Die Gartenkunst — 3.1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0019
DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:Hampel, Carl: Das Modell in der Gartenkunst
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DIE GARTENKUNST
9
III, 1
Square des Batignolles. Ansicht'ausj-der Yogelschau. Aus „Alpliand, l’art des jardins“.
(Siehe Abhandlung: G-artenstudien aus Frankreich.)
können. Der Standpunkt bleibt in jedem Pall von der
Hauptachse entfernt der gleiche, der Beschauende dreht
sich also gewissermafsen im Kreise um diese herum und
vermag damit das Werk vollkommen zu erfassen.
Dies trifft auch selbst bei gewaltigeren Werken wie dem
Reichstagsgebäude in Berlin, dem Dom in Köln, dem Denk-
mal auf dem Niederwaid, dem Kyffhäuser-Denkmal und
ähnlichen zu.
Beide aber, der Bildhauer wie cler Architekt, fertigen
erst dann ihre Modelle, wenn sie sie durch Zeichnungen
vollständig klar gestellt haben, sowohl im Grundrifs wie
in der gesamten Gliederung im Aufbau und legen an das
Modell nur noch die letzte feilende Hand zur Yollendung
des Ganzen.
Wie ganz anders verhalten sich dem gegenüber die
Werke der Gartenkunst!
Von einigen Seiten der Gartenkünstler wird neuerdings
angestrebt, die Projekte und Entwürfe der Gartenkunst
auch im Modell darzustellen, in der Voraussetzung, sie so
verständlicher fiir den Laien zu machen. Es wird also
angestrebt, den Grundrifs im Modell zu zeigen, denn viel-
mehr konnnt dabei doch nicht heraus, und glaubt man da-
mit die wahre Wirkung einer Gartenanlage im Modell zu
erreichen. Also nicht das fertige Werk, wie es nach
seiner Vollendung sich zeigen wird, kann gegeben werden,
sondern nur ein unvollkommenes Gebilde.
_ Wollten der Architekt und der Bildhauer, namentlich der
letztere, ihre Werke im Modeli nur oberflächlich behandeln,
Bie Gartenkunst.
nicht jede einzelne Linie so herausarbeiten, wie sie das
fertige Werk zeigen mufs, sie würden kein Verständnis
und keine richtige Beurteilung für ihre Bildungen haben. Es
kommt beim Modell also nicht nur auf die Darstellung in
den groben Linien an, sondern auf eine feinsinnige Durch-
bildung des Ganzen, denn nur so hat das Modell Wert und
erscheint es uns von Bedeutung. Dies auf das Modell in
der Gartenkunst iibertragen, heifst nichts anderes, als eine
Durchbildung nicht nur des Grund und Bodens, sondern auch
des Aufbaues, also der Anpflanzungen etc. in der Feinheit
und Sorgfalt, wie sie die Natur uns zeigt. Denn man ver-
gesse ja nicht, dafs alle Bodenformation erst durch die
und mit der Vegetation ihren eigentlichen Ausdruck, also
Leben erhält, und ebenso ein Garten erst mit dieser ein
solcher ist. Es mufs aber befremden, wenn man diese
durch Thonklumpen oder irgend ein anderes Material
angedeutet findet, wodurch dem Ganzen eher der Ausdruck
des Plumpen und Ungeschickten wird, das mit dem Bilde
der Wirklichkeit aber gar keine Ähnlichkeit hat. Es ist
also niclit möglich, durch das Modell ein wirklich wahres
Bild herzustellen, wo jeder Grashalm, jede Laubmasse
durch die Art ihrer For.m, ihren mehr iiberhängenden,
zurücktretenden, oder aufstrebenden u. s. w. Charakter
Einflufs zeigt und die Wirkung mit bestimmt. Auch fehlt
uns der Standpunkt für solch ein Modellgebilde, um daraus
eine wahre Vorstellung für das eigentliche Werk zu erhalten.
Daraus leite ich die Frage ab: „Hat das Modell für
die Gartenkunst den Nutzen der ihm gewöhnlich zuge-
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Square des Batignolles. Ansicht'ausj-der Yogelschau. Aus „Alpliand, l’art des jardins“.
(Siehe Abhandlung: G-artenstudien aus Frankreich.)
können. Der Standpunkt bleibt in jedem Pall von der
Hauptachse entfernt der gleiche, der Beschauende dreht
sich also gewissermafsen im Kreise um diese herum und
vermag damit das Werk vollkommen zu erfassen.
Dies trifft auch selbst bei gewaltigeren Werken wie dem
Reichstagsgebäude in Berlin, dem Dom in Köln, dem Denk-
mal auf dem Niederwaid, dem Kyffhäuser-Denkmal und
ähnlichen zu.
Beide aber, der Bildhauer wie cler Architekt, fertigen
erst dann ihre Modelle, wenn sie sie durch Zeichnungen
vollständig klar gestellt haben, sowohl im Grundrifs wie
in der gesamten Gliederung im Aufbau und legen an das
Modell nur noch die letzte feilende Hand zur Yollendung
des Ganzen.
Wie ganz anders verhalten sich dem gegenüber die
Werke der Gartenkunst!
Von einigen Seiten der Gartenkünstler wird neuerdings
angestrebt, die Projekte und Entwürfe der Gartenkunst
auch im Modell darzustellen, in der Voraussetzung, sie so
verständlicher fiir den Laien zu machen. Es wird also
angestrebt, den Grundrifs im Modell zu zeigen, denn viel-
mehr konnnt dabei doch nicht heraus, und glaubt man da-
mit die wahre Wirkung einer Gartenanlage im Modell zu
erreichen. Also nicht das fertige Werk, wie es nach
seiner Vollendung sich zeigen wird, kann gegeben werden,
sondern nur ein unvollkommenes Gebilde.
_ Wollten der Architekt und der Bildhauer, namentlich der
letztere, ihre Werke im Modeli nur oberflächlich behandeln,
Bie Gartenkunst.
nicht jede einzelne Linie so herausarbeiten, wie sie das
fertige Werk zeigen mufs, sie würden kein Verständnis
und keine richtige Beurteilung für ihre Bildungen haben. Es
kommt beim Modell also nicht nur auf die Darstellung in
den groben Linien an, sondern auf eine feinsinnige Durch-
bildung des Ganzen, denn nur so hat das Modell Wert und
erscheint es uns von Bedeutung. Dies auf das Modell in
der Gartenkunst iibertragen, heifst nichts anderes, als eine
Durchbildung nicht nur des Grund und Bodens, sondern auch
des Aufbaues, also der Anpflanzungen etc. in der Feinheit
und Sorgfalt, wie sie die Natur uns zeigt. Denn man ver-
gesse ja nicht, dafs alle Bodenformation erst durch die
und mit der Vegetation ihren eigentlichen Ausdruck, also
Leben erhält, und ebenso ein Garten erst mit dieser ein
solcher ist. Es mufs aber befremden, wenn man diese
durch Thonklumpen oder irgend ein anderes Material
angedeutet findet, wodurch dem Ganzen eher der Ausdruck
des Plumpen und Ungeschickten wird, das mit dem Bilde
der Wirklichkeit aber gar keine Ähnlichkeit hat. Es ist
also niclit möglich, durch das Modell ein wirklich wahres
Bild herzustellen, wo jeder Grashalm, jede Laubmasse
durch die Art ihrer For.m, ihren mehr iiberhängenden,
zurücktretenden, oder aufstrebenden u. s. w. Charakter
Einflufs zeigt und die Wirkung mit bestimmt. Auch fehlt
uns der Standpunkt für solch ein Modellgebilde, um daraus
eine wahre Vorstellung für das eigentliche Werk zu erhalten.
Daraus leite ich die Frage ab: „Hat das Modell für
die Gartenkunst den Nutzen der ihm gewöhnlich zuge-
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