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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 31
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Nichtamtlicher Teil
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Pauske, Willy: Bismarck und die bildende Kunst
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Pflichten gegen die Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0372

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S64

Die Werkstatt der Kunst.

XIV, Heft 31,

entstehendenBismarckdenkmals nach dem Entwurf von
Wilhelm Kreis ist im äußeren Bau vollendet, nur
die Figuren vom Bildhauer hosaeus fehlen noch.
Km I. April sollte der Grundstein für das Vismarck-
Nationaldenkmal am Rhein auf der Elisenhöhe bei
Bingerbrück gelegt werden. Oer Krieg hat die Grund-

steinlegung verzögert, und so ist den Künstlern die
Zeit gegeben, noch an ihren Entwürfen zu feilen.
Oer Architekt Professor Wilhelm Kreis und der Bild-
hauer Hugo Lederer haben seit der Ausstellung der
Entwürfe schon manches geändert und werden das
innerhalb der Grundlinien des planes auch weiter tun.

VMckten gegen äie Runsl.*)

Oie schönen Erfolge unserer Truppen, die vor-
treffliche finanzielle Vorbereitung des deutschen
Reiches und des deutschen Volkes auf diesen Krieg
haben eine durchgreifende Beruhigung der wirt-
schaftlichen Lage herbeigeführt. Mit einem nicht zu
unterschätzenden Geschick hat sich der handel und die
Industrie, soweit sie durch den Krieg von ihren eigent-
lichen Gebieten abgedrängt wurden, auf Erwerbszweige
umzustellen gewußt, die mit den Forderungen des
Tages im Einklang sind.
Oer Ernst der Ereignisse zwingt zu einer stilleren
Lebensführung. Für die wohlhabenden fallen eine
große Menge erheblicher und früher scheinbar für
notwendig erachteter Ausgaben fort. Vie kostspie-
lige Geselligkeit anderer Jahre liegt nicht auf ihrem
Geldbeutel. In schöner Gpferfreudigkeit haben diese
Kreise ihre überschießenden Mittel, und vielleicht
auch mehr, in den Dienst des Vaterlandes gestellt.
Eine Wohltätigkeit in breitestem Umfange, eine Ver-
sorgung des Heeres mit Liebesgaben hat eingesetzt.
Niemand wird behaupten, daß hier zu viel ge-
schehen sei oder genug getan werden könnte, dennoch
darf die Wohltätigkeit nicht ausschließlich da eingrei-
fen, wo die Notwendigkeit in die Augen springt. Es
gibt auch eine verschämte Armut, und sie ist vielleicht
die unterstützungswerteste. Es gibt aber vor allem
Berufe, die durch den Fortfall der Luxusbefriedigung
in ihrem Sein vollkommen untergraben wurden. An
diese Berufe zu denken ist nicht eine Frage der Wohl-
tätigkeit, sondern eine Pflichterfüllung gegen die,
denen das Volk die pflege des Schönen und die Er-
haltung der Ideale verdankt.
wenn wir hier dennoch den Begriff wohltun und
die Förderung der Kunst in einem Zusammenhang
bringen, so geschieht das mit vorbedacht. Tatsächlich
hat man sich in den letzten Jahrzehnten daran gewöhnt,
die Förderung der Kunst als eine Art Almosengeben
zu betrachten, obgleich es keine höhere und schönere
Pflicht für den denkenden, Schönheit verstehenden
Menschen geben kann, als gerade die Kunst zu fördern,
deren Wesen es ist, sich und den Genießenden von der
Erdenschwere des Alltags loszulösen. Allerdings ist
durch die immer mehr überhandnehmende verkrä-

*) Aus dem Maiheft von „Nord und Süd", Verlag
5. Schottländer in Breslau.

von diesem heft stehen den Beziehern der „Werkstatt
der Kunst" beliebig viele Exemplare gegen Einsendung
des Portos zur Verfügung, um diese „Pflichten gegen die
Kunst" recht vielen Leuten ins Gedächtnis rufen zu können.
merung aller unserer Verhältnisse auch die Kunst in
den Handelsbetrieb mit hinabgezogen, durch den
Kunsthandel zum Spekulationsgegenstand gemacht
worden, hierdurch entstand eine eigentümliche Spal-
tung im Vertriebe der Kunst. Vie eine Hälfte mußte
es sich so lange gefallen lassen, den Ankauf als einen
Gnadenatt zu ertragen, bis sie durch den Erwerbs-
sinn eines Händlers oder Sammlers auf einmal in
die zweite Klasse der zum Kunsthandel Zugelassenen
übertreten durfte. Ls braucht nicht noch einmal her-
vorgehoben zu werden, wie ungesund und schädlich
derartiges für unfern Kunstbetrieb ist. Zu einer wirk-
lich freien künstlerischen Betätigung kommt nur der
finanziell unabhängige Künstler,- die andern — und
das ist die Mehrzahl — müssen sich in ihrer Produktion
nach der Liebenswürdigkeit des Kunstfreundes oder
nach gerade durch willkürliche und mit Kunst nur sehr
äußerlich zusammenhängende Gedankenverbindun-
gen sestgelegten Geschmacksrichtungen einstellen und in
beiden Fällen so schaffen, wie es ein früher erreich-
barer Erfolg verlangt. Selbst da, wo sich das Zrei-
heitsgefühl des Künstlers hiergegen sträubt, wird er
doch unwillkürlich durch derartige Erwägungen be-
einflußt.
Vieser Krieg hat mit dem Kunstumsatz zeitweise
ganz aufgeräumt. Zum mindesten aber hat er — und
das werden wir ihm danken — die Haltlosigkeit der
Spekulation in Kunstwerken erwiesen. Auf einmal
mischen sich in die Frage des wertes der Kunst Um-
stände hinein, die scheinbar nichts damit zu tun haben.
Gb ein Bild deutschen, französischen oder sonst wel-
chen Ursprungs ist, ändert an seinem ästhetischen werte
sicher nichts. Dennoch hat bis zum Kriegsausbruch
alles, was französische Kunst war oder schien, eine
höhere Tuote erzielt. Vas ist mit einemmal zu Ende,
und in absehbarer Zeit wird französische Kunst, selbst
wenn sie noch so schön ist oder mit ihren Verfechtern
mit noch so guten Gründen verteidigt wird, in
Deutschland keinen ehrlichen Käufer finden. Vas ist
einerseits gut, andrerseits schlimm. Gut ist es in-
sofern, als dadurch Summen frei werden, die für die
Werke deutscher Künstler aufgewandt werden,- schlimm,
weil alle die, die bisher Kunstwerke aus Spekulations-
zwecken kauften, sich auf andere Wertgegenstände
werfen werden und statt in Bildern in Industrie-
papieren, Staatsanleihen oder dergleichen ihre Gelder
 
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