Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/1915
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0142
DOI issue:
Heft 12
DOI article:Amtlicher Teil
DOI article:Redaktioneller Teil
DOI article:Nissen, Benedikt Momme: Der Krieg und die deutsche Kunst
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0142
Die Werkstatt der Kunst.
XIV, Heft 12
13§
Deutsche Künstler im Selbe
Liste 10.
von den im Felde stehenden deutschen Künstlern sind uns weiter folgende namhaft ge-
macht worden:
Alisch, w. D., Maler, Frankfurt a. G., steht im Osten.
Annacker, Joan, Maler, München, freiwilliger Sani-
täter, westlicher Kriegsschauplatz.
Bodemann, Max, Kunstmaler in Lehnin, Z. Sanitäts-
korps im Westen.
Llausen, Günther, Maler, Braunschweig, Feldwebel,
zum Offizier befördert, krank.
Ebe, Burckhard, Bildhauer (Sohn des Geh. Baurats
Ebe), kriegsfreiwilliger Kraftradfahrer (Motorrad),
westlicher Kriegsschauplatz.
Gruber, Alois, Maler, Lrsatzreservist, z. Zt. t5. In-
fanterie-Regiment Neuburg a. Donau.
Hartig, Karl Ludwig, Maler, kriegsfreiwilliger Sani-
tätshundeführer (geht in diesen Tagen fort).
Hellner, I., Maler, Gaffel, Feldwebel der z. Komp,
im 3. Landsturm-Jnfanterie-Lrsatz-Battaillon.
Ködding, Johannes, Bildhauer, Gießen, Unteroffizier
Infanterie, östl. Kriegsschauplatz.
Leföbre, Wilhelm, Maler und Radierer, Frankfurt,
Landsturm-Battl. in Meschede.
Sievers, Maler, Braunschweig, Kriegsfreiwilliger.
vaupel, Hans B., Maler, Düsseldorf, Leutnant der ;
Reserve-Artillerie vor Ppern.
wimmenauer, Adelbert, Maler, München, Offiziers- ;
Stellvertr. im ^6. Infanterie-Regiment (List), gefallen -
im November in Nordfrankreich.
Zeidler, Georg, Architekt, Professor an der Herzog!. ;
Techn. Hochschule in Braunschweig, Hauptmann d. L., ;
Battl.-Führer Reg. 208, 22. Res.-Armeekorps.
Folgende Künstler haben Söhne nsw.
im Felde.
Löb decke, Bruno, Maler, Dresden-Striesen, ein Sohn
als Leutnant und Adjutant in Frankreich gefallen.
Reder-Broili, Maler, München, Volkartstr. Z7, ein
Sohn Armin Reder I bei der Reserve-Division, bayr.
Reserve-Jnfanterie-Reg. Nr. 2, Battl., 2. Komp.,
westl. Kriegsschauplatz.
Redaktioneller LIeil.
Der Krieg und die deutsche Kunst*),
von Momme Nissen.
Ls war in den 1880er Jahren, als die große Welle
des pariser Naturalismus zu uns hereinflutete. Oie
Werke von Zola, zugleich die verwandten der Russen
und Skandinaven, drangen durch bis in die Ggmnasien.
Schon um 1890 waren wir durch Romane, Oramen,
Kritiken mit künstlerischen Umsturzgedanken ganz
durchsetzt. Bilder gleichen Geistes folgten alsbald.
Technik und Thema wurden „modern", wir gerieten
hinein in die internationale Grotzstadtbewegung der
Kunst, wir haben ihren alljährlichen wechsel über uns
ergehen lassen müssen,- wir haben nahezu alle Mög-
lichkeiten der Pinselführung und Kunstanschauung
wie in wüsten Träumen erlebt. Vas Eindringende
wurde nicht nur haltlos nachgeahmt, sondern sinnlos
weitergesponnen. Zuerst mochte es scheinen, als wäre
in dem Pariser Zustrom diejenige Neubelebung ent-
halten, die uns nottat, jetzt aber sehen wir deutlich:
nur die Verkennung des großen Ligengutes unserer
Vergangenheit und die Unkenntnis über die Meister-
leistungen der unter uns schaffenden Neuerer (Feuer-
bach, Menzel, Leibl, Böcklin, Thoma, Haider u. a.)
konnte zu der überschnellen Aufnahme eines weit
überschätzten und verderblich gewordenen Fremdgutes
*) wir entnehmen die nachfolgenden Ausführungen
einem demnächst erscheinenden Buche des bekannten Ma-
lers, das den obenstehenden Titel trägt und bei Herder
in Freiburg i. B. herauskommen wird. Leider gestattet
der Raum nicht, dem Werk noch mehr zu entnehmen, doch
wirdI schon das hier Abgedruckte in vielen den Wunsch
wecken, das Büchlein zu besitzen.
verleiten. Gewiß sind wir von Frankreich angeregt
worden und viele gute deutsche Werke sind im An-
schluß an die Freilichtmalerei entstanden, doch, wohl-
gemerkt: diese ist bei uns durch die formenklaren Bilder
von Bastien-Lepage, nicht durch die saloppen von
Manet eingeführt worden und hat sich bei uns selb-
ständig entwickelt, im Anschluß an eine von unsern
Heimatmalern schon viel früher gepflegte Hellmalerei.
Und das Beste, das wir jetzt haben, verdanken wir
derjenigen rein deutschen Kunstentwicklung, welche
die deutschen Originale von einem Jahrhundert um-
faßt,- diese haben sich innerlich dem pariser Strom
entgegengestemmt. Und zwar um so stärker, je höher
er anschwoll. Jede neue Flutzeit riß mehr hinweg,
als sie brachte, wesensfremde Kräfte drängten sich
vor und schufen wachsende Lntartungszustände in
Deutschland, die denen ihres Ursprungsortes Paris
nahe verwandt sind. Vas zeigt sich: A s
1. im Ausstellungswesen. „Oie großen,
schnell wechselnden Bildermärkte fälschen notwendig
den Charakter der Kunstwerke, indem sie ihre Absicht,
als ein Dauerndes in einen ruhigen Jnnenraum ein-
zugehen, verwischen. In der Ausstellung wird das
Bildwerk nicht heimisch, und, selbst ein unsteter Passa-
gier, bietet es sich vorüberhastenden Betrachtern. Es
muß schnell wirken, denn man gibt ihm nur wenig
Zeit. Und es muß wirken, denn es will nicht über-
sehen werden und will den andern zuvorkommen.
So muß der Künstler diesen Erfordernissen der Aus-
XIV, Heft 12
13§
Deutsche Künstler im Selbe
Liste 10.
von den im Felde stehenden deutschen Künstlern sind uns weiter folgende namhaft ge-
macht worden:
Alisch, w. D., Maler, Frankfurt a. G., steht im Osten.
Annacker, Joan, Maler, München, freiwilliger Sani-
täter, westlicher Kriegsschauplatz.
Bodemann, Max, Kunstmaler in Lehnin, Z. Sanitäts-
korps im Westen.
Llausen, Günther, Maler, Braunschweig, Feldwebel,
zum Offizier befördert, krank.
Ebe, Burckhard, Bildhauer (Sohn des Geh. Baurats
Ebe), kriegsfreiwilliger Kraftradfahrer (Motorrad),
westlicher Kriegsschauplatz.
Gruber, Alois, Maler, Lrsatzreservist, z. Zt. t5. In-
fanterie-Regiment Neuburg a. Donau.
Hartig, Karl Ludwig, Maler, kriegsfreiwilliger Sani-
tätshundeführer (geht in diesen Tagen fort).
Hellner, I., Maler, Gaffel, Feldwebel der z. Komp,
im 3. Landsturm-Jnfanterie-Lrsatz-Battaillon.
Ködding, Johannes, Bildhauer, Gießen, Unteroffizier
Infanterie, östl. Kriegsschauplatz.
Leföbre, Wilhelm, Maler und Radierer, Frankfurt,
Landsturm-Battl. in Meschede.
Sievers, Maler, Braunschweig, Kriegsfreiwilliger.
vaupel, Hans B., Maler, Düsseldorf, Leutnant der ;
Reserve-Artillerie vor Ppern.
wimmenauer, Adelbert, Maler, München, Offiziers- ;
Stellvertr. im ^6. Infanterie-Regiment (List), gefallen -
im November in Nordfrankreich.
Zeidler, Georg, Architekt, Professor an der Herzog!. ;
Techn. Hochschule in Braunschweig, Hauptmann d. L., ;
Battl.-Führer Reg. 208, 22. Res.-Armeekorps.
Folgende Künstler haben Söhne nsw.
im Felde.
Löb decke, Bruno, Maler, Dresden-Striesen, ein Sohn
als Leutnant und Adjutant in Frankreich gefallen.
Reder-Broili, Maler, München, Volkartstr. Z7, ein
Sohn Armin Reder I bei der Reserve-Division, bayr.
Reserve-Jnfanterie-Reg. Nr. 2, Battl., 2. Komp.,
westl. Kriegsschauplatz.
Redaktioneller LIeil.
Der Krieg und die deutsche Kunst*),
von Momme Nissen.
Ls war in den 1880er Jahren, als die große Welle
des pariser Naturalismus zu uns hereinflutete. Oie
Werke von Zola, zugleich die verwandten der Russen
und Skandinaven, drangen durch bis in die Ggmnasien.
Schon um 1890 waren wir durch Romane, Oramen,
Kritiken mit künstlerischen Umsturzgedanken ganz
durchsetzt. Bilder gleichen Geistes folgten alsbald.
Technik und Thema wurden „modern", wir gerieten
hinein in die internationale Grotzstadtbewegung der
Kunst, wir haben ihren alljährlichen wechsel über uns
ergehen lassen müssen,- wir haben nahezu alle Mög-
lichkeiten der Pinselführung und Kunstanschauung
wie in wüsten Träumen erlebt. Vas Eindringende
wurde nicht nur haltlos nachgeahmt, sondern sinnlos
weitergesponnen. Zuerst mochte es scheinen, als wäre
in dem Pariser Zustrom diejenige Neubelebung ent-
halten, die uns nottat, jetzt aber sehen wir deutlich:
nur die Verkennung des großen Ligengutes unserer
Vergangenheit und die Unkenntnis über die Meister-
leistungen der unter uns schaffenden Neuerer (Feuer-
bach, Menzel, Leibl, Böcklin, Thoma, Haider u. a.)
konnte zu der überschnellen Aufnahme eines weit
überschätzten und verderblich gewordenen Fremdgutes
*) wir entnehmen die nachfolgenden Ausführungen
einem demnächst erscheinenden Buche des bekannten Ma-
lers, das den obenstehenden Titel trägt und bei Herder
in Freiburg i. B. herauskommen wird. Leider gestattet
der Raum nicht, dem Werk noch mehr zu entnehmen, doch
wirdI schon das hier Abgedruckte in vielen den Wunsch
wecken, das Büchlein zu besitzen.
verleiten. Gewiß sind wir von Frankreich angeregt
worden und viele gute deutsche Werke sind im An-
schluß an die Freilichtmalerei entstanden, doch, wohl-
gemerkt: diese ist bei uns durch die formenklaren Bilder
von Bastien-Lepage, nicht durch die saloppen von
Manet eingeführt worden und hat sich bei uns selb-
ständig entwickelt, im Anschluß an eine von unsern
Heimatmalern schon viel früher gepflegte Hellmalerei.
Und das Beste, das wir jetzt haben, verdanken wir
derjenigen rein deutschen Kunstentwicklung, welche
die deutschen Originale von einem Jahrhundert um-
faßt,- diese haben sich innerlich dem pariser Strom
entgegengestemmt. Und zwar um so stärker, je höher
er anschwoll. Jede neue Flutzeit riß mehr hinweg,
als sie brachte, wesensfremde Kräfte drängten sich
vor und schufen wachsende Lntartungszustände in
Deutschland, die denen ihres Ursprungsortes Paris
nahe verwandt sind. Vas zeigt sich: A s
1. im Ausstellungswesen. „Oie großen,
schnell wechselnden Bildermärkte fälschen notwendig
den Charakter der Kunstwerke, indem sie ihre Absicht,
als ein Dauerndes in einen ruhigen Jnnenraum ein-
zugehen, verwischen. In der Ausstellung wird das
Bildwerk nicht heimisch, und, selbst ein unsteter Passa-
gier, bietet es sich vorüberhastenden Betrachtern. Es
muß schnell wirken, denn man gibt ihm nur wenig
Zeit. Und es muß wirken, denn es will nicht über-
sehen werden und will den andern zuvorkommen.
So muß der Künstler diesen Erfordernissen der Aus-