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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 34
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Nichtamtlicher Teil
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Der Krieg und die Kunst - unsere Feinde
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Glenz, Carl: Mäzene
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0415

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XIV, Heft 34.

Die Werkstatt der Kunst.

407

Vas Machwerk wird wohl vorhanden sein, aber Wie dem auch sei: wrrwollen Gelegenheit nehmen,
wir dürfen annehmen, daß es nicht, wie die Iran- auch hieraus die Lehre zu ziehen, daß wir von
zosen behaupten, von einem der „besten italienischen diesen Ausländern, soweit als möglich,- nicht nur
Bildhauer" — den sie vorsichtshalber nicht nennen während des Krieges, sondern auch nachher ab-
— stammt, sondern von einem gewissenlosen fran- rücken!
zösischen Kitscher! v. L.
Mäzene.

von Lar
Früher dachte ich mir Mäzene frei nach Horaz als
Abstämmlinge von Königen, ein Schirm und Schutz
den Künsten und eine süße Freude der Gottbegnadeten.
So war es einst, heut ist Mäzensein genau so gut ein
Geschäft wie jedes andere. Direkt oder indirekt.
Man spekuliert mit den Kunstwerken, die man sich
ersteht, wie mit Börsenpapieren, und man schafft
sich Kredit durch die Künstler, mit denen man ver-
kehrt.
Ls gibt Mäzene mit und ohne Absicht. Vie letzteren
sind eigentlich gar keine, denn sie fördern die Kunst,
ohne es zu wollen,- nur um sich selbst in den Besitz einer
Annehmlichkeit zu bringen, unterstützen sie die Musen-
kinder. Sie kaufen sich ein Konzertbillett, weil sie
gern Musik hören und ein Bild, weil es ihnen gefällt,
ver wahre Mäzen, der sich als solcher fühlt und auf-
tritt, bekommt das Billett erstens geschenkt, zweitens
geht er nicht hin und drittens, wenn er es doch tut,
stöhnt er und tadelt in einem letzten Gefühl von
Scham, um seine Unabhängigkeit von der Gratiskarte
zu beweisen.
Oer Bildmäzen malt selber, füllt die Eröffnungen
der Ausstellung, weiß alles besser und kauft sich ein
Lotteriebillett. Nur wenn eine Kunstschau zugleich
Vergnügungsstätte ist, wo es warme Würstchen und
Militärmusik gibt, abonniert er sich. Macht er ein
Haus, so zieht er Künstler an sich und erweckt in ihnen
Hoffnungen. Er läßt sich Bilder zur Ansicht schiaen
und hängt sie auf, um sie, falls er sich an ihren Anblick
gewöhnen sollte, zu kaufen, gerät aber regelmäßig
in rapiden Vermögensverfall, wenn er daran erinnert

l Glenz.
wird. Durch geheimnisvolle Bemerkungen deutet er
an, daß er zur allmächtigen Kritik die engsten Be-
ziehungen habe, daß bei ihm Müller und Schultze ver-
kehren, deren Protektion für den Jünger unschätzbar
sei, und allmählich schlingt sich um sein Haupt eine
unverwischbare Aureole. Seine wände füllen sich
mit eigenhändig gewidmeten Bildern aller Berühmt-
heiten, seine Räume an regelmäßigen Tagen mit
begeisterten Menschen, seine Brust mit Orden und
sein Klingelschild mit Titeln.
hat der Künstler sich im Laufe des Winters durch
alle Mäzenatenhäuser durchgefuttert, fühlt er die
Verpflichtung, nun seinerseits für die gehabten Ge-
nüsse dankbar zu sein. Er gibt, je nach der Muse, die
ihn treibt, einen musikalischen Tee oder veranstaltet
eine Atelierausstellung. Manchmal vereinigt er auch
alle drei Tücken, lädt zum chinesischen Trank, zeigt
seine Werke und erheitert die Schar seiner Gönner
durch Melodien, so selbst zum Mäzen werdend. Solche
Zusammenkünfte stellen Reinkulturen unzweifelhaf-
ter Mäzene dar und haben ihren unleugbaren Nutzen.
Für beide Teile. Vie Mäzene können einfach dem
nicht entgehen, die Kunst des Gastgebers zu bewun-
dern, während sie in ihrem eigenen Hause sicher ein
stilles Gemach haben, wohin sie sich zurückziehen
und den geladenen Freunden es überlassen, die
begönnerten Schallwellen in sich aufzunehmen. Nur
Bildwerken kann man durch Schließen der Augen
schlimmstenfalls entgehen, vielleicht schafft die Natur
mit der Zeit noch präventive Ohren- und Nasen-
klappen !

vmfckau.
Vas ENerne Kreuz im RunNgeverbe.

Zm „Kunstwart" finden wir folgende beachtens-
werten Worte:
Ist es wie irgendein andres Kreuzchen, Sternchen,
Kringelchen, Schwänzchen, das man überall an-
bringen kann? „Aber!", sagt nicht nur der Leser, son-
dern im Brustton auch jeglicher Warenfabrikant, der's
mißbraucht: „aber nicht doch! Ls ist was besonders
Wertes, Ernstes, es ist ein Sgmbol dieser großen Zeit!"
Darum setzt er das Sgmbol der großen Zeit auf Tassen
und Teller, Zigarrenständer und Zigarettendosen.
Damit wir dran denken, Sie wissen ja: an die große
Zeit. Fänden wir das Eiserne Kreuz nicht an der
Tasse, wir vergäßen sie vielleicht vor Kaffee. Deshalb
auch das Eiserne Kreuz so naturgetreu, versteht sich,
wie möglich, auf den Tassen, deren Originale noch

dazu einer der Fabrikanten mit künstlerischen Ambi-
tionen auf dem Gewissen hat: mit dem W, der Krone
darüber und der Jahreszahl, ja, auch noch mit Ring
und Band, als sei der Tasse das Eiserne angehängt
worden. Entsprechend das Portemonnaie, die Tabak-
tasche, die Bonbondose. Und so weiter. Piepenbrink
will von Eisernen Kreuzen löffeln, naschen, paffen.
Man muß verstehn: das ist „sinnig". Und überdies ist
es auch „patriotisch".
Unsereiner aber denkt zweierlei.
Erstens: eben weil das Eiserne ein Sgmbol großer
Stimmung, wollen wir für unser Teil es überhaupt
nicht auf jedem Träger einer kleinen. Wollen es
nicht „auf jedem Pfeifenkopf", auf Döschen, Büchs-
chen, Messerschälchen, Aschbechern und Marmelade-
töpfchen. Großes ist ja nicht süß, nett und reizend,
 
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