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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 41
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Nichtamtlicher Teil
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Fahrenkrog, Ludwig: Staat, Akademie und Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0510

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502 Die Werkstatt der Runst. XIV, Heft

Schickt die „Werkstatt der ttunst" ins Seid!
wir wollen init unseren Freunden draußen in Fühlung bleiben. Übergebt der Schrift-
leitung belangreiche Feldpostbriefe zur Veröffentlichung

McktLmrttcber Tett.
Staat, Rkacieniie «ncl Sezession,
von Prof. Fahrenkrog-Varmen.

Also:
1. Der Staat, vor Jahren sagte mir ein
späterer Minister: „Ich will nicht sagen, daß ich was
von Runst verstehe, aber ich begreife sie als Rultur-
faktor und deswegen unterstütze ich die Runst, wo
und wie ich kann. Runst ist Rultur: und wie hoch
ein Volk steht, sieht man an seiner Runst. Natürlich
muß man sich auf seine Ratgeber verlassen, wenn
man nicht selbst Runstsachverständiger ist."
Hiergegen läßt sich nichts einwenden.
Der Staat soll also im eigensten Interesse die
Runst stützen und fördern. Seine Mittel sind Schulen
errichten, Runstwerke ankaufen, sammeln und der
Allgemeinheit zugänglich machen und Aufträge geben.
Alle diese Mittel sind unstreitig geeignet, der Runst
und dem Rünstler zu dienen - ja, letzterem nicht
nur ev. Brot und Leinewand, sondern auch Aufgaben
zu überweisen, an deren Ausführung der Rünstler
sonst zeitlebens unter Umständen nicht denken könnte.
Es kann und muß nur gefordert werden, daß der
Staat ausschließlich nationale Runstinteressen
habe (internationale nur insoweit die nationale Runst
dadurch belebt wird) - und ebenso, daß er sich auf
keine Partei festlege!
2. Die Schule. Sehr gut hat sich hierzu schon
Prof. R. Pfeiffer geäußert. Man soll nicht von einer
Schule verlangen, was sie nicht leisten kann. Sie
kann nicht Genies gebären — sie kann nur Anlagen
entwickeln.
Eine ganz normale Schulung kann aber keinem
Rünstler schädlich sein.
Was aber die Schule unbedingt nicht sein
darf, ist Partei. Die Schule hat nichts mit Partei
oder Mode zu tun — weder negativ noch positiv.
Das war 1894. Da hatte mir der Senat der Akademie
zu Berlin den großen Staatspreis, den ich 1893 er-
hielt, nach Ansehung meines in Rom entstandenen
„Rcce bomos" nicht weiter bewilligt. Er hatte an
der „Hypermodernität" Anstoß genommen. Die Se-
zession hätte mir gerade in diesem Fall beigestanden,
wenn sie schon existiert hätte — aber sie würde in
einem andern Fall vermutlich ähnlich gehandelt haben,
wenn umgekehrt es nicht hypermodern wäre. Das
will sagen: alle sitzen in ihrer Haut und auch die
Vertreter der Schulen sind Menschen. Die Schule
selbst ist an sich keine böse Einrichtung, sie wird nur
bösartig, wenn die Vertreter der Schule zu ver-
knöcherten Parteisekretären werden.

Der Rünstler. Die Sezession ist Partei — das
hindert nicht, daß in ihr bedeutende Rünstler sitzen —
wie auch in jeder anderen Runstpartei — auch unter
den alten Braunmalern — der Rünstler an sich hat
aber ein Interesse daran, daß Staat und Schule von
keiner Partei abhängen — um so mehr, wenn der
Rünstler selbst allein und ohne Partei ist. Allein und
ohne Partei ist aber mehr oder weniger jeder bessere
Rünstler. - Der Gedanke: „daß die Sezessionen besser
als die Akademien geeignet wären, die von ihnen
gepflegte Runst zu einer allgemein gültigen
nationalen Runst auszuweiten", birgt mehr als
einen Irrtum in sich. Soweit wir sehen, stand noch
jede Sezession im Zeichen einer fremdländischen
Mode. Der Einführung der Mode galt ihr Be-
mühen. Ihr Tun war also dem bekämpften Akade-
mismus durchaus verwandt. Ihr Wille war das
Joch und das Dogma — das ist die Enge. Die
Einschnürung hieß bei ihr nur „modern". Und —
überließe man ihr die Akademie, so bliebe die Aka-
demie, wie man sagt, „dieselbe Rulör in Blau".
Solange wir nicht eine Sezession haben, die tat-
sächlich deutsche Runst vertritt - d. i. den weg aus
ihrer deutschen Eigenart nimmt, solange scheint
eine Vertretung der deutschen Runst in Akademien,
d. h. zurzeit, durch eine aus den verschiedensten Rich-
tungen gebildete Einrichtung die beste zu sein.
Zurzeit ist die Frage: „Was ist deutsche Runst?"
noch längst nicht allen genügend klar genug beant-
wortet, als daß man sagen könnte, sie würde von
dieser oder jener Runstmodegruppe vertreten.
Heute eilt fast alles, um sich als deutsche
Richtung anzugeben. Die deutsche Geburt aber ge-
währleistet noch nicht deutsche Runst, wenn auch
immer was hängen bleibt — das wird erst kommen,
wenn wir vom deutschen Geblüt und nicht von
welscher Art ausgehen. Auch das vaterländische
Motiv hat an sich noch nichts mit deutscher Runst
zu tun. Aber wir werden vielleicht am ehesten durch
die Aufdeckung des Gegensatzes (denn dieser besteht)
zwischen deutscher und fremder Art zur Entdeckung
deutscher Runst kommen. Hier auch wäre eine,
deutscher Runstschriftsteller würdige, Mission.
Nicht in dem ewig langweiligen alles in Bausch und
Bogen herunterputzenden Ausstellungsbericht, der kei-
nem nutzt und dient, noch in dem von Parteilichkeit
getragenen Lobhudelerguß — den Forderungen nach
immer Neuestem und Zügellosestem, sondern in dem
 
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