Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0181
DOI Heft:
Heft 15
DOI Artikel:Redaktioneller Teil
DOI Artikel:Matthaei, Adelbert: Der Krieg von 1914 und die bildende Kunst in Deutschland, [1]
DOI Artikel:Vermischter Nachrichtenteil
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XIV, Heft 45.
Die Werkstatt der Kunst.
173
lich eine Tugend und erklärte richtige Beobachtung
und sorgfältige Wiedergabe für langweilig, und die
„moderne" Runstschreiberei erfand dann dafür den
verächtlich sein sollenden Ausdruck der künstlerischen
Orthographie. Das hat ungeheuren Schaden an-
gerichtet. Ls ist ganz erstaunlich, wie viele unserer
Maler, die sich eines Rufes erfreuen, außerstande
sind, einen Fuß, eine Hand, einen Körper in der
Verkürzung überhaupt noch richtig wiederzugeben.
Hodlers Zehen in seinen letzten Bildern sehen wie
grobe Zinken aus und haben mit dem menschlichen
Fuß kaum noch etwas gemein. Dabei rede ich noch
gar nicht von jenen Narren, die, um modern zu
erscheinen, absichtlich Verzeichnungen anbrachten.
Auf die Überschätzung der Form und der Linie in
der Malerei ist eine Unterschätzung der Zeichnung
bis zur Unfähigkeit gefolgt.
Schließlich ging man in den letzten Zähren noch
einen Schritt weiter und erklärte, daß die Natur-
beobachtung überhaupt nicht mehr Grundlage der
bildenden Kunst zu sein brauche, daß an ihre Stelle
die freie Eingebung der Künstlerphantasie, oder
besser Laune, treten könne, und so kam man bei den
undefinierbaren Ungeheuerlichkeiten des Expressionis-
mus und dem Blödsinn des Futurismus an. Line
zukünftige Zeit wird kaum glauben, daß man in
unserem Volke einmal derartiges ernst genommen
hat. —
Der gesunde Sturmwind, der jetzt durch unser
schwer kämpfendes Volk fährt, wird diese giftigen,
zersetzenden Schwaden, die uns da umnebeln woll-
ten, Hinwegfegen! Die Erkenntnis wird sich wieder
festigen, daß gesunde, sorgfältige Naturbeobachtung
die Grundlage aller bildenden Kunst bleiben muß,
daß die korrekte Form ihr Recht hat in der bilden-
den Kunst, und daß nur der Künstler ein Recht
hat, mit der Natur freier zu schalten und zugunsten
einer höheren künstlerischen Absicht die Naturform
zu steigern und zu verändern, der den vollgültigen
Beweis erbracht hat, daß er die Form beherrscht,
nicht aber daß ein Stümper seine Unfähigkeit und
sein mangelhaftes Können als geistreiche Überlegen-
heit vorspiegeln darf. (Fortsetzung folgt.)
* -r-
-i-
Vermiscbter Dacbricklenleil.
Geplante Ausstellungen
Berlin. Ausstellung in der Berliner Akademie der Künste
während des Krieges. Die Berliner Akademie der Künste
beabsichtigt, wie die „Korrespondenz für Kunst und Wissen-
schaft" erfährt, zu Anfang ds. I. eine Ausstellung in ihren
Räumen am pariser Platz zu veranstalten. Ls ist dankens-
wert, daß die Körperschaft auch in dieser Zeit es für ihre
Pflicht hält, eine gediegene künstlerische Veranstaltung ins
Auge zu fassen; einmal der Künstler wegen, denen hier
eine Verkaufsmöglichkeit geboten wird, dann für das
Publikum, dem eine ernste Ablenkung zu bildender Kunst
willkommen sein wird. Ls soll eine deutsche Ausstellung
der Mitglieder der Akademie und eingeladener Gäste werden,
wobei man sich großenteils auf Berlin beschränkt. An
die Veranstaltung angcgliedert wird eine Ausstellung aus
dem Nachlasse zweier hervorragender verstorbener Mitglieder
der Akademie, von Prof. Karl Köpping, dem Meister
der Graphik und Vorsteher des akademischen Meisterateliers
für Kupferstich, werden nicht nur seine graphischen Ar-
beiten, auch Studien und Skizzen zu seinen geplanten mo-
numentalen Gemälden gezeigt werden. Dazu kommt eine
Gedächtnisausstellung von Prof. Josef Scheurenberg, dem
Maler tiefempfundener religiöser Bilder. Endlich wird die
Akademieausstellung auch eine Sammlung von Bildern
aus dem jetzigen Kriege enthalten. Das erscheint besonders
aussichtsreich, da sehr namhafte Mitglieder der Akademie
im Felde waren und sind, so Ludwig Dettmann und Max
Slevogt. Die Ausstellung am Pariser Platz wird voraus-
sichtlich am t-März geöffnet werden und bis Anfang April
dauern. Gb auch in Paris und London eine solche Ver-
anstaltung zustande kommen könnte, darf man mit Recht
bezweifeln. Linen großen Ausstellungsplan der Berliner
Akademie, die in diesem Winter das Werk Wilhelm Leibls
und einiger seiner Nachfolger in einem großen Rahmen
vereinigen wollte und dafür schon die wichtigsten Zusagen,
von Köln die ehemalige Sammlung Seeger, von München
usw. hatte, hat der Krieg leider vereitelt.
- Eröffnete Ausstellungen j-
Leipzig. Galerie Del Vecchio brachte soeben den
Zyklus „Deutsche Sagen" den der Leipziger Maler Lugen
Urban für die deutsche Sagenhalle in Friedrichroda ge-
schaffen hat zur Ausstellung und dürfte gerade diese Aus-
stellung in der jetzigen schweren, bewegten Zeit als kern-
deutsches Werk größte Beachtung finden. Der Zyklus be-
steht aus t5 Koloffalgemälden und behandelt hauptsächlich
das Stoffgebiet der Thüringer Sagen. Die Ausstellung
findet im Interesse der Nationalstiftung für die Hinterblie-
benen der im Kriege Gefallenen statt. Zu diesem Zwecke
sind Sammellisten ausgelegt und Büchsen aufgestellt.
München. Kunstverein München. S. M. der König
besichtigte gestern im Kunstverein unter Führung des
Hauptmanns Hofrat pixis die Kollektion, mit der die
Münchner Kunst auf der Ausstellung in Malmö vertreten
war und äußerle sich hochbefriedigt über deren Gesamtein-
druck. Außerdem interessierte sich S. M. für das von Maler
Emil Keck gemalte Bildnis der Königin.
Weimar. Großherzogliches Museum für Kunst und Kunst-
gewerbe in Weimar. Neuausgestellt im Vberlicht-
saale: Gemälde von Heinrich Hübner in Berlin. Im
t. Stock: Karikaturen von Katherine Schäffner in Dresden.
Altheim-Ausstellung. Durch den Tod des Meisters ist
die Verpflichtung entstanden die seit einigen Wochen vor-
bereitete Altheim-Ausftellung nach jeder Möglichkeit aus-
zubauen und sie zu einer umfassenden Darstellung des
Lebenswerkes des Meisters zu gestalten. Der Kunstverein
richtet deshalb an alle Besitzer Altheimscher Werke noch
einmal die Bitte ihm ihre Adresse angeben zu wollen.
- Laufencle Vreisauslckreiben
Leipzig, ar. (Lin Medaillenwettbewerb der Stadt.)
Lin Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für Ans-
Die Werkstatt der Kunst.
173
lich eine Tugend und erklärte richtige Beobachtung
und sorgfältige Wiedergabe für langweilig, und die
„moderne" Runstschreiberei erfand dann dafür den
verächtlich sein sollenden Ausdruck der künstlerischen
Orthographie. Das hat ungeheuren Schaden an-
gerichtet. Ls ist ganz erstaunlich, wie viele unserer
Maler, die sich eines Rufes erfreuen, außerstande
sind, einen Fuß, eine Hand, einen Körper in der
Verkürzung überhaupt noch richtig wiederzugeben.
Hodlers Zehen in seinen letzten Bildern sehen wie
grobe Zinken aus und haben mit dem menschlichen
Fuß kaum noch etwas gemein. Dabei rede ich noch
gar nicht von jenen Narren, die, um modern zu
erscheinen, absichtlich Verzeichnungen anbrachten.
Auf die Überschätzung der Form und der Linie in
der Malerei ist eine Unterschätzung der Zeichnung
bis zur Unfähigkeit gefolgt.
Schließlich ging man in den letzten Zähren noch
einen Schritt weiter und erklärte, daß die Natur-
beobachtung überhaupt nicht mehr Grundlage der
bildenden Kunst zu sein brauche, daß an ihre Stelle
die freie Eingebung der Künstlerphantasie, oder
besser Laune, treten könne, und so kam man bei den
undefinierbaren Ungeheuerlichkeiten des Expressionis-
mus und dem Blödsinn des Futurismus an. Line
zukünftige Zeit wird kaum glauben, daß man in
unserem Volke einmal derartiges ernst genommen
hat. —
Der gesunde Sturmwind, der jetzt durch unser
schwer kämpfendes Volk fährt, wird diese giftigen,
zersetzenden Schwaden, die uns da umnebeln woll-
ten, Hinwegfegen! Die Erkenntnis wird sich wieder
festigen, daß gesunde, sorgfältige Naturbeobachtung
die Grundlage aller bildenden Kunst bleiben muß,
daß die korrekte Form ihr Recht hat in der bilden-
den Kunst, und daß nur der Künstler ein Recht
hat, mit der Natur freier zu schalten und zugunsten
einer höheren künstlerischen Absicht die Naturform
zu steigern und zu verändern, der den vollgültigen
Beweis erbracht hat, daß er die Form beherrscht,
nicht aber daß ein Stümper seine Unfähigkeit und
sein mangelhaftes Können als geistreiche Überlegen-
heit vorspiegeln darf. (Fortsetzung folgt.)
* -r-
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Vermiscbter Dacbricklenleil.
Geplante Ausstellungen
Berlin. Ausstellung in der Berliner Akademie der Künste
während des Krieges. Die Berliner Akademie der Künste
beabsichtigt, wie die „Korrespondenz für Kunst und Wissen-
schaft" erfährt, zu Anfang ds. I. eine Ausstellung in ihren
Räumen am pariser Platz zu veranstalten. Ls ist dankens-
wert, daß die Körperschaft auch in dieser Zeit es für ihre
Pflicht hält, eine gediegene künstlerische Veranstaltung ins
Auge zu fassen; einmal der Künstler wegen, denen hier
eine Verkaufsmöglichkeit geboten wird, dann für das
Publikum, dem eine ernste Ablenkung zu bildender Kunst
willkommen sein wird. Ls soll eine deutsche Ausstellung
der Mitglieder der Akademie und eingeladener Gäste werden,
wobei man sich großenteils auf Berlin beschränkt. An
die Veranstaltung angcgliedert wird eine Ausstellung aus
dem Nachlasse zweier hervorragender verstorbener Mitglieder
der Akademie, von Prof. Karl Köpping, dem Meister
der Graphik und Vorsteher des akademischen Meisterateliers
für Kupferstich, werden nicht nur seine graphischen Ar-
beiten, auch Studien und Skizzen zu seinen geplanten mo-
numentalen Gemälden gezeigt werden. Dazu kommt eine
Gedächtnisausstellung von Prof. Josef Scheurenberg, dem
Maler tiefempfundener religiöser Bilder. Endlich wird die
Akademieausstellung auch eine Sammlung von Bildern
aus dem jetzigen Kriege enthalten. Das erscheint besonders
aussichtsreich, da sehr namhafte Mitglieder der Akademie
im Felde waren und sind, so Ludwig Dettmann und Max
Slevogt. Die Ausstellung am Pariser Platz wird voraus-
sichtlich am t-März geöffnet werden und bis Anfang April
dauern. Gb auch in Paris und London eine solche Ver-
anstaltung zustande kommen könnte, darf man mit Recht
bezweifeln. Linen großen Ausstellungsplan der Berliner
Akademie, die in diesem Winter das Werk Wilhelm Leibls
und einiger seiner Nachfolger in einem großen Rahmen
vereinigen wollte und dafür schon die wichtigsten Zusagen,
von Köln die ehemalige Sammlung Seeger, von München
usw. hatte, hat der Krieg leider vereitelt.
- Eröffnete Ausstellungen j-
Leipzig. Galerie Del Vecchio brachte soeben den
Zyklus „Deutsche Sagen" den der Leipziger Maler Lugen
Urban für die deutsche Sagenhalle in Friedrichroda ge-
schaffen hat zur Ausstellung und dürfte gerade diese Aus-
stellung in der jetzigen schweren, bewegten Zeit als kern-
deutsches Werk größte Beachtung finden. Der Zyklus be-
steht aus t5 Koloffalgemälden und behandelt hauptsächlich
das Stoffgebiet der Thüringer Sagen. Die Ausstellung
findet im Interesse der Nationalstiftung für die Hinterblie-
benen der im Kriege Gefallenen statt. Zu diesem Zwecke
sind Sammellisten ausgelegt und Büchsen aufgestellt.
München. Kunstverein München. S. M. der König
besichtigte gestern im Kunstverein unter Führung des
Hauptmanns Hofrat pixis die Kollektion, mit der die
Münchner Kunst auf der Ausstellung in Malmö vertreten
war und äußerle sich hochbefriedigt über deren Gesamtein-
druck. Außerdem interessierte sich S. M. für das von Maler
Emil Keck gemalte Bildnis der Königin.
Weimar. Großherzogliches Museum für Kunst und Kunst-
gewerbe in Weimar. Neuausgestellt im Vberlicht-
saale: Gemälde von Heinrich Hübner in Berlin. Im
t. Stock: Karikaturen von Katherine Schäffner in Dresden.
Altheim-Ausstellung. Durch den Tod des Meisters ist
die Verpflichtung entstanden die seit einigen Wochen vor-
bereitete Altheim-Ausftellung nach jeder Möglichkeit aus-
zubauen und sie zu einer umfassenden Darstellung des
Lebenswerkes des Meisters zu gestalten. Der Kunstverein
richtet deshalb an alle Besitzer Altheimscher Werke noch
einmal die Bitte ihm ihre Adresse angeben zu wollen.
- Laufencle Vreisauslckreiben
Leipzig, ar. (Lin Medaillenwettbewerb der Stadt.)
Lin Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für Ans-