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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 17
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Redaktioneller Teil
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Ostermayer, Ernst Ludwig: "Auge um Auge"
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Heilmeyer, Alexander: Krieg, Kunst und Geschäft
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0206

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Die Werkstatt der Runst.

XIV, Heft 17.

198

heit befinden, jetzt gilt es in allem Wahrheit und
Kraft, aber starke selbstbewußte Kraft zu zeigen und
zu bewahren, auf daß derartige Urteile künftighin
auch nicht mehr die leiseste Berechtigung haben.
München, im Januar 1915.
Ernst L. Ostermeyer.
Krieg, Kunst uncl Geschäft.*)
von Alexander Heilmeyer.
Der Krieg, so folgert man aus Stimmungsberichten
der Blätter, drängt jede ruhige Bildung und Entwicklung
zurück. „In diesem ,Chaos' der Welt habe die Stimme
der Musen zu schweigen, denn Mars regiere jetzt die Stunde!
Das gewaltige Erlebnis des Krieges habe uns gezwungen,
alle Dinge umzudenken — unser Weltbild völlig neu zu
orientieren." Solche Bekenntnisse mögen zum Teil persön-
lich echt und wahr empfunden sein, zum anderen Teil ent-
halten sie aber nichts anderes als das Eingeständnis eigener
Schwäche. Soweit moderne Kunstblätter und moderne Kunst
in Frage kommen, ist diese Ratlosigkeit auch begreiflich.
Denn dieser moderne Kunstbetrieb, wie er sich auch in
unserer verfahrenen Kunstpolitik enthüllt, war in der Strö-
mung internationalen Kunsthandels jedem wind der Mode
und jeder Konjunktur des Marktes, jedem Manöver ge-
rissener Kunstjobber und Makler preisgegeben. Das „Lhaos"
war also schon vor dem Kriege da. Der impotente Futu-
rismus und der von Pinselvirtuosen und technischen Raffi-
neuren zu Tode gemalte Impressionismus beweisen es.
Daß diese natur- und kunstlosen Gesellen gänzlich abge-
wirtschaftet haben, bezeugen ihre jämmerlichen Produkte
vaterländischer graphischer Kunstblätter. Ja, hätte es noch
irgendeines Beweises für diese im Innersten leere und
ausgeklügelte Kunst bedurft, so würde er durch diese jäm-
merlich armseligen Kriegsblätter erbracht. — Aesthetische
Kaffeehauskriegsphantasien kriegsuntauglicherSchwabingerl
Das also ist das Kriegsmanisest der Sturmleute, „die künst-
lerische Umwertung der massiven Dynamik des Lebens in
die Konstruktion und in eine abstrakte Oberfläche". Das
ist die Materie Kandinskys und Genossen I Ein neuer
Beweis, wie kindlich ratlos diese „neue Kunst" vor den
Aufgaben der Kunst unserer Zeit steht. Es fehlt ihr an
allem. Ist die Empfindung unwahr, ist es auch die Form,
was bedeutet da das Schlagwort vom „Linrücken in die
Linie". Aber da raunt und rauscht es schon wieder lieb-
lich durch den Blätterwald: Zurück zur alldeutschen Kunst,
zu Dürer und Holbein. Merkantilanpassungssähig und ge-
schmeidig, wie der deutsche Kunsthandel und die durch ihn
genasführten Künstler sind, nehmen sie auch bereits die
Richtung auf unsrer Väter Werke, wenn uns diese Strö-
mung wenigstens den Sinn für die innere Ertüchtigung
und Vertiefung erschlösse und an Stelle des so problema-
tisch gewordenen greisenhaften Kunstschaffens wiederum
Anschluß an unsere geschichtlich gewordene Form, eine ein-
fache, volkstümliche deutsche Kunst brächte, wären wir
glücklich. Gb dies der so unendlich differenzierten, pro-
blematisch gewordenen Malerei gelingt?
Doch uns obliegt nicht so sehr die Sorge um Malerei
und Graphik, wir wollten nur daran zeigen, wie fympto-

*) Aus der „Plastik", illustrierte Zeitschrift für die
gesamte Bildhauerei und Bildnerei Heft s2, Ver-
lag Georg D. w. Lallwey, München.

matisch ihr Gebühren und wie unzulänglich ihre Leistungen
in dem Augenblick geworden sind, wo auf allen anderen
Lebensgebieten ein entschiedenes Erstarken aller Kräfte
wahrgenommen werden kann. Dieser Augenblick verlangt
auch viel mehr als alle anderen Künste, die Plastik. Immer
war sie die Kunst nach dem Kriege. Denn man forderte
von ihr das nächste: Denkmäler I wie steht es daher um
unsere Plastik? wenn sie nur einer jener vorwürfe träfe,
die wir gegen Malerei und Graphik erhoben, wäre auch
sie der kommenden Aufgaben nicht gewachsen. Aber gott-
lob ist es hier anders. Hier vollzieht sich eine entschieden
aufwärtsstrebende Entwicklung im ruhigen Gehaben selbst-
sicherer Kraft. Iu dieser Kunst, die sich bereits im Zu-
sammenarbeiten mit der Architektur glänzend bewährt hat,
wird keine der unsicheren, nervösen Stimmungen fühlbar.
Ueberall ein ruhiges, stetes, zielbewußtes Arbeiten, lieber-
all, in München, in Berlin, Wien, in Dresden, Stuttgart,
Nürnberg, Darmstadt, ein besonnenes wiederanknüxfen
an lokale Traditionen und damit das Anbahnen an eine
volkstümliche Kunstweise. Auf der Straße, auf öffentlichen
Plätzen macht sich ein erfreuliches Regen aller plastischen
Kräfte bemerkbar, schöne Brunnen, charaktervolle Denk-
säulen entstehen. In den Gärten, auf den Friedhöfen
blüht die Plastik wieder auf. Die Kleinxlastik findet
wieder viele Freunde. Sammler und Kenner wenden
Münzen und Plaketten erhöhte Aufmerksamkeit zu. Neben
ausgezeichneten bekannten Namen gibt es noch genug
Stille im Lande, die im Festhalten an einer lokalen Tra-
dition auch in kleineren Städten und Orten der guten
Plastik den Boden bereiten. Unendlich viel Gutes ist in
Ateliers und Werkstätten verborgen. Line Fülle von
Können, Talent und gesammelter Kraft ist bereit, die
ihr von der Zeit gestellt werden, zu lösen. Sie dürfen
nur in die rechten Hände gelegt werden. Aber dieser
innerlich gefestigten, der Form in einem bereits hohen
Grade mächtigen Kunst drohen nicht innere, sondern
änßere Feinde und Schädlinge.
wie schon einmal in den Jahren nach l87O, versucht
allzeit bereite Unternehmungslust, smarter Geschäftsgeist
und eine ebenso skrupel- als geschmacklose Kunstindustrie,
sich der Denkmäler zu bemächtigen, wer der Sache die
ihr gebührende Aufmerksamkeit schenkt, kann die Schritte
des Versuchers hinter der Kunst her hören. In den Blättern
erscheinen bereits Aufrufe zur Sammlung für Kriegerdenk-
mäler, spekulative Köpfe, wie der Berliner „Denkmal-
Meyer" nach den siebziger Jahren war, machen wieder von
sich reden, Geschäfte für patriotische Plastik tun sich auf,
Fabriken für Vereins- und Denkmünzen prägen schon viel-
fachen Schund aus. Auch das Geschäft ist bereits auf der
ganzen Linie im Gange, welcher Mißbrauch mit ehrwür-
digen Symbolen getrieben wird, zeigt das Einschreiten
der Berliner Polizei gegen das Tragen von Attrappen
des Eisernen Kreuzes bei Zivilisten und Kindern. Hilfs-
bereiter Geschäftsgeist benützt auch die pietätvollen Gefühle
zur Anpreisung von Familienandenken an Gefallene u. a.,
wobei die Pfuscherei in Plastik sich jeder Aufgabe bemäch-
tigt. wir glauben nicht, daß diese Spekulation auf die
Gleichgültigkeit und Unerfahrenheit des Publikums in
Kunstsachen überall verfängt. So gleichgültig ist das Pu-
blikum nicht. Es wird vielmehr mit uns einer Meinung
sein, daß in Anbetracht der gebrachten Blutopfer und der
Größe des Opfermutes das Allerbeste gerade gut genug
ist. wir glauben auch nicht, daß es im Sinne der Auftrag-
geber liegt, mit einer geradezu unanständigen geschäftlichen
Hast sich dieser Ehrenpflichten zu erledigen.

Vsrmilckter Qacbricbtentsil.

—-— Geplante KusstellunHSN -
München. In fast allen Münchener Zeitungen war bei
der Kritik über die für Malmö ausgewählten Werke
Münchner Künstler eine gewisse Einseitigkeit der Zu-

sammenstellung getadelt. Es darf deshalb festgestellt
werden, daß die Auswahl der Sammlung nicht von emer
hiesigen Jury, sondern von dem verantwortlichen Leiter
der Ausstellung in Malmö, dem schwedischen Porträtmaler
Prof. Oskar Björk, besorgt worden ist.
 
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