach beendigter Verloosung der Christgeschenke
soll ein Streichorchester die Tanzlustigen zu rhyth-
mischen Bewegungen veranlassen.

Aus dem Amtsbezirk»
H Hoäenheim, 10. Dec. Bei der heute
hier stattgchabten Pfarrwahl der hiesigen evange-
lischen Gemeinde, die nunmehr eine eigene Pfarrei
bildet, wurde mit großer Majorität Herr Pfarr-
verweser Lang, dermalen in Gemmingen angestellt,
gewählt Tie Kirchengemeindeversannnlung war
zum Theil lange unentschlossen, wen sie von den
drei vom Großherzogl. Oberkirchenrath zur Wahl
vorgeschlagenen Candidaten wählen wolle, da allen
drei Bewerbern nur glänzende Zeugnisse zur Seite
stehen und sie der Gemeinde als tüchtige und
ehrenwerthe Persönlichkeiten bekannt sind. Nament-
lich ging dem Gewählten in jeder Hinsicht ein
ungetheiltes Lob voraus. Mögen sich unsere Hoff-
nungen nun verwirklichen und unftr erster eigener
Seelsorger lange Jahre zum SegenTer Gemeinde
wirken!
ff H o ck e n h e i m, 11. Dec. Sicherem Ver-
nehmen nach ist dieser Tage die Brauerei „zur
Fortuna" von Herrn Harsch in andere Hände
übergegangen. Der Kaufpreis hat die ansehnliche
Summe von 31,500 fl. erreicht. Hierbei muß.
jedoch bemerkt werden, daß Herr Horsch während
einer Reihe von Jahren bedeutende und kostspielige
Verbesserung bezüglich seiner Brauerei und der
Wirthschattsrüume vorgenommen und namhafte
Jnventarstücke, die nach mäßiger Taxation nahezu
8000 fl. erreichen dürften, beigegeben werden.
Möge der neue Besitzer, Herr Brauer Green
von Walldorf, der dieses sehr frequente Geschäft
schon mit dem neuen Jahre antreten wird, in die
erprobten Fußtapfen seines Vorgängers treten, in-

Au und Wolnzach
Hallertauer Prima
Württemberger „
Aischgründer „
Badische „
Polnische „
Franzosen
Marktwaare „

Are Wetancholie der Komiker.
(Fortsetzung.)
Es wicdcrsuhr ihm zweimal, nur vor zw.i Zuschauern
zu spielen. Ta sagte er in dem Augenblicke, wo er. dem
Gebrauche gemäß, das am morgigen Tage zu gebende Stück
ankündigte, laut zu einein der anwesenden Herren: „Machen
Sie mir gefälligst das Vergnügen, falls Sie beim Fortgehen
Jemand begegnen sollten, ihm zu sagen, daß wir morgen
den — „Harlekin" geben werden." Und dennoch, wenn
wenn man ihni die Maske abhob, fand man stets nur
ruhige/ernste Züge, über welche tiefe Wehmuth unergründ-
licher Melancholie ausgcgossen war. Oft rief er in schmerz-
licher Bewegung: „Ich glaube, es gibt außer mir keinen
wahrhaft ehrlichen Alaun in der ganzen Welt."
Ein ähnliches Verhängnis; peinigte den berühmten Har-
lekin Bianeolelli, den die Theatergeschichte unter dem
Namen Tominicho kennt und welcher mdlich unter der
Bürde innerlichen Kummers, den nichts zu zerstreuen ver-
mochte, üarb. Eines Tages trat er in das Zimmer eines
d.e ersten Pariser Acrzte und bat ihn um die Hülfe s.iner
Kunst gegen ein UebU, welches jsich nicht ausrotten lasse.

Der Arzt fragte ihn über die Natur seiner Schmerzen, und
er antwortete, seine Krankheit wäre eine tiefe Melanrolie,
die ihm das Leben unerträglich, mache.
„Ach! dann müssen Sie guten Wein trinken," meinte
der Arzt.
„Ich habe die allerbesten Weine in meinem Keller,"
antwortete der Kranke, „aber sie helfen mir nicht gegen
meinen Spleen!"
„Versuchen Sie cs doch einmal mit einer Reise!"
„Ach! sch habe bereits ganz Europa durchwandert, aber
der Gram hat mich nicht verlassen."
„Nicht möglich! das ist etwas stark."
Doch gibt es noch ein Mittel; gehen Sie jeden Abend
in die italienische Komödie, da werden sie den berühmten
Harlekin Biancolleli spielen sehen. Seine Possen und
Scherze werden Sie schon aufhcitern!" —
„Ach!" rief der Kranke, ich sehe wohl, daß ich unheilbar
bin, denn ich selbst bin ja Biancolleli!" Er starb bald
darauf an der Abzehrung.
Aehnlich ging es Peter Dubus, dem berühmten Komiker,
den die Bühne unter dem Namen Prcville feierte. Am 11.
Februar 1765 bekam er, der König der Komiker mitten in
der Darstellung des „Mercure galante", als er rasend bc-
klavcht wurve, Anfälle von Irrsinn, und obschon die Mit-

> spielenden nichts davon bemerkten, so fühlte er doch s.ltst
! die Unmöglichkeit, von diesem Augenblicke an seine theat-
ralische Laufbahn weiter zu verfolgen. Und wirklich hatte
er vor seiner Rückkehr nach Scnlis, wo häuslicher Kummer
die Zerrüttung seiner Geisteskräfte vollendete, nur noch
einige lichte Augenblicke. Seine älteste Tochter, die einzige,
die ihm geblieben war, nahm ihn zu sich nach Beauvais,
wo er am 18. Dezember 1790 in einem Alter von 7U
Jahren starb.
Aehnlich wurde David Garrick, jener Künstler, der die
Zuschauer in ein Entzücken und in eine Wallung zu ver-
setzen wußte, die man lange Zeit hindurch das „Garr.ck-
fieber" nannte, in der Rolle „Richaed III." eine Beute der
Melancholie. Ein Augenzeuge schreibt darüber fol-
gendermaßen: „Er lag auf einem Ruhebette hingestreckp
wie der sterbende Germanitus auf dem Gemälde m n
Cousin, bleich und hinfällig, tief athmcnd, mit Schweiß be-
deckt und unfähig, die Arme zu bewegen," Der Neid v er-
es, der an Garrick's Lebenskraft zerstörend nagte, d, :n
seine eigenen Erfolge schienen in seinen Augen vor jn.m
seiner Collcgcn gänzlich zu verschwinden. Nichts konnie i -ii
über den Applaus trösten, den Barri in der Rolle es
„Othello", und über Rn Enthusiasmus, welchen Thomas
Sheridan in „König Johann" erregte.
 
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