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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 39
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Nichtamtlicher Teil
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Volz, Robert: Künstler als Museumsleiter
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Pfeiffer, Richard: Staat - Akademie - Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0484

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Die Werkstatt der Kunst.

XIV, Heft 39.

H76

muß dieses Ziel richtig verfolgt werden, vorsichtig
und langsam allein kann eine Vertiefung und Aus-
breitung künstlerischen Verständnisses und damit in-
nerer Bereicherung mit Erfolg vor sich gehen. Doch
würde es zu weit abführen, hier auch nur Richt-
linien anzugeben.
So bringt diese Untersuchung, ohne daß damit

eine erschöpfende Behandlung des Gegenstandes be-
hauptet werden soll, das Ergebnis: Als Museums,
leiter grundsätzlich nur Kunstgelehrte; Ausnahmen
ergeben sich von selbst!
Daß wir nicht auf diesen Standpunkt stehen, haben
wir in diesen Blättern bereits gesagt!
Die Schriftltg.

Staat — Ukaciemie — SezeMon.
(Bemerkungen zu dem Aufsatz K. Schefflers in der „w. d. K.
von j)rof. Rich. j)feiffer,

Leider sind auf die Veröffentlichung des Artikels
Staat — Akademie — Sezession in Nr. 38 bisher nur
sehr spärliche Entgegnungen eingelaufen. Bei der Wich-
tigkeit der Frage richten wir nochmals die ausdrückliche
Bitte an unsere Leser, dazu Stellung zu nehmen.
Liner ersten Aeußerung geben wir im Nachstehenden
Raum.
wenn man die staatlichen Akademien aufheben
würde, so würde man mit Erstaunen bemerken, daß
in ganz kurzer Zeit sich ganz was Aehnliches neu-
gebildet hat, wie auch die wildesten Revolutionäre
beweisen, wenn sie mit Ernst zu unterrichten an-
fangen! was man Akademismus nennt, ist nicht
Eigentümlichkeit oder Produkt der Akademien, son-
dern ein geistiger Zustand, der „in und außer der
Mauer" blüht. Frische und Abgelebte hier wie da.
In Frankreich z. B., wo man wenigstens in den
Ministerien nicht von starrem System reden kann
und die Kommissionen alle sH Tage neue Mitglieder
haben, sind die Staatsankäufe durchschnittlich mehr
als „akademisch". Das wird ewig der allem Re-
volutionär-Ungeprüften abholde Geschmack des Volkes
bleiben.
Nun sagt man, daß die Staatsakademien schäd-
lich sind, weil sie lediglich Mittelmäßigkeiten erziehen.
Hierzu muß man sagen: Jede Art von planmäßiger
Schulung muß auf den Durchschnitt eingestellt sein.
Die Aufzucht eines guten Durchschnitts ist auch
keineswegs verächtlich, selbst in der Kunst nicht,
sondern sogar etwas außerordentlich wichtiges.
Ls gibt keine Methoden, Talente mit Sicherheit
zu erkennen.
Kunst im engsten Sinne ist Kraft und
nicht übertragbar! Genies können wir auf keine
Art züchten. Aber eine gute Durchschnittsschulung
hat noch kein Genie ruiniert. Im Gegenteil: ge-
rade die handwerkliche Gebundenheit früherer Zeiten
gab den großen Künstlern der Vergangenheit das
außerordentlich Organisch-Gewachsene und verhinderte
die moderne Kluft zwischen Volk und Künstler.
Die Akademien sollen auch reaktionär wirken
und alle neulebendigen Kräfte abstoßen. Dazu kann
man bemerken, daß eine Schule (gleichviel welcher
Art) sich nicht zum Tummelplatz für Tagesgrößen
und Tagesfragen machen darf, ohne sich selbst zu
vernichten.
Die Bedeutung der Akademie liegt darin, daß
sie die Trägerin der Tradition sein soll.

", Heft 38.)
Königsberg i. pr.
Gegner der Akademien kann nur der sein, der das
nicht berücksichtigt. Sie soll lediglich ein gewisses
Maß von handwerklich-formalem Können vermitteln.
Der gute Studienkopf und Akt ist normalerweise ihr
höchstes Produkt. Und wem das zu wenig ist, weiß
nicht, was er redet. Genies lassen sich nicht er-
ziehen. Und der Akademie einen Vorwurf aus
solcher Selbstverständlichkeit zu machen, ist unweise.
Der widerstand, welchen diese Einrichtungen
den kunstrevolutionären Tagesbestrebungen entgegen-
stellen, ist demnach durchaus berechtigt. In Kinder-
stuben gehören Dispute um die letzten Dinge nicht.
Man mache sich einmal den Scherz, die großen
Kunstzeitschriften der letzten Jahrzehnte durchzulesen!
welch ein ungeheuer rascher wechsel der Anschauung
über das, was Kunst ist! Soll etwa die Tages-
ansicht die Grundlage der Kunsterziehung bilden?
wir wünschen, daß an die Stätte der Bildung
keine Verwirrung gebracht wird und müssen es dem
Neuen überlasten, seine Kraft erst durch Dauer-
haftigkeit zu erproben. Im übrigen bauen gerade
unsere Akademien in ganz erstaunlich kurzer Zeit
die modernen Elemente in ihren Organismus ein.
So wirkt sie bei der sehr liberalen Art, mit der sie
geleitet werden, heute noch als die beste, freieste
und billigste Gelegenheit, was zu lernen. Sie wird
auch in der Tat sogar von denen eifrig benutzt,
welche in ihr allen verderb sehen.
Nun könnte ich mir auch noch idealere Systeme
der Künstlerbildung denken, z. B. die Erziehung an
großen Werken überpersönlicher Art, wie sie die
Alten schufen, mit Meister- und Lehrlingsverhältnis
und allem andern, wer aber sieht nicht, daß hier-
zu geistige und soziale Gemeinsamkeiten gehören, die
man eifrig auszurotten bestrebt war? wie kann
etwas derartiges gedeihen, wenn man nur die Ent-
deckung von Neuland als künstlerische Tat gelten
ließ? Aber wie kann auch Meisterschaft bei
solchem Geiste gedeihen, der ewig nur nach neuen
Reizen ausfieht?
Große nationale Kunst muß, wie alle Kunst-
kulturen beweisen, eine sehr große Dosis von tradi-
tionellen Elementen haben, was die meisten Mo-
dernen wohl als Langeweile ansprechen würden.
Sie darf nicht überraschen wollen und auf „Wir-
kung" ausgehen. Denn die „Neuheit" widerspricht
dem Begriff der Dauer. Die höchsten Wahrheiten
 
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