Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0511
DOI Heft:
Heft 41
DOI Artikel:Nichtamtlicher Teil
DOI Artikel:Fahrenkrog, Ludwig: Staat, Akademie und Sezession
DOI Artikel:Ganske, Willy: Ludwig Dettmann: zu seinem 50. Geburtstag
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XIV, Heft HP
Die Werkstatt der Kunst.
503
Schürfen und Graben nach deutscher Eigenart
und in dem Näherbringen der echten werte —
dem vermitteln und verbinden von Künstler
und Volk liegt eine — liegt die Kulturaufgabe
deutscher Kunstschriftsteller.
Gb wir der Goldgräber harren dürfen, die die
Goldkörner ins Licht zu zwingen stark genug sind —
unter Umständen oder sicher gegen alle pariser
Widerstände - durch und durch außer jeder Partei
stehend, kraft ihrer eigenen Selbständigkeit?
wer will es wissen? — deutsche Zukunft.
-i- *
*
Die gestellten Fragen beantworten sich durch sich
selber mithin kurz so:
l. Der deutsche Staat soll deutsche Kunst unter-
stützen und fördern wo und wie er kann — um seiner
selbst willen.
2. Die Kunstakademie ist wie jede andre Schule
eine segensreiche Einrichtung, wenn sie sich von Politik
fernhält.
3. Die Vertretung deutscher Kunst können nur
deutsche Künstler übernehmen- eine Interessengruppe,
die eine undeutsche Art vertritt, wäre hierzu nicht
imstande. Man müßte also entweder die Vertreter
unter den parteilosen suchen - oder aus allen Par-
teien herausholen.
4. Bei der Erörterung der Dinge um deutsche
Kunst ist, in Ansehung der Bedeutung der presse, die
Stellung der Kunstschriftsteller von großer Bedeutung
und wird vielleicht geradezu die Frage sein. Denn
wenn das Volk durch den Mund ihrer presse nur
immer deutsche Kunst verlangt, dann wird sich wohl
oder übel auch der Künstler auf sich selbst besinnen,
wie er sich jeweilig auf die letzte Mode besann.
Luckwig Dettmann
zu seinem 50. Geburtstag,
von G. Koldemanz.
Der als Direktor der Akademie in Königsberg
wirkende Maler Prof. Or. Ludwig Dettmann voll-
endet am 25. Juli sein 50. Lebensjahr. In Adelbye
bei Flensburg s865 geboren, wurde er in Ham-
burg erzogen, wo er von ^882/84 die Gewerbe-
und Kunstschule besuchte, um dann mit einem Staats-
stipendium ausgestattet s884! die Berliner Kunst-
akademie zu beziehen. Hier waren Lugen Bracht,
woldemar Friedrich und Franz Skarbina bis s889
seine Lehrer. In diesem Jahre führte ihn eine
kurze Studienreise nach Paris, Antwerpen, Holland
und London. Schon als junger Akademiker begann
er sich s885 als Illustrator in Schorers Familien-
blatt zu betätigen. s886 trat er mit dem Gelbild
„Im Hofe" auf der Berliner Akademieausstellung
als Maler auf den plan. Dann folgten unter Ver-
wendung von Wasser- und Deckfarben nebeneinander
Freilichtaquarelle aus der Umgebung Berlins, aus
Niederdeutschland und von der Seeküste. Auch
Genreszenen schuf er in dieser Technik, bei denen
ihm Menzel und Liebermann Vorbilder waren. In
den Akademieausstellungen von s888 bis ^890 und
l892, auf der Großen Berliner Kunstausstellung s893,
auf der Dresdener Aquarellausstellung des gleichen
Jahres und j896 im Künstlerhaus zu Wien, er-
regten diese Arbeiten viel Aufsehen.
Jedoch schon ^892 tritt in seinen Gelbildern
wieder der Illustrator zutage. Seine Küstenfahrten
brachten ihn zu den friesischen Fischern und den
Gestaden der Ostsee. Sehr bekannt ist seine Dar-
stellung des auf einem Dünenfriedhof am Grabe
des Vaters knieenden „verlorenen Sohnes" gewor-
den, die er in mehreren Fassungen gab. Lnde der
90 er Jahre schloß des Künstlers impressionistische
Periode ab, seitdem steht er im Bann der dekora-
tiven Wandmalerei.
Im Jahre f892 wählte er zum erstenmal die
künstlerische Form des Triptychons, das ihm die
Möglichkeit zum Erzählen gab. Auf der Großen
Berliner Kunstausstellung zeigte er das heute im
Schweriner Museum hängendegroßeBild „I.Mose III",
das unter dem Einfluß Uhdes den Sündenfall un-
kirchlich darstellte. Im Vordergrund des Mittel-
bildes graben mühsam Männer und Frauen, wäh-
rend sich dahinter ein ärmlicher Leichenzug bewegt.
Das linke Seitenbild zeigt das „verlorene Paradies",
das rechte ein allegorisches Ensemble mit dem Er-
löser Christus als Hauptfigur. s893 entstand die
„Heilige Familie", die später die Galerie in Venedig
kaufte. Das Mittelbild stellt hier in dämmriger
grüner Landschaft die Verkündung an die Hirten
dar, ein von oben herabfallender Heller Lichtschein
gibt dem Bilde eine weihevolle Stimmung, deren
Mystik durch die symbolischen Flügelbilder vertieft
wird. Diese in Berlin, München und Wien ge-
zeigten Werke erregten erbitterte Kunstfehden für
und wider den Maler. s894 gab er auf der In-
ternationalen Kunstausstellung in Wien ein Mittel-
bild des „Deutschen Volksliedes", eine ganz Helle
Freilichtstudie, die Nadschmiede bei der Arbeit dar-
stellte. Die dunkleren Seitenbilder gaben Interieurs
einer Arbeiterfamilie beim Essen und den Abschied
des Handwerksburschen vom Großvater. Dieses
Triptychon hängt im Museum zu Elberfeld. s894!
entstand der sehr wirksame „Lebensfrühling", der
Kinder auf einer Frühlingsreise unter Bäumen dar-
stellte, s895 schuf Dettmann die erst als Diorama
gedachte große Komposition „Ueberführung der
Leiche Kaiser Wilhelms zum Dom am s2. März
^888". Die im Boot durch die Brandung fahren-
den beiden Fischer (j89?) sind im Besitz der Galerie
in Dresden, den „Sonnigen weg" erwarb das
Museum in Breslau, das „Abendmahl" die Galerie
in Königsberg.
Die Werkstatt der Kunst.
503
Schürfen und Graben nach deutscher Eigenart
und in dem Näherbringen der echten werte —
dem vermitteln und verbinden von Künstler
und Volk liegt eine — liegt die Kulturaufgabe
deutscher Kunstschriftsteller.
Gb wir der Goldgräber harren dürfen, die die
Goldkörner ins Licht zu zwingen stark genug sind —
unter Umständen oder sicher gegen alle pariser
Widerstände - durch und durch außer jeder Partei
stehend, kraft ihrer eigenen Selbständigkeit?
wer will es wissen? — deutsche Zukunft.
-i- *
*
Die gestellten Fragen beantworten sich durch sich
selber mithin kurz so:
l. Der deutsche Staat soll deutsche Kunst unter-
stützen und fördern wo und wie er kann — um seiner
selbst willen.
2. Die Kunstakademie ist wie jede andre Schule
eine segensreiche Einrichtung, wenn sie sich von Politik
fernhält.
3. Die Vertretung deutscher Kunst können nur
deutsche Künstler übernehmen- eine Interessengruppe,
die eine undeutsche Art vertritt, wäre hierzu nicht
imstande. Man müßte also entweder die Vertreter
unter den parteilosen suchen - oder aus allen Par-
teien herausholen.
4. Bei der Erörterung der Dinge um deutsche
Kunst ist, in Ansehung der Bedeutung der presse, die
Stellung der Kunstschriftsteller von großer Bedeutung
und wird vielleicht geradezu die Frage sein. Denn
wenn das Volk durch den Mund ihrer presse nur
immer deutsche Kunst verlangt, dann wird sich wohl
oder übel auch der Künstler auf sich selbst besinnen,
wie er sich jeweilig auf die letzte Mode besann.
Luckwig Dettmann
zu seinem 50. Geburtstag,
von G. Koldemanz.
Der als Direktor der Akademie in Königsberg
wirkende Maler Prof. Or. Ludwig Dettmann voll-
endet am 25. Juli sein 50. Lebensjahr. In Adelbye
bei Flensburg s865 geboren, wurde er in Ham-
burg erzogen, wo er von ^882/84 die Gewerbe-
und Kunstschule besuchte, um dann mit einem Staats-
stipendium ausgestattet s884! die Berliner Kunst-
akademie zu beziehen. Hier waren Lugen Bracht,
woldemar Friedrich und Franz Skarbina bis s889
seine Lehrer. In diesem Jahre führte ihn eine
kurze Studienreise nach Paris, Antwerpen, Holland
und London. Schon als junger Akademiker begann
er sich s885 als Illustrator in Schorers Familien-
blatt zu betätigen. s886 trat er mit dem Gelbild
„Im Hofe" auf der Berliner Akademieausstellung
als Maler auf den plan. Dann folgten unter Ver-
wendung von Wasser- und Deckfarben nebeneinander
Freilichtaquarelle aus der Umgebung Berlins, aus
Niederdeutschland und von der Seeküste. Auch
Genreszenen schuf er in dieser Technik, bei denen
ihm Menzel und Liebermann Vorbilder waren. In
den Akademieausstellungen von s888 bis ^890 und
l892, auf der Großen Berliner Kunstausstellung s893,
auf der Dresdener Aquarellausstellung des gleichen
Jahres und j896 im Künstlerhaus zu Wien, er-
regten diese Arbeiten viel Aufsehen.
Jedoch schon ^892 tritt in seinen Gelbildern
wieder der Illustrator zutage. Seine Küstenfahrten
brachten ihn zu den friesischen Fischern und den
Gestaden der Ostsee. Sehr bekannt ist seine Dar-
stellung des auf einem Dünenfriedhof am Grabe
des Vaters knieenden „verlorenen Sohnes" gewor-
den, die er in mehreren Fassungen gab. Lnde der
90 er Jahre schloß des Künstlers impressionistische
Periode ab, seitdem steht er im Bann der dekora-
tiven Wandmalerei.
Im Jahre f892 wählte er zum erstenmal die
künstlerische Form des Triptychons, das ihm die
Möglichkeit zum Erzählen gab. Auf der Großen
Berliner Kunstausstellung zeigte er das heute im
Schweriner Museum hängendegroßeBild „I.Mose III",
das unter dem Einfluß Uhdes den Sündenfall un-
kirchlich darstellte. Im Vordergrund des Mittel-
bildes graben mühsam Männer und Frauen, wäh-
rend sich dahinter ein ärmlicher Leichenzug bewegt.
Das linke Seitenbild zeigt das „verlorene Paradies",
das rechte ein allegorisches Ensemble mit dem Er-
löser Christus als Hauptfigur. s893 entstand die
„Heilige Familie", die später die Galerie in Venedig
kaufte. Das Mittelbild stellt hier in dämmriger
grüner Landschaft die Verkündung an die Hirten
dar, ein von oben herabfallender Heller Lichtschein
gibt dem Bilde eine weihevolle Stimmung, deren
Mystik durch die symbolischen Flügelbilder vertieft
wird. Diese in Berlin, München und Wien ge-
zeigten Werke erregten erbitterte Kunstfehden für
und wider den Maler. s894 gab er auf der In-
ternationalen Kunstausstellung in Wien ein Mittel-
bild des „Deutschen Volksliedes", eine ganz Helle
Freilichtstudie, die Nadschmiede bei der Arbeit dar-
stellte. Die dunkleren Seitenbilder gaben Interieurs
einer Arbeiterfamilie beim Essen und den Abschied
des Handwerksburschen vom Großvater. Dieses
Triptychon hängt im Museum zu Elberfeld. s894!
entstand der sehr wirksame „Lebensfrühling", der
Kinder auf einer Frühlingsreise unter Bäumen dar-
stellte, s895 schuf Dettmann die erst als Diorama
gedachte große Komposition „Ueberführung der
Leiche Kaiser Wilhelms zum Dom am s2. März
^888". Die im Boot durch die Brandung fahren-
den beiden Fischer (j89?) sind im Besitz der Galerie
in Dresden, den „Sonnigen weg" erwarb das
Museum in Breslau, das „Abendmahl" die Galerie
in Königsberg.