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DIE GARTENKUNST
III, 3
wie in unendlicher Reichhaltigkeit. Dagegen waren laub-
abwerfende Gehölze in ganzen Sortimenten nach Gruppen
geordnet nur seltene Brscheinungen, abgesehen von be-
sonders grofsen Schauexemplaren, die der Dekoration zu
dienen hatten.. Bedenkt, man, dafs solche Exemplare erst
April oder Anfang Mai gepflanzt werden konnten, dieselben
aber auch schon Jahre lang vorher in grofsen Kasten zum
Zwecke des Transportes und des sicheren Gedeihens kul-
tiviert worden sind, so war es dennoch staunenswert, wie
tadeilos diese oft 10—12 m hohen Exemplare dastanden;
man hätte glauben können, dafs sie auf dem Platz er-
wachsen sind. Die Pranzosen sind bekanntlich Meister im
Verpflanzen grofser Bäume und wenden dieses fast bei
jeder neuen Gartenanlage an. Sie besitzen auch hierzu
die nötigen Hilfsmittel und geschulte Arbeitskräfte, nicht
minder auch praktische Erfahrungen.
Wie alles in der Ausstellung von den Franzosen Ge-
schaffene grofsartige Ideen verriet und auf Glanz und Effekt
berechnet war, so war es auch bei den Gartenbaugegen-
ständen. Es kam weniger auf instruktive Sortimente, als
auf in die Augen fallende Exemplare und Gruppen an.
Zusammenstellungen von laubabwerfenden Gehölzen, wie
solche z. B. auf der schweizerischen Landesausstcllung in
Genf 1896 in grofsartiger Weise vorgeführt und auch mit
grofsen Preisen in klingender Münze honoriert wurden,
fehlten gänzlich in Paris. Nur ein einziger Aussteller:
Georg Boucher, Avenue d’Italie, hatte eine kleine
Gruppe neuer oder seltener Ziergehölze zusammengestellt,
welche man aber suchen mufste und die wolil von wenigen
beachtet werden konnte, weil sie unter den grofsenKastanien-
bäumen des Cours de la Reine plaziert waren. Diese
hätten auf die Plätze vor den Palästen der schönen Kiinste
gehört, wo aber nur einige ganz besonders bevorzugte Aus-
steiler mit ihren allerdings sehr guten Erzeugnissen zu-
gelassen waren. Tout comme chez nous. Vieles war dort
jedoch nicht am Platze, z. B. die herrlichen Formen der
japanischen Ahorne, sie pafsten gar nicht in die brennende
Sonne vor diese noch die Sonnenstrahlen zurtickwerfenden
weifsen Wände. Infolgedessen hatten diese Exemplare Ende
Juli schon kein Laub oder es war total verbrannt. Ebenso
war hinter dem grofsen Kunstpalast das Wasserbassin
mitten im Rasen mit den prächtigsten neuen Nymphaeen
von Latour Marilac sehr unglücklich plaziert. Niemand saii
es, auch kamen nur einige Stunden Sonne am Tage dort-
hin, somit die Blumen nur von 11 bis 3 Uhr geöft'net blieben-
Dafs die Franzosen mit der Etikettierung der Coniferen
noch immer an der alten Schablone hängen, beweisen ja
alle ihre Kataloge, dafs es aber auf der Weltausstellung
auch' so sein würde, hätte ich nicht gedacht, da doch
Beifsners Coniferenbenennung schon ziemlich iiberall im
Handel Anwendung getünden und sogar viele hervorragende
Geschäftsleute Mitglied der deutschen dendrologischen Ge-
sellschaft sind. Aber die Herren wollen am wenigsten von den
Deutschen etwas lernen; sonst wäre der ganz unpassende
Name Retinospora für Chamaecyparis weggelässen worden.
Ebenso unverständlich war die Benennung Abies Kosteriana
in einer Gruppe von Honore Defresne, da die Pflanze doch
Picea pungens glauca var. Kosteriana war. Es sollte doch
wmhl allgemein bekannt sein, dafs Abies Tanne und Picea
Fichte bedeuten.
In Schlingpflanzen waren grofsartige Sortimente vor-
handen, wenn auch sehr viele Arten dabei waren, die nur
für den Süden zu verwenden und bei uns Kalthauspflanzen
sind. Die neue Clematis „ABlle de Lyon“ von Morel in
Lyon war eine prächtige Erscheinung. Die Blumen sind
mittelgrofs, prächtig lebhaft rot und die Spitzen des Petalen
sind etwas eingebogen, welches der Blume ein schalen-
förmiges Aussehen giebt. Die Blühwilligkeit ist ganz enorm.
Auch das noch seltenere Polygonum baldschuanicum war
in 5—6 m hohen Exemplaren stark vertreten, und im August
ganz mit zierlichen weifsen Bltiten bedeckt. Trotzdem
diese sehr dekorative Schlingpflanze schon 1882 von Regel
in Turkestan getunden und an verschiedene botanische
Institute zur Kultur gegeben wrurde, ist die Verbreitung
jetzt noch eine sehr geringe, weil man die Pflanze nicht
zu vermehren wmfste, bezw. viele Versuche damit fehl-
schlugen. Jetzt erst weifs man, dafs eine krautartige Ver-
edelung auf eigene Wurzeln oder aufWurzeln von Polygonum
multiflorum in der Weise wie Clematis sehr befriedigende
Resultate ergiebt, so dafs deren Verbreitung schnell vor
sich gehen wird.
Rosen waren iu Unmassen auf der Ausstellung. Die
niedrigen nahmen einen Teil des Platzes um die Fontänen
des Trocaderopalastes ein, und die Hoohstämme waren zu
beiden Seiten der Invaliden-Esplanade vor den Industrie-
Palästen plaziert. Die Aufstellung der hochstämmigen Rosen
dortselbst war eine ganz verfehlte, sie wirkten nicht, wie
man sich das in der Einbildung ausgemalt hatte, denn von
den Tausenden von Exemplaren blühten im Juli, August und
September nur hier und da ganz vereinzelte Exemplare.
Man sah nür einen Wald von Stämmen und Kronen, was
sehr monoton genannt werden mufs. Während des Haupt-
flors mag es ja anders gewesen sein. Dorthin hätten
entschieden würkungsvolle Blattpflanzen und plastische
Blumengruppen besser gepafst, weil es auch eine der
Hauptverkehrsadem der ganzen Ausstellung war. — Die
niedrigen Rosen sowie die Massen von Cana, Dahlien und
anderen Blütenpflanzen, welche an beiden Seiten der Wasser-
kiinste des Trocadero angebracht waren, wurden vom
Publikum wenig beachtet, nur von denen, welche noch nie
in Paris waren und diese Bassinanlagen gesehen hatten.
Für alle anderen — und das war die grofse Masse — boten
die Kolonial-Abteilungen zu beiden Seiten des Trocadero
viel mehr Anziehungskraft, als die gärtnerischen Leistungen
dortselbst.
An vielen schönen Blumenbeeten und Gruppen war
das ganze.Ausstellungsterrain sehr arm; was geboten war,
ging iiber gewöhnliche Leistungen nicht hinaus und konnte
zur Nachahmung nicht anregen. Begonien und Pelargonien
bildeten die Hauptsache. Das bes.te, was die Blumenzucht
je aufzuweisen hatte, wurde der Saison gemäfs in den
vielen temporärenGartenbauausstellungen zurSchau gestellt,
wobei sich auch verschiedene auswärtige Etablissements,
besonders viele Lyoner beteiligten. Von dort war es
Rivoire pere et fils, welche prächtige Verbesserungen der
alten Lobelia cardinalis ausstellten; aufser den verschiedenen
DIE GARTENKUNST
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wie in unendlicher Reichhaltigkeit. Dagegen waren laub-
abwerfende Gehölze in ganzen Sortimenten nach Gruppen
geordnet nur seltene Brscheinungen, abgesehen von be-
sonders grofsen Schauexemplaren, die der Dekoration zu
dienen hatten.. Bedenkt, man, dafs solche Exemplare erst
April oder Anfang Mai gepflanzt werden konnten, dieselben
aber auch schon Jahre lang vorher in grofsen Kasten zum
Zwecke des Transportes und des sicheren Gedeihens kul-
tiviert worden sind, so war es dennoch staunenswert, wie
tadeilos diese oft 10—12 m hohen Exemplare dastanden;
man hätte glauben können, dafs sie auf dem Platz er-
wachsen sind. Die Pranzosen sind bekanntlich Meister im
Verpflanzen grofser Bäume und wenden dieses fast bei
jeder neuen Gartenanlage an. Sie besitzen auch hierzu
die nötigen Hilfsmittel und geschulte Arbeitskräfte, nicht
minder auch praktische Erfahrungen.
Wie alles in der Ausstellung von den Franzosen Ge-
schaffene grofsartige Ideen verriet und auf Glanz und Effekt
berechnet war, so war es auch bei den Gartenbaugegen-
ständen. Es kam weniger auf instruktive Sortimente, als
auf in die Augen fallende Exemplare und Gruppen an.
Zusammenstellungen von laubabwerfenden Gehölzen, wie
solche z. B. auf der schweizerischen Landesausstcllung in
Genf 1896 in grofsartiger Weise vorgeführt und auch mit
grofsen Preisen in klingender Münze honoriert wurden,
fehlten gänzlich in Paris. Nur ein einziger Aussteller:
Georg Boucher, Avenue d’Italie, hatte eine kleine
Gruppe neuer oder seltener Ziergehölze zusammengestellt,
welche man aber suchen mufste und die wolil von wenigen
beachtet werden konnte, weil sie unter den grofsenKastanien-
bäumen des Cours de la Reine plaziert waren. Diese
hätten auf die Plätze vor den Palästen der schönen Kiinste
gehört, wo aber nur einige ganz besonders bevorzugte Aus-
steiler mit ihren allerdings sehr guten Erzeugnissen zu-
gelassen waren. Tout comme chez nous. Vieles war dort
jedoch nicht am Platze, z. B. die herrlichen Formen der
japanischen Ahorne, sie pafsten gar nicht in die brennende
Sonne vor diese noch die Sonnenstrahlen zurtickwerfenden
weifsen Wände. Infolgedessen hatten diese Exemplare Ende
Juli schon kein Laub oder es war total verbrannt. Ebenso
war hinter dem grofsen Kunstpalast das Wasserbassin
mitten im Rasen mit den prächtigsten neuen Nymphaeen
von Latour Marilac sehr unglücklich plaziert. Niemand saii
es, auch kamen nur einige Stunden Sonne am Tage dort-
hin, somit die Blumen nur von 11 bis 3 Uhr geöft'net blieben-
Dafs die Franzosen mit der Etikettierung der Coniferen
noch immer an der alten Schablone hängen, beweisen ja
alle ihre Kataloge, dafs es aber auf der Weltausstellung
auch' so sein würde, hätte ich nicht gedacht, da doch
Beifsners Coniferenbenennung schon ziemlich iiberall im
Handel Anwendung getünden und sogar viele hervorragende
Geschäftsleute Mitglied der deutschen dendrologischen Ge-
sellschaft sind. Aber die Herren wollen am wenigsten von den
Deutschen etwas lernen; sonst wäre der ganz unpassende
Name Retinospora für Chamaecyparis weggelässen worden.
Ebenso unverständlich war die Benennung Abies Kosteriana
in einer Gruppe von Honore Defresne, da die Pflanze doch
Picea pungens glauca var. Kosteriana war. Es sollte doch
wmhl allgemein bekannt sein, dafs Abies Tanne und Picea
Fichte bedeuten.
In Schlingpflanzen waren grofsartige Sortimente vor-
handen, wenn auch sehr viele Arten dabei waren, die nur
für den Süden zu verwenden und bei uns Kalthauspflanzen
sind. Die neue Clematis „ABlle de Lyon“ von Morel in
Lyon war eine prächtige Erscheinung. Die Blumen sind
mittelgrofs, prächtig lebhaft rot und die Spitzen des Petalen
sind etwas eingebogen, welches der Blume ein schalen-
förmiges Aussehen giebt. Die Blühwilligkeit ist ganz enorm.
Auch das noch seltenere Polygonum baldschuanicum war
in 5—6 m hohen Exemplaren stark vertreten, und im August
ganz mit zierlichen weifsen Bltiten bedeckt. Trotzdem
diese sehr dekorative Schlingpflanze schon 1882 von Regel
in Turkestan getunden und an verschiedene botanische
Institute zur Kultur gegeben wrurde, ist die Verbreitung
jetzt noch eine sehr geringe, weil man die Pflanze nicht
zu vermehren wmfste, bezw. viele Versuche damit fehl-
schlugen. Jetzt erst weifs man, dafs eine krautartige Ver-
edelung auf eigene Wurzeln oder aufWurzeln von Polygonum
multiflorum in der Weise wie Clematis sehr befriedigende
Resultate ergiebt, so dafs deren Verbreitung schnell vor
sich gehen wird.
Rosen waren iu Unmassen auf der Ausstellung. Die
niedrigen nahmen einen Teil des Platzes um die Fontänen
des Trocaderopalastes ein, und die Hoohstämme waren zu
beiden Seiten der Invaliden-Esplanade vor den Industrie-
Palästen plaziert. Die Aufstellung der hochstämmigen Rosen
dortselbst war eine ganz verfehlte, sie wirkten nicht, wie
man sich das in der Einbildung ausgemalt hatte, denn von
den Tausenden von Exemplaren blühten im Juli, August und
September nur hier und da ganz vereinzelte Exemplare.
Man sah nür einen Wald von Stämmen und Kronen, was
sehr monoton genannt werden mufs. Während des Haupt-
flors mag es ja anders gewesen sein. Dorthin hätten
entschieden würkungsvolle Blattpflanzen und plastische
Blumengruppen besser gepafst, weil es auch eine der
Hauptverkehrsadem der ganzen Ausstellung war. — Die
niedrigen Rosen sowie die Massen von Cana, Dahlien und
anderen Blütenpflanzen, welche an beiden Seiten der Wasser-
kiinste des Trocadero angebracht waren, wurden vom
Publikum wenig beachtet, nur von denen, welche noch nie
in Paris waren und diese Bassinanlagen gesehen hatten.
Für alle anderen — und das war die grofse Masse — boten
die Kolonial-Abteilungen zu beiden Seiten des Trocadero
viel mehr Anziehungskraft, als die gärtnerischen Leistungen
dortselbst.
An vielen schönen Blumenbeeten und Gruppen war
das ganze.Ausstellungsterrain sehr arm; was geboten war,
ging iiber gewöhnliche Leistungen nicht hinaus und konnte
zur Nachahmung nicht anregen. Begonien und Pelargonien
bildeten die Hauptsache. Das bes.te, was die Blumenzucht
je aufzuweisen hatte, wurde der Saison gemäfs in den
vielen temporärenGartenbauausstellungen zurSchau gestellt,
wobei sich auch verschiedene auswärtige Etablissements,
besonders viele Lyoner beteiligten. Von dort war es
Rivoire pere et fils, welche prächtige Verbesserungen der
alten Lobelia cardinalis ausstellten; aufser den verschiedenen