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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 9
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Redaktioneller Teil
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Herter, Ernst: Albert Wolff: zum 100. Geburtstag
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0111

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XI, heft 9.

Die Werkstatt der Kunst.

103

Mberi Molkt.*)
Zum 100. Geburtstag.
von Prof. Ernst Werter.
Am 1-1. d. M. jährte sich zum wo. Male der Tage
an dem der Bildhauer Albert Wolff zu Neustrelitz das
Licht der Welt erblickte. Bekanntlich war er einer der
hervorragendsten Schüler Rauchs und arbeitete in dessen
Sinne weiter an der Vervollkommnung der Berliner Bild-
hauerschule. Seine Werke sind bekannt, ich will daher nur
kurz erwähnen: die hoheitsvolle Marmorgruxpe auf der
Berliner Schloßbrücke (Athene führt den Krieger in den
Kampf), sein Denkmal Friedrich Wilhelms III. im Lust-
garten, das sich besonders durch die schönen Sockelfiguren
und den reichen architektonischen Aufbau auszeichnet, feinen
Löwentöter, das würdige Gegenstück der unübertrefflichen
Kißschen Amazone; ferner den lebebensvollen Löwen,
der mit gewaltigem Tatzenschlage die Schlange tötet, ein
treffliches Symbol vor dem Kriminalgericht in Moabit,
sein vorzügliches Reiterstandbild Ernst Augusts in Hannover.
Alle diese Werke sind bekannt, sprechen für sich selbst
und haben ihm seinen Platz als Künstler in der Kunstge-
schichte gesichert. Ich will aber hier, als einer seiner
älteren Schüler seine Verdienste als Lehrer und Meister,
an diesem, seinem Gedenken gewidmeten Tage hervorheben.
Schon ehe er sein Lehramt an der Hochschule für
die bildenden Künste — damals schlechthin Akademie —
antrat, hatte er eine Reihe von tüchtigen Künstlern heran-
gebildet. Ich will nur Namen nennen, wie Erdmann
Enke, Fritz Schaper, Gtto Lessing, Stephan Sinding. Fried-
rich Rensch, der später Professor an der Akademie
in Königsberg wurde, Heinrich Pohlmann u. a., unter
denen auch ich mich befand, waren damals noch Schüler
der Akademie und wurden erst später als Gehilfen in sein
Atelier, zur Mitarbeit an seinen Werken, herangezogen.
Als Albert Wolff nach dem Tode August Flschers
für das Lehramt ander Akademie im Jahre 1866 gewonnen
wurde, nahm er sich seiner auf das herzlichste an. viele
der damals bei ihm Studierenden sind heute bekannte
Künstler geworden. Unermüdlich verbesserte er unsere
Studrenarbeiten und wußte unseren Eifer anzufeuern.
Er war nie einseitig und erkannte, zum Unterschiede von
anderen Rauchschülern, die neue freiere Richtung, die mit
dem Auftreten von Reinhold Begas unsere Begeisterung
entfachte, voll an, nur warnte er vor dem Zuweitgehen
und dem verlaßen der vorbildlichen Antike. Als Mensch
und Berater war er stets hilfsbereit, und bei allen Kämpfen
und Zweifeln, von denen wohl kein junger Künstler, der
es mit der Kunst ehrich meint, verschont wird, konnte man
bei ihm immer auf väterlichen Rat und Trost rechnen.
Ganz besonders wußte ich dies zu schätzen, als ich
später in seinem Atelier bei seinen Arbeiten Mitwirken
durfte und rhm dadurch persönlich noch näher kam.
Hier hatte ich auch Gelegenheit, seine ungeheure
Arbeitskraft und die vollendete Technik als Bildner zu
bewundern. Ls gab für mich keinen höheren Genuß, als
zuzusehen, wie ihm die Arbeit von der Hand ging, wie

*) „vossische Zeitung" vom 13. November.

unter seinen geschickten Händen sich die Formen gestalteten
und er mit unfehlbarer Sicherheit das Richtige in Form
und Ausdruck traf.
Auch zuletzt, als ich durch meine Berufung als Nach-
folger Schapers zum Leiter des Bildhaueraktsaales an der
Hochschule in ein kollegiales verhälntis mit ihm trat,
mußte ich wiederum seine gleichmäßige Liebenswürdigkeit
und Gerechtigkeit den Arbeiten der Schüler gegenüber be-
wundern. Es war für alle, und besonders für das Lehrer-
kollegium, ein großer Schmerz, als er, zwar an Jahren
alt, aber in körperlicher Kraft und geistiger Frische, im
Jahre 1892 einer tückischen Krankheit erliegen mußte.
Sein Andenken wird bei keinem von denen, die den Vorzug
hatten, mit ihm in Berührung zu kommen, je erlöschen, und
seine Werke werden seinen Namen noch spätesten Ge-
schlechtern überliefern.

Teitungssckau
Der Bildhauer im Schützengraben.
Lin Handschreiben des Kaisers.
Line ungewöhnliche Auszeichnung durch den Kaiser
wurde dem im Res.-Inf.-Reg. Nr. 55 auf FrankreichsSchlacht-
feldern kämpfenden, bereits mit dem Eisernen Kreuze ge-
schmückten Gefreiten Bildhauer Franz Flormann aus
Höxter zuteil. Fl. hatte im Schützengraben im Angesicht
und unter dem Feuer des Feindes feine freien Augenblicke
dazu benutzt, in einen Stein das Bildnis des Kaisers ein-
zumeißeln. Ein (Offizier des Regiments, dem das kleine
symbolische, natürlich mit dem primitivsten Werkzeug
— jedenfalls mit dem Taschenmesser — angefertigte Kunst-
werk zu Gesicht kam, äußerte sich überrascht und sehr an-
erkennend über die unter so eigenartigen Umständen ent-
standene kunstfertige Leistung und nahm das Bildnis an
sich, um es dem Kaiser zu überreichen. Dies ist inzwischen
geschehen. Dieser Tage bekam die Mutter des Kriegers,
Frau Wwe. Franz Flormann, Rohrweg in Höxter, durch
das Res.-Inf.-Reg. Nr. 55 aus dem Felde ein Bildnis
des Kaisers zugesandt, welches die, wie die Stadt- und
Dorfzeitung für den Kreis Höxter erzählt, eigenhändig ge-
fchriebene Widmung trägt: ._
„3um Danke für sein im Feuer des Feindes
von mir gefertigtes Porträt — ein Seichen seiner
Unerschrockenheit und kaltblütigen Tapferkeit —
für den Gefreiten Flormann. 7. Romp. Res.-
Inf.-Reg. 55.
Lharleville. 27. X. 14.
Wilhelm I.
Seitens des Regimentschefs war die ehrenvolle Sendung
von einem Schreiben an die Mutter begleitet, folgenden
Wortlauts: „Da dies Bild einen großen wert besitzt, so
ist es sehr ratsam, dasselbe sofort zu einem sehr zuver-
lässigen Buchbinder zum Linrahmen zu senden. Das
Bild erst dann allen Bekannten und verwandten zeigen,
wenn dasselbe unter Glas ist.
Herzlichen Glückwunsch für die hohe Auszeichnung
Ihres Herrn Sohnes Köxpelmann, Reg.-Lhef."

Vermifcdtsr Dackricktenteil.

Eröffnet? KusfteUunSen j

Berlin. Im Künstlerhaus, Bellevuestraße 3, sind die vom
Verein der Kunstfreunde im preußischen Staate für die
diesjährige Lotterie angekauften Kunstwerke ausgestellt.

Berlin. Im Königl. Kunstgewerbe-Museum finden augen-
blicklich statt: Sonderausstellung bildmäßiger Photographien
von Heinrich Kühn in Innsbruck, aus den Jahren 18YH
bis 191^ (Platin, Kohle, Gummi, Velverfahren u. a.) und
Wanderausstellung neuzeitiger keramischer Kleinplastik aus
deutschen und österreichischen Werkstätten (Porzellan, Fayence,
Steinzeug).
 
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