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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 40
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Nichtamtlicher Teil
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Grusebach, Karl: Was wollen wir von Frankreichs Kunst bewahren?
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Piper, Carl Anton: Von allerlei Kriegskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0496

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488

Die Werkstatt der Runst.

XIV, heft 40.

wobei es nur daraus ankommt, die schlechten Eigen-
schaften durch geschickte Führung zum Nutzen auszu-
bauen. Die guten deutschen Eigenschaften, die der
Runst frommen können, sind vor allem die Gründ-
lichkeit, die Ordnungsliebe und die Religiosität, die
sich in diesem Falle als die Achtung vor der Wahr-
heit, vor der tatsächlichen Erscheinung eines Gegen-
standes ausdrückt. Die schlechte Eigenschaft, eigent-
lich nur die einzige wirklich hervorstechend schlechte
Eigenschaft, die Neigung zur Fremdtümelei, wird
und muß in der Runst auch zum Ausdruck kommen.
Ls ist vielleicht kein Schade, daß diese Fremdtümelei
die Runst der letzten sZahre so vollkommen beherrscht
hat, daß wir zum mindesten Rlarheit darüber haben,
was an unserer Runst fremdes ist, vor allem, was
so fremd ist, daß es sich nicht in unseren Bau hin-
einfügen läßt. Denn, die Fremdtümelei ist dann
nicht von der Hand zu weisen, wenn sie mit Be-
wußtsein fremde werte uns zu eigen macht. Ls
ist eine falsche Auffassung der Vaterlandsliebe, daß
alles Fremde schlechter wie das Heimische sein muß
und deshalb von vornherein zu verwerfen ist, eben-
so, wie die wahllose Anbetung des Fremden ein
Mangel an Selbstbewußtsein ist — und dieser Mangel
an Selbstgefühl ist eine andere Ausdrucksform jener
schlechten deutschen Eigenschaft — ebenso bedeutet
die Ablehnung alles Fremden einen Mangel an
Selbstbewußtsein, ja, geradezu eine Feigheit. Die
meisten, die heute das Fremde in der Runst bekämpfen,
tun es, weil sie sich davor fürchten; sie erkennen,
daß das Fremde stärker ist als ihr Eigenes, und sie
haben nicht den Mut, zuzupacken, um es sich zu
Von allerlei
von Or. Lari
Als in den ersten Tagen des großen Weltbrandes
die Begeisterung im deutschen Volke himmelan lohte,
da stellte sich auch die deutsche Runst geharnischt in
Reih und Glied. Seitdem haben wir zehn lange
Monde durchmessen, angefüllt mit einem ungeheuren
Erleben. Der Rrieg, der zunächst wie etwas Unfaß-
bares vor unserer Seele stand, ist uns, seinen Schreck-
nissen zum Trotz, allgemach vertraut geworden, und
schon scheint es fast wie ein unwirklicher Traum, daß
es früher anders war, daß es in Zukunft wieder
anders werden soll. Sehen wir uns darum einmal
nach der Runst um und fragen wir, wie sie im
Rampfe der Männer sich bewährt, und ob sie
als Mitkämpferin gehalten hat, was sie im Anfang
versprach. Die Musterung ist nur zum Teil befrie-
digend. Zwar stehen trotz der wenig glücklichen
Hand, die die Militärbehörden bei der Auswahl
solcher Männer zu zeigen pflegen, einige wirkliche
Rünstler mit Stift oder Pinsel an der Front, und
soweit es sich um ein illustratives Festhalten einzelner
Momente des kriegerischen Lebens zugleich mit dem
nötigen Stimmungscharakter handelt, ist auch die
künstlerische Rriegsbeute gar nicht gering anzuschlagen.

unterwerfen. Das spricht auch aus unserm bis-
herigen Verhältnis zur pariser Runst; jene, die sie
ablehnten, wußten, daß sie nicht mit ihr wetteifern
konnten, die andern, die sie ohne Auswahl nach-
ahmten, waren genau solche Schwächlinge. Ls wäre
ebenso töricht, die pariser Runstatmosphäre und ihre
befruchtende Wirkung auf unsere Runst zu leugnen,
wie es unverständig sein würde, wenn unsere Bauern
sich weigern würden, mit einem Rosakenpferd ihr
Feld zu bestellen. Allerdings: wenn der Gaul durch-
gehen will, wird man ihm peitsche und Zügel
geben; er wird auf das deutsche Romando zu hören
haben! Und genau so wird das Fremde, das wir
als wertvoll erkannt haben — und das ist schließ-
lich Gewissenssache eines jeden Einzelnen — unsere
Runst befruchten. Unser Selbstbewußtsein als Volk
wird durch die großen Siege, die wir bisher er-
fochten haben, steigen. Sollte das Schlachtenglück
sich gegen uns wenden, so wird der N)ille, gegen
den Ansturm aller Feinde deutsch zu sein und
deutsch zu bleiben und das Gefühl, daß alles un-
deutsche barbarisch ist, unsere Rräfte auch in dieser
Beziehung stählen! Ls ist eine geschichtlich er-
wiesene Tatsache, das schwer zu ertragene politische
Verhältnisse für die Runst immer von Nutzen gewesen
sind. Sie hat in solchen Zeiten etwas Erlösendes,
Ausruhendes gehabt; sie war das Ventil für Em-
pfindungen, die sich sonst nicht aussprechen durften.
So können wir, wie es auch kommen mag, hoffen,
daß eine gute deutsche Runst entstehen wird, wenn
wir nur ihr Wesen richtig erkennen und ver-
teidigen!
Rriegskunlt.
Anton Piper.
Den Höhepunkt dieser Richtung bilden wohl die
Arbeiten von Dettmann. Ueberhaupt sind wir ja
für jedes Blättchen dankbar, das von wirklich Ge-
sehenem wahrheitsgetreu berichtet. Es ist auch nicht
zu leugnen, daß in all diesen Illustrationen — viel-
leicht finden wir auch dafür noch einmal ein deutsches
Wort - ein starker künstlerischer Zug fühlbar wird,
wenn man gelegentlich die Illustrationen aus dem
siebziger Rrieg zum vergleiche heranzieht, so springt
der Unterschied sofort in die Augen. Der Illustrator
von damals ist nüchtern, sachlich. Auch beim land-
schaftlichen Hintergrund überwiegt das topographische
Moment. Er ist in stärkerem Maße durch die Rück-
sicht auf die Vervielfältigung durch den Holzschnitt
in der Wahl seiner Ausdrucksmittel gehemmt. Aller-
dings ist es wieder gerade der Holzschnitt, der den
damaligen Illustrationen für unser jetziges Empfinden
einen ganz besonderen Reiz gibt. Es ist nicht ohne
Interesse, etwa die Bilder von Woldemar Friedrich
zu dem Rriegsbuch von Georg Hiltl, der bekanntlich
den Rrieg 1870/71 als Berichterstatter des Daheim
mitmachte, neben die Zeichnungen von Hans von
Hayek zu legen, der jetzt für die Leipziger Illustrierte
 
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