Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0540
DOI issue:
Heft 43
DOI article:Nichtamtlicher Teil
DOI article:Pudor, Heinrich: Kreuz und Kreuzeszeichen
DOI article:Fahrenkrog, Ludwig: Vaterländische Kunstpflege
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532
Die Werkstatt der Kunst.
XIV, Heft HZ.
wo. Auch auf die Münzen und Siegel geht dieses
Zeichen über mit dem Unterschied, daß der Kreis
dann als sogenannter Reichsapfel dargestellt wird.
Schon auf einer Münze des Kaisers Augustus finden
sich drei Kugeln abgebildet mit dem Namen der
damals bekannten drei Erdteile. Bei einer Menge
späterer Kaiser ist die Kugel von einer Siegesgöttin
gekrönt und befindet sich in der Hand des Kaisers,
von den beiden Elementen des späteren Zeichens
und Wappens, Kreis und Kreuz, ist also der erstere
als Kugel von den Römern übernommen. Die
Siegesgöttin wurde in christlicher Zeit durch das
Kreuz ersetzt. Reichsapfel und Kreuz gingen so auf
die byzantinischen und deutschen Kaiser über. Auf
dem Siegel des Königs Richard von Cornwall
((209 — (272, im Zahre (256 nahm er das Kreuz),
von dem die preußische Königskrone herrührt, trägt
der König in der linken Hand den Reichsapfel mit
Kreuz, so wie ihn die Stadt Mstrowo im Wappen
führt. Als Weltkugel mit dem Doppelkreuz sym-
bolisierte das Zeichen die christliche Weltherrschaft.
Der Kreis wird wohl auch weggelassen und aus
dem Kreuz wird ein Altarkreuz mit Füßen, dazwischen
das Monogramm. Seltener wird das Kreuz fort-
gelassen; in diesem Falle wird der Kreis verdoppelt
und inmitten das Monogramm gesetzt (so schon
(H99 in Mailand): hier haben wir die Urform
unseres Stempels vor uns. Auch das Münzen-
und Briefmarkenzeichen geht auf diese Form zurück.
Der italienische Drucker Gabriel de Grassis de Papia,
Venedig (H83, hat aus dem Kreis ein 6 gemacht
so auch der Spanier Diego de Gumiel, (H9^—(8),
das sich nach oben in ein Doppelkreuz fortsetzt.
Hin und wieder wird aus dem Kreis ein Herz ge-
macht. Oder in dem Kreis wird das Zentrum
durch einen Punkt markiert; so wird aus der Welt-
kugel die Sonne.
Der Kreis vertritt aber auch den kreisrunden
Schild, und der Schild wird alsdann auch wohl in
die übliche Form umgewandelt. Entweder wird
alsdann Kreuz und Kreis innerhalb der Wappen-
form oder das Kreuz mit Monogramm auf Wappen
dargestellt. Lines der ältesten Signets ist dasjenige
des Sixtus Russinger de Argentina, Neapel, aus
dem Zahre (H78, einen jungen Mann darstellend,
der sich einen Schild vorhält, auf dem ein Pfeil
und ein Bogen über Kreuz dargestellt ist. Diese
Darstellung ist fast ohne jede Nachfolge geblieben.
Und doch ist der Pfeil das Bild der Rune des
Schlachtengottes Tyr, während die Hr-Rune den
aus Libenholz gemachten Bogen darstellt.
Aelter noch als das oben erwähnte Signet ist
dasjenige der deutschen Drucker Fust und Schöffer
in Mainz, welche (H57 das psalterium und (H62
die lateinische Bibel Herausgaben mit dem bekannten,
zwei an einem Ast hängende Schilder darstellenden
Zeichen.
Or. Paul Kristeller („Die italienischen Buch-
drucker- und Verlegerzeichen bis (525") nimmt an,
daß das Zeichen des geteilten Kreises überhöht vom
Doppelkreuz nicht spezifisches Drucker- und Verleger-
zeichen sei und will die Frage offen lassen, welchen
Ursprung es habe. Die häufige Wiederholung
komme daher, daß das Signet eines sehr bedeuten-
den Druckers nachgeahmt wurde. Und zwar sei
dies die Hausmarke des Zohannes de Colonia
(Johannes von Köln), der nach der Sitte der
Drucker seiner Heimat diese Marke den Druckwerken
beifügte, wir suchten dagegen oben schon darzutun,
daß dieses Zeichen allgemein die christliche Welt-
herrschaft (die Welt im Zeichen des Kreuzes) sym-
bolisiere. wenn man daher gesagt hat, daß die
Druckerzeichen aus den Hausmarken entstanden sind,
so gilt dies eben insoweit, als das Kreuz nach Ein-
führung des Christentums aus dem Zeichen der
gekreuzten Stäbe zu dem des aufrechten Kreuzes
wurde. Die deutschen Drucker gingen übrigens
sehr bald zu ausführlichen symbolischen Darstellungen
über, während die italienischen lange die ursprüng-
liche Form beibehielten.
ValerlanäUcke Runklpflege.
von Prof. Fahrenkrog, Barmen.
Der Aufsatz „Nationale und internationale Kunst-
pflege" von Emil Waldmann (Nr. 42 der W. d. K.) sagt
wörtlich: „Man kann also paradox sagen, daß das
nationale Herz erst jenseits der lOOOO-Mark-Grenze
an zu schlagen fängt." — Das ist eine Unterstellung,
die auch vom Verfasser empfunden und deshalb abzu-
schwächen oder als harmlos hinzustellen versucht wurde.
Sie bleibt aber glücklich im Unterbewußtsein bestehen.
Wenn der Herr Verfasser dann vorher noch be-
hauptet, daß die Abneigung gegen die Franzosen
nichts weiter als die alte instinktive Abneigung der
Mittelmäßigkeit gegen das wahre Talent sei, so ist
das ,in sachlicher Angelegenheit ein persönlicher
Angriff gegen jeden, der ehrlich und sachlich für
deutsche Kunst eintrat. Dann aber auch ist es eine
völlig willkürliche Wertung der in Betracht kommen-
den Faktoren, die durch nichts berechtigt ist, als nur
durch das französische Maß, mit dem Verfasser mißt.
— Und weiter: „3m geistigen Gebiet muß man
einfach nach dem Höheren und Höchsten greifen, das
man erreichen kann." - Nichtig, es fragt sich nur,
welches das Höhere und Höchste ist.
Wer bestimmt das und womit?
Wenn desgleichen vermerkt wird, wir wendeten
uns nur wider die Franzosen, nicht gegen Spanier,
Schweden und Engländer — so zeigt sich eben hierin
die deutsche Langmut und Geduld, die endlich aber
doch — wenn eben sich der Fremdkörper zu einer
nationalen und künstlerischen Gefahr auswächst
— wie in bezug auf die Franzosen — einmal reißt.
Die Wahrung nationaler Kunst und Würde (bei
Schiller deckt sich beides) ist schließlich doch ein Ideal
Die Werkstatt der Kunst.
XIV, Heft HZ.
wo. Auch auf die Münzen und Siegel geht dieses
Zeichen über mit dem Unterschied, daß der Kreis
dann als sogenannter Reichsapfel dargestellt wird.
Schon auf einer Münze des Kaisers Augustus finden
sich drei Kugeln abgebildet mit dem Namen der
damals bekannten drei Erdteile. Bei einer Menge
späterer Kaiser ist die Kugel von einer Siegesgöttin
gekrönt und befindet sich in der Hand des Kaisers,
von den beiden Elementen des späteren Zeichens
und Wappens, Kreis und Kreuz, ist also der erstere
als Kugel von den Römern übernommen. Die
Siegesgöttin wurde in christlicher Zeit durch das
Kreuz ersetzt. Reichsapfel und Kreuz gingen so auf
die byzantinischen und deutschen Kaiser über. Auf
dem Siegel des Königs Richard von Cornwall
((209 — (272, im Zahre (256 nahm er das Kreuz),
von dem die preußische Königskrone herrührt, trägt
der König in der linken Hand den Reichsapfel mit
Kreuz, so wie ihn die Stadt Mstrowo im Wappen
führt. Als Weltkugel mit dem Doppelkreuz sym-
bolisierte das Zeichen die christliche Weltherrschaft.
Der Kreis wird wohl auch weggelassen und aus
dem Kreuz wird ein Altarkreuz mit Füßen, dazwischen
das Monogramm. Seltener wird das Kreuz fort-
gelassen; in diesem Falle wird der Kreis verdoppelt
und inmitten das Monogramm gesetzt (so schon
(H99 in Mailand): hier haben wir die Urform
unseres Stempels vor uns. Auch das Münzen-
und Briefmarkenzeichen geht auf diese Form zurück.
Der italienische Drucker Gabriel de Grassis de Papia,
Venedig (H83, hat aus dem Kreis ein 6 gemacht
so auch der Spanier Diego de Gumiel, (H9^—(8),
das sich nach oben in ein Doppelkreuz fortsetzt.
Hin und wieder wird aus dem Kreis ein Herz ge-
macht. Oder in dem Kreis wird das Zentrum
durch einen Punkt markiert; so wird aus der Welt-
kugel die Sonne.
Der Kreis vertritt aber auch den kreisrunden
Schild, und der Schild wird alsdann auch wohl in
die übliche Form umgewandelt. Entweder wird
alsdann Kreuz und Kreis innerhalb der Wappen-
form oder das Kreuz mit Monogramm auf Wappen
dargestellt. Lines der ältesten Signets ist dasjenige
des Sixtus Russinger de Argentina, Neapel, aus
dem Zahre (H78, einen jungen Mann darstellend,
der sich einen Schild vorhält, auf dem ein Pfeil
und ein Bogen über Kreuz dargestellt ist. Diese
Darstellung ist fast ohne jede Nachfolge geblieben.
Und doch ist der Pfeil das Bild der Rune des
Schlachtengottes Tyr, während die Hr-Rune den
aus Libenholz gemachten Bogen darstellt.
Aelter noch als das oben erwähnte Signet ist
dasjenige der deutschen Drucker Fust und Schöffer
in Mainz, welche (H57 das psalterium und (H62
die lateinische Bibel Herausgaben mit dem bekannten,
zwei an einem Ast hängende Schilder darstellenden
Zeichen.
Or. Paul Kristeller („Die italienischen Buch-
drucker- und Verlegerzeichen bis (525") nimmt an,
daß das Zeichen des geteilten Kreises überhöht vom
Doppelkreuz nicht spezifisches Drucker- und Verleger-
zeichen sei und will die Frage offen lassen, welchen
Ursprung es habe. Die häufige Wiederholung
komme daher, daß das Signet eines sehr bedeuten-
den Druckers nachgeahmt wurde. Und zwar sei
dies die Hausmarke des Zohannes de Colonia
(Johannes von Köln), der nach der Sitte der
Drucker seiner Heimat diese Marke den Druckwerken
beifügte, wir suchten dagegen oben schon darzutun,
daß dieses Zeichen allgemein die christliche Welt-
herrschaft (die Welt im Zeichen des Kreuzes) sym-
bolisiere. wenn man daher gesagt hat, daß die
Druckerzeichen aus den Hausmarken entstanden sind,
so gilt dies eben insoweit, als das Kreuz nach Ein-
führung des Christentums aus dem Zeichen der
gekreuzten Stäbe zu dem des aufrechten Kreuzes
wurde. Die deutschen Drucker gingen übrigens
sehr bald zu ausführlichen symbolischen Darstellungen
über, während die italienischen lange die ursprüng-
liche Form beibehielten.
ValerlanäUcke Runklpflege.
von Prof. Fahrenkrog, Barmen.
Der Aufsatz „Nationale und internationale Kunst-
pflege" von Emil Waldmann (Nr. 42 der W. d. K.) sagt
wörtlich: „Man kann also paradox sagen, daß das
nationale Herz erst jenseits der lOOOO-Mark-Grenze
an zu schlagen fängt." — Das ist eine Unterstellung,
die auch vom Verfasser empfunden und deshalb abzu-
schwächen oder als harmlos hinzustellen versucht wurde.
Sie bleibt aber glücklich im Unterbewußtsein bestehen.
Wenn der Herr Verfasser dann vorher noch be-
hauptet, daß die Abneigung gegen die Franzosen
nichts weiter als die alte instinktive Abneigung der
Mittelmäßigkeit gegen das wahre Talent sei, so ist
das ,in sachlicher Angelegenheit ein persönlicher
Angriff gegen jeden, der ehrlich und sachlich für
deutsche Kunst eintrat. Dann aber auch ist es eine
völlig willkürliche Wertung der in Betracht kommen-
den Faktoren, die durch nichts berechtigt ist, als nur
durch das französische Maß, mit dem Verfasser mißt.
— Und weiter: „3m geistigen Gebiet muß man
einfach nach dem Höheren und Höchsten greifen, das
man erreichen kann." - Nichtig, es fragt sich nur,
welches das Höhere und Höchste ist.
Wer bestimmt das und womit?
Wenn desgleichen vermerkt wird, wir wendeten
uns nur wider die Franzosen, nicht gegen Spanier,
Schweden und Engländer — so zeigt sich eben hierin
die deutsche Langmut und Geduld, die endlich aber
doch — wenn eben sich der Fremdkörper zu einer
nationalen und künstlerischen Gefahr auswächst
— wie in bezug auf die Franzosen — einmal reißt.
Die Wahrung nationaler Kunst und Würde (bei
Schiller deckt sich beides) ist schließlich doch ein Ideal