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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 148
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0598

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rnren wolle, so müsse man sie künstlich durch solche
Unterstützungen emporzubringen suchen. Der An-
trag des Abg. Krebs wird angenommen.
Der Ausschußantrag: Eine Petition an die
Regierung zu richten, de Neckarbrücke zu Mann-
heim in den Staatsstraßenverband aufzunehmen
und das Brückengeld alsdann aufzuheben; ebenso
die Rheinbrücke vom Brückengelds zu entlasten,
wurde angenommen.
Ausland.
Rom, 10 Dec. Die Eröffnung des Konzils
hätte kaum unfreundlicheres Wetter vorsindeu kön-
nen. Schon seit einer Woche trieb der Sirocco
schwarzes Gewölk vom Gebirge herunter, es träu-
felte oder goß stündlich, bis sich gestern die Sonne
wieder mit heitern Blicken zeigte. Weiche Früh-
lingsluft zog alles aus den Häusern, die Fremden,
zumal die Bischöfe, nahmen ihren Weg nach der
Kirche der zwölf Apostel, wo der Papst die neun-
tägige Vorfeier des heutigen Festes Mariä Em-
pfängniß durch die feierliche Ertheilung des Segens
mit dem Sakrament an das Volk abschloß. Doch
in der Nacht öffnete der Himmel seine Schleichen
auf's neue, und seitdem hat es zu regnen nicht
aufgehört. Die Salutschüsse der Engelsburg bei
Tagesanbruch dröhnten dumpf durch die dicke Luft
hin, die Prozession des Konzils begann nach dein
bekannten Ritual, so auch die Eröffnung. Drei
Bataillone Zuaven bildeten die Ehren- und Schutz-
wache. Da der Regen seine nasse Arbeit immer
wieder aufnahm, so blieb mancher zu Hause, der
sich sonst das seltene Ceremoniell im Vatikan gern
angesehen hätte; aber immerhin war die herzu-
strömende Menge der Fremden außerordentlich.
Die Kirchenglocken läuteten während des feierlichen
Umzugs eine Stunde, dazu feuerten die Geschütze
der Engelsburg, der neuen Forts des Aventin wie
der Tiberdampfboote. Wer dem Papste näher
stand, konnte bemerken, daß er beim Schluffe der
Konzilsaula in der frohesten Stimmung war.
Neueste Hopfemrachrichten.
DU. Nürnberg, 14. Dec. Ich theile Ihnen
hierdurch ergebenst mit, daß der heutige Markt in
einer äußerst verkehrlosen Haltung verlief. Es
kamen ca. 200 Ballen Hopfen zu Markte, wovon
bis Mittags kaum der vierte Theil zu Preisen von
fl. 75 u. 85 abgesetzt werden konnte. Die Stim-
mung ist eine äußerst gedrückte und man kann
annehmen, daß Preise durchgehends um fl. 5 bis
fl. 6 niedriger gegangen sind
** Nürnberg, 14. Dec. Die Hoffnungen,
welche man darauf setzte, daß, wenn Kundschafts-
Händler von den Reisen kommen, das Hopfengeschäft
sich bessern würde — haben sich nicht erfüllt. Die
flaue Stimmung des hiesigen Marktes hält an,
und hat seit vorigem Donnerstag noch mehr zuge-
nommen. Nicht nur Secunda und Mittel-, son-

dern auch Prima - Qualitäten sind davon berührt
worden. Die Umsätze .von Sonnabend und gestern
betrugen kaum 50 Ballen u. z. 10 Ballen (Aus-
wahl aus 25 Ballen) sehr schöne Württemberger
zu fl. 92, desgleichen 6 Ballen prima zu fl. 98.
Verschiedene kleine Postchen Hallertauer zu fl. 86
bis fl. 95. Sehr offerirt bleiben alle Sorten
gelbe und großdoldige Hopfen, wovon große Quan-
titäten hier lagern.
Aus dem Amtsbezirk
Z Plankstadt, 15. Decbr. Bei der Ver-
steigerung des zum Schlachten geeigneten Rind-
fassels hiesiger Gemeinde wurden fl. 240 für das
Thier erlöst, welches ein wahres Prachtexemplar
in seiner Art war und von der vortrefflichen
Pflege und Behandlung zeugte, die ihm zu Theil
geworden.
Verschiedenes.
Mannheim, 11. Dec. Schwurgericht. Die
Anklage gegen Adam Rüde von Friedrichsfeld we-
gen Vergiftungsversuchs kam heute zur Verhand-
lung und endete mit Freisprechung des Angeklag-
ten. Rüde war nämlich beschuldigt am Abend des
12. Septbr. d. I. im Badischhofwirthshaus Zu
Friedrichsfeld dem Akzisor Heinrich Frey von da
in dessen Bierglas Streichhölzer geworfen und den-
selben zum Trinken aufgefordert zu haben. Die
Anklage behauptet nicht, daß der Angeklagte einen
tödtlichen Erfolg beabsichtigt habe, sondern daß er
nur den Akzisor Frey an seiner Gesundheit habe
beschädigen wollen. Die Geschworenen nahmen
insbesondere an, daß der Angeklagte in einem
solchen Grad von Trunkenheit sich befunden habe,
die jede Zurechnungsfähigkeit ausschließe und ver-
neinten deshalb die Schuldfrage. Die Staats-
behörde war durch Herrn Oberstaatsanwalt Mays
vertreten, während die Verth eidigung durch Herrn
Anwalt von Feder geführt wurde.


(Fortsetzung.)

Port-Said ist auf einer Insel erbaut, außer
der großen Maschinenwerkstätte und den Woh-
nungen der französischen Agenten bietet die Stadt
nur kleine, armselige Häuser, wegen der häufigen
Überschwemmungen auf Pfühlen erbaut. Die
Insel wurde m der Kanallinie durchstochen und
durch einen riesigen 3500 Meter langen Stein-
damm ein künstlicher Hafen geschaffen. 25,000
Felsblöcke von je 10 Kubikmetern liegen in diesem
Riesendamm, IOH'2 Milk. Frs, hat er allein ge-
kostet. Weitaus die Mehrzahl der Steinwürfel ist
künstlicher Stein, an Ort mm Stelle aus Meer-
sand und Cement gegossen, außerdem Kalkfelsen
von Mex bei Alexandrien und von Geneffe bei
den Bitter - Seen. Das waren so ungefähr die
Arbeiten zwischen dem Mittelmeer und Jsmaila.

Schon im Winter 1865 — 66 waren sie so
weit gediehen, laß Flachboote vom Mittelmeer in
den Timsah liefen. Von diesem aus wurden sie
durch den Süßwasserkanal zur Schleuse von Ne-
stfch gezogen und weiterhin durch den ganzen Süß-
wafferkanal nach Suez geschleppt. Es waren ei-
lüge Boote des Marquis v. Baffano, die Schwefel
aus dem rothen Meer holten und den europäischen
Zeitungen Anlaß gaben, mit einigem Eklat der
Welt die Verbindung beider Meere zu verkündigen.
So rasch ging es jedoch noch nicht.
Bis zum Timsah - See war wohl die Haupt-
sache vollendet, aber südlich Timsah lag noch die
Barre von Toussum im Weg. In einer Breite
von 4 Kilometer liegt sie 9 Meter über dem
Spiegel des Mittelmeeres, vorherrschend aus Sand
bestehend. 40,000 Fellay wühlten hier den Sand
auf und trugeil ihn unermüdet die Böschung hin-
an, ob auch unter jedem Fußtritt der Sand wie-
der wich. Bis auf 2 Meter Tiefe vollbrachten
die Fellahs die trockene Arbeit: tiefer hinab för-
derten die Maschinen rascher die Arbeit. Zu dem
Ende ließ man vom Süßwasserwnal her Wasser
en.laufen, die Baggermaschinen Huben Grund als
Schlamm aus und schafften ihn schneller bei Seite,
als es den Fellahs möglich gewesen wäre. Im
vorigen Jahre standen hier 78 Maschinen, von
denen jede stündlich 100 Kubikmeter hob.
Südlich Serapeum, das am Ende des Durch-
stichs von Toussum liegt, senkt sich das Land, das
in den ausgetrockneten Bitterseen eine Tieflage von
6—8 Meter unter oem Meeresspiegel erreicht.
Es ist ungefähr ein Jahr, daß bei Serapeum
der letzte Riegel durchbrochen wurde, um vom
Mittelmeer aus dieses weite Binnenbecken zu fül-
len. Vom 19. Okt. d. I. datirt, kam die Nach-
richt, daß eine Strömung im Kanal sitzt nicht
mehr zn beobachten sei; 14 Tage vorher hatte
derselbe Beobachter sie noch recht merklich gefunden.
Eine Reihe eiserner Dreifüße bezeichnen den
Weg, der über 40 Kilometer Länge durch ein
Becken führt, das für den Bau des Kanals nicht
erwünschter fein könnte lind Millionen ersparte.
9 Meier ist die durchschnittliche Tiefe und 59—48
Meter die Fahrbahn. Die Berechnung der Inge-
nieure war nahezu eingetroffen, und in Jahresfrist
hatten die Seen sich gefüllt (die Ingenieure hatten
9 Monate gerechnet).
Den Schluß der Arbeiteil bildete die Erdzunge
zwischen den Bitterseen und Suez, die den Namen
Cbalouf bat. Ob sie gleich sich nur wenige Fuß
üver den Spiegel des rothen Meeres erhebt, bot
sie doch wieder Schmierigkeiten eigener Art. Unter
der oberflächlichen Bedeckung von Gerölle und
Sandschlamm stieß man auf einen wegen feiner
Härte sehr unbequemen Kalkfelsen von tertiärem
Älter. Die Kalkbank schoß unter einem Wirbel
von 30 o xjn und.hatte zum liegenden einen fet-
ten, undurchlaffenden, sehr reinen Thon. (F. f.)

von Orny, der mit den Fingern an den Fensterscheiben
einen Mae sch trommelte.
Ich fragte ihn nach der Kraft der Bäder. Er sagte:
„Sie stinken schon von fern, wie faule Eier." — Ich sagte,
daß ich ihretwillen eigentlich nicht gekommen fei. Er ant-
wortete : „Desto besser für Sie." — Ich meinte, die Ge-
gend schiene sehr angenehm zu sein. Er erwiederte: „Was
liegt daran, wenn die Menschen um so unangenehmer sind?
Ein mit schönen Landschaften tapezirtes Gefängniß ist vor-
zuziehen." — „Doch eine Fachon möchte man wohl im
Gefängniß noch neben sich dulden!" fügte ich hinzu. —
„So gut wie eine Hornusse, die einem beständig um den
Kops sumset.
Indem that Ser Herr von Orny einen lauten Schrei.
Ich fuhr erschrocken zusammen, denn ich sah nicht, weil ich
am andern Fenster stand, was geschehen war. Ich wollte
ihm beispringen. Da stand Fachon vor ihm mit lieblicher,
drohender Geberde, in der emporgehvbenen Hand eine
Stecknadel, mit der sie ihn hinterrücks in die Schulter ge-
stochen hatte. „Wissen Sie auch, mein Herr, daß wir
Hornusse stechen können? Das ist die gelindeste meiner
Strafen; zittern Sie vor der schwersten!
„Dann würden Sie sein Herz treffen," sagte ich.

„O, man trifft keins beim Herrn von Orny," sagte sie
und ging davon.
Der junge Mann brummte und verließ das Zimmer.
In der That ein seltsames Schauspiel für nach. Noch nie
in mein m Leben hatte ich eiaen Mann seines jugendlichen
Alters, der viel Welt und Lebensart zu haben schien, und
ein sehr angenehmes Aeußere von der Natur Hütte, so
mürrisch, so unempfindlich gegen den neckenden Muthwillen
eines hübschen Mädchens gesehen.
Allein wollte ich nicht bleiben. Ich ging ins Freie,
besah aus lange Weile die Umgebung des Hauses und trat
in den daranstoßenden Garten, wo Fachons jüngere Schwester,
Annette, die Blumen begoß. Ich sah mit Lust der Thatig-
keit des wunderschönen Geschöpfes zu. Ich pries den Vater
selig. Dieser Engel, an den Grenzen seiner Kindheit, noch
mit aller Harmlosigkeit und Unschuld derselben, und doch
schon im keimenden Reize der Jungfräulichkeit, würde, so
zwischen den Blumen schwebend, in einem Gemälde für
das Ideal eines entzückten Künstlers gehalten worden sein.
„Wer konunt?" fragte sie, ohne sich rimzusehen, indem
sie meine Fußtritte hörte.
„Ein Dieb," sagte ich.
„Was will er stehlen?" fragte sie, ohne sich nach mir
umzusehen.

„Annettens schönste Blume."
Da setzte sie das Geschirr hin, und kam halb schüchtern
gegen mich, indem sie sagte: „Tie möchte ich doch selbst
sehen."
Ich warf die Augen umher und erblickte eine halbaus-
geblühte Moosrose. — „Darf ich sie brechen ?" fragte ich.
„Ein Dieb muß nicht fragen!" gab sie zur Antwort,
unv reichte mir eine kleine Scheere zum Abschneiven.
„Ich stehle nicht für mich!" sagte ich.
„Wem wollen Sie das Röschen geben?" fragte sie.
„Dem schönsten Mädchen von Cransac."
„Wohl mein Herr, das muß ich erlauben. Aber ken-
nen sie denn die Mädchen von Cransac schon? Sie sind
ja kaum seit einer Stunde angekommen."
„Ich kenne nur das schönste von allen."
„Sie machen mich recht neugierig, mein Herr; erlauben
Sie, daß ich Sie begleite?"
„Ich bitte Sie, nur ein Augenblickchen still zu halten!"
erwiederte ich und steckte geschwind ihr die Rose in's Ban-,
welches die vollen, braunen Locken ihres Hauptes zusammen-
hielt.
„Sie sind irre, Sie sind irre! Meine Schwester Fan-
chon ist die Schönste von allen."
»Fortsetzung folgt.)
 
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