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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 37
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Nichtamtlicher Teil
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Ganske, Willy: Glossen zur Kunstkritik
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Osterrieth, Armin: Die Märkische Reiseausstellung "Rund um Berlin"
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0455

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XIV, Heft 37.Die Werkstatt der Kunst. HH7

täuschen. Sie müssen mit den schärfsten Waffen der
Kunstkritik bekämpft werden, aber auf den ehrlich
kämpfenden, neue Bahnen schreitenden, schöpferischen
Künstler, der schwer ringend neue malerische Pro-
bleme sucht, soll man nicht die Schale des Spottes
ausgießen. Gewiß es war vor dem Kriege ein ge-
wisses Artistentum bei dem künstlerischen Nachwuchs
aufgetaucht, aber diese Tastenden können doch, wenn
sie auch viel von sich reden machten, nicht die Tat-
sache verdunkeln, daß wir eine große Zahl bedeuten-
der deutscher Kunstkräfte und entwickelungsfähiger
Talente besitzen. Das vergaßen jene Kunstschrift-
steller ganz, die beim Beginn des Weltkrieges über
die deutsche Kunst herfielen und ihr eine „verhäng-
nisvolle Neigung des Deutschen zum Ausländischen"
vorwarfen und laut und vernehmlich eine „nationale
Kunst" forderten. Die frommen wünsche dieser
Kunstmacher sind nur leere graue Theorien und ent-
behren jedes Wirklichkeitssinnes. Wan kann doch
die ernsten Vertreter der deütschen Kunst nicht für
die Horde belangloser Nachäffer verantwortlich
machen, die jeder fremden Kunstmode nachlaufen.
Diese Schlacken des deutschen Kunstlebens hat die
Kriegszeit schnell hinweggefegt.
Kein geringerer als der hervorragende Kunsthisto-
riker Professor Or. woelfflin hat diese unberechtigten
vorwürfe vor einiger Zeit in einem freien Vortrag
„Das Nationale in der Kunst" sehr glücklich zurück-
gewiesen. Er sagte: „wenn man die Dinge im
Großen betrachtet, als Historiker, so ergibt
sich, daß die Berührung mit dem Fremden
in der Folge stets von größter Fruchtbar-
keit war. Die deutschen Künstler haben wohl das
Fremde ergriffen, aber in dem, was sie gebracht
haben, lagen stets Elemente, die nachher mit dem
Heimatlichen die fruchtbarste Verbindung eingingen.
Geheimrat woelfflins Ausführungen über die
deutsche Architektur schlossen mit folgenden Fest-
stellungen: „wenn man sagen kann, es gebe eine
einheitliche Linie von der Gotik durch die Renaissance
in den Barock herein, so will das nichts anderes
bedeuten, als daß es eben eine einheitliche deut-

sche Architektur gibt, die nach den einzelnen
Stilen eine verschiedene Physiognomie an-
nehmen kann, ohne daß die Gotik, die Re-
naissance, der Barock etwas gänzlich Neues
bedeuten.
Die Wissenschaft hat den Schritt unternommen,
der sie zu dem einen durchgehenden deutschen
Stil führt. Die lebende Architektur zeigt gleiche
Art. Das historische Jahrhundert ist abgelaufen, es
meldet sich ein neues, nicht als ein Bruch mit der
Vergangenheit, wohl aber hinhorchend auf jene Me-
lodien, die in unterirdischen wassern rauschen, wenn
der gegenwärtige Krieg geschlagen sein wird, dann
werden die Tempel des Friedens nicht in italienischer
Renaissance gebaut, aber auch nicht in einem ande-
ren Stil der Vergangenheit. Der Begriff der Re-
naissancekunst wird zu eng sein; es ist möglich, daß
die neue Bewegung, die sich jetzt in Einzelheiten
und Ansätzen zeigt, sich zusammenschließt zu einem
Einzigen, Großen, damit wir eine Renaissance er-
leben, eine Wiedergeburt des deutschen Geistes aus
sich selber."
Diese bezwingenden Ausführungen woelfflins
sollte sich ein Zeder zum Leit- und Richtsatz nehmen,
der über dem kleinlichen und oft so gehässigen Kunst-
hader unserer Zeit steht, wir haben eine deut-
sche Kunst. Sie leidet unter dem Kriege schwer,
aber sie wird stolz wieder ihr Haupt erheben, wenn
der Frieden im Lande ist. Dann werden die deut-
schen Künstler auch Zeit finden, die Synthese des
Weltkrieges in ihren Werken künstlerisch zu ver-
geistigen. Jahre ernster Arbeit werden dazu nötig
sein, bis sich die flüchtigen Impressionen zu monu-
mentalen Kunstgebilden verdichten können. Die
Theorien der Kunstpropheten aber, die der deutschen
Kunst von heute auf morgen eine neue Wendung
geben wollten, werden dann längst verblaßt und
vergessen sein. Möchten sie doch endlich einsehen,
daß der Kunstkritiker wohl der Richter des schlechten
Künstler sein darf, aber der Diener des Großen sein
muß. Die Kunst ist für das deutsche Volk da, nicht
für die Kunstschriftsteller.

Vie Märkische lieifeausIleUung „vuncl um kerlin".
von Vr. Armin Gsterrieth.

Der Krieg, der unser aller Leben bis ins kleinste
beeinflußt, wird nicht verfehlen, seine Wirkung auch
auf den Reiseverkehr während des Sommers zu
äußern. Das Ausland, die Seebäder, das Hoch-
gebirge werden den deutschen Reisenden mehr oder
weniger verschlossen sein. Und ein ganzer Teil der
Bewohner der Großstädte wird übrigbleiben, der
es sich überhaupt wird versagen müssen, in diesem
Jahre weitere Reisen zu unternehmen und der darum
auf die nähere oder weitere Umgebung der Heimat
beschränkt bleiben wird. Denn einmal wird der
militärpflichtige Teil der Bevölkerung, soweit er
nicht schon zu den Fahnen gerufen ist, an die Hei-

mat gebunden sein und ferner wird der größte Teil
aller Beamten sowohl wie der Privatangestellten sich
in diesem Sommer eines Urlaubs nicht zu erfreuen
haben. Folge dieses Zustandes wird sein, daß die
nährere und weitere Umgebung der Großstädte, —
also für Berlin die Mark Brandenburg und zum
Teil Mecklenburg — während dieses Sommers eine
im vergleich zu früheren Jahren unverhältnis-
mäßig große Zahl von Erholungsbedürftigen auf-
zunehmen haben wird. Diese Erwägung hat dazu
geführt, die Vorbereitungen zu treffen, in diesem
Sommer für den gesamten märkischen Reiseverkehr
in Berlin eine Zentrale zu schaffen und an diese
 
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