Die Werkstatt der Runst.
XIV, Ljeft §0.
vergab, hat in den Kreisen der Kasseler Künstler und
Kunstfreunde nicht geringes Aufsehen erregt. Mag das
Verfahren, Aufträge eine n Bestimmten zu übergeben,
ohne daß die in Frage kommenden Kreise der Künstler
mitgewirkt haben, heute ab und zu vorkommen, so bleibt
es doch trotz mehrfacher Uebung nicht weniger bedenklich.
Aber bei einer Frage von derartig einschneidender Be-
deutung, der Verschönerung der Altstadt durch ein Werk
der plastischen Kunst, muß dieses hermetische Ausschließen
größerer künstlerischer Kreise besonders auffallen, wenn
die Absicht zur Lösung einer solch eminent wichtigen und
schwierigen Aufgabe besteht, so mußte man ohne weiteres
annehmen dürfen, daß deshalb ein Preisausschreiben unter
den Bildhauern der Provinz Hessen-Nassau und des Groß-
herzogtums Hessen veranstaltet würde. Man sage nur ja
nicht, daß hierzu das Objekt zu klein sei. Das ist ganz
und gar nicht der Fall, vor dem Kriege aber würde man
gesagt haben: Noblesse obli^e!
Heute behalten wir den Sinn dieses Wortes bei und
sagen auf gut deutsch: Eine Residenzstadt, die sich mit
Stolz Großstadt nennt, soll eine vornehmste Pflicht darin
erblicken, die künstlerischen Kräfte ihres eigenen und des
stammverwandten Landes anzuregen und zu befruchten.
Ferner erschiene es wenig günstig, wenn die Verantwor-
tung in der Lösung dieser heiklen Frage einer einzigen
Kunstkommission aufgebürdet würde. Ganz zweifellos
müßte auch die Kommission gehört werden, die nach dem
neuen Grtsstatut den Schutz und die architektonische Schön-
heit des Stadtbildes mitgewährleisten soll; schließlich käme
das Gutachten des Bezirkskonservators nach meiner An-
sicht ebenfalls hier in Betracht. Ist ein bestimmter Stif-
tungswille vorhanden, der an gewisse Normen bindet, so
muß er allerdings respektiert werden, soweit es sich mit
der künstlerischen Notwendigkeit und Ersprießlichkeit ver-
einigen läßt. Aber ein Stifter, mag es sein, wer er wolle,
der der Oeffentlichkeit ein Werk schenken will und gar,
wie in diesem Falle, ein plastisches Werk, das sich der ge-
samten architektonischen Anlage organisch einzufügen hat,
begibt sich damit ohne weiteres eines guten Teils seiner
persönlichen Neigungen und seines vielleicht ganz subjek-
tiven Kunstgeschmacks. Das heißt, er muß der Oeffent-
lichkeit gegenüber Verantwortungen abtreten, denn ein
Werk der Plastik wird nicht für Jahre, sondern für Jahr-
zehnte, vielleicht für Jahrhunderte geschaffen, wir glauben,
daß dies auch im Sinne des Stifters dieses Brunnens ge-
sagt ist. Es muß also dafür eingetreten werden, die Ent-
stehung des für den Schmuck unserer Altstadt so wichtigen
Werkes unter allen Umständen die Instanzen der hier ge-
nannten sachverständigen Stellen passieren zu lassen. Dann
wird die Schaffung eines würdigen Denkmals gewährleistet
sein, und es wird sich zeigen, ob der heute für den Brunnen
gewählte Platz überhaupt der geeignete ist. Lunckicle.
wie sich die Pariser Künstler ihren Lebensunter-
halt zu sichern suchen, ersieht man aus einem „pariser
Sgraffittos" überschriebenen Artikel des „Temps":
„Seit einiger Zeit bieten manche unserer Boulevards
oder unserer Alleen ein eigenartiges und neuartiges Schau-
spiel. Die Spaziergänger bleiben stehen und bilden Gruppen
auf den Bürgersteigen um einen kauernden, hin und her
pendelnden Mann, der mit patriotischem Kohlenstift der
Zeit entsprechende Zerrbilder zeichnet. Wilhelm II., Franz
Joseph, der Kronprinz sind hier in verschiedenen Stellungen
und mit racheatmenden Umschriften zu sehen. Auch den
Sultan sieht man und natürlich auch den .Boche'-Soldaten
mit seinem Helm. In jüngster Zeit zeigt der Zeichner
auch, wie Bersagliere und Zuave sich innig umarmen.
Man darf aber nicht glauben, daß es in Paris nur einen
Mann gibt, der den Asphalt mit solchen Erzeugnissen seiner
Phantasie schmückt. Ls ist vielmehr ganz plötzlich eine
recht ansehnliche Schar solcher Straßenmaler aufgetaucht,
und der Bürgersteig ist zu einer Art Kunstausstellung ge-
worden. Wenn der Künstler mit seinem Bilde fertig ist,
schreibt er über den Kopf der dargestellten Persönlichkeit:
„Man vergesse denZeichner nichtl" Und nun erst erkennt man,
daß sich hier eine kleine Kriegsindustrie herausgebildet
hat. Und das Geschäft scheint seinen Mann zu ernähren,
sonst wären wohl nicht so viele Asphaltzeichner an der
Arbeit . . ." Diese Art Kunstbettelei ist ja jedem, der
London kennt, in Erinnerung.
Vermischter HachrichtenteN.
Eröffnete Ausstellungen
Lhemnitz. Die Ausstellung Gerstenberger eröffnete
eine neue Ausstellung mit Blumenstücken, Landschaften
und graphischen Arbeiten von Earl Thiemann, Dachau;
Hamburger Hafen- und Seestudien von Walter Bertelsmann,
Worpswede; und Radierungen von Paul Herrmann, Berlin,
und Georg Jahn, Dresden.
Dresden. (Sächsischer Kunstverein zu Dresden,
Brüh Ische Terrasse.) Freiwillige Geschenke deutscher
Künstler für die Kunstlotterie treffen immer noch ein; aus
der Reihe der letzten Spender seien genannt: Walter Petersen,
Düsseldorf; Theodor Schindler, Mannheim; Peter Paul
Müller und Max Artur Stremel, München; Bruno H6roux,
Leipzig, weitere Spenden sind angekündigt.
Llberfeld. (Kaiser-Wilhelm-Muse um). Im Bergi-
schen Saale find zurzeit einige Bilder aus hiesigem Privat-
besitz ausgestellt, darunter Werke von Alb. Weisgerber,
Rich. Bloos, I. Seiler, Ehr. Landenberger, Erich Lrler u. a.
Im Kupferstichsaale des t. Obergeschosses gelangten eine
Anzahl Federzeichnungen, teilweise angetönt, von Paul
Meinke, Köln, zur Ausstellung.
München. (Verein bildender Künstler Münchens
„Secession".) Die Sommerausstellung der „Secession"
im Kgl. Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz in
München ist Mittwoch, den so. Juni, vormittags t t Uhr,
eröffnet worden. — Im Kunsthaus Brak! in München ist
jetzt eine Ausstellung eröffnet worden, die etwa 200 Kriegs-
bilder von Münchner Künstlern umfaßt. Unter ihnen sind
Werke von Hayek, Dill, Jank und Bauriegl.
Weimar. (Großherzogliches Museum für Kunst
und Kunstgewerbe.) Neu ausgestellt: Oelgemälde und
Zeichnungen von Bernhard Bock, Weimar; Gelgemälde
von Emmy Frühling, München; Kunstgewerbliche Arbeiten
von Antonia v. Bertrab, Rudolstadt; Russische Typen von
Ernst wetzenstein, Weimar; Skizzen aus Polen von Her-
mann Struck, Berlin.
- Geplante MeHbenerbe
Lasse!. (Wettbewerb um einen Park-Brunnen.)
Geh. Kommerzienrat Dr.-Ing. Henschel hat der Stadt Lasse!
260 000 Mk. geschenkt, um einen an der wilhelmshöher
Allee vor dem Krankenhause zum Roten Kreuz gelegenen
Platz anzukaufen und zu einem öffentlichen Park auszu-
gestalten. In dem über toooo (Quadratmeter großen
park soll nach einem Beschlüsse der Stadtverordneten als
Erinnerungsmal an die Stifterin des Krankenhauses, Frau
Sophie Henschel, ein Brunnen von künstlerischem wert er-
richtet werden, so000 Mk. sind zu diesem Zwecke vor-
gesehen. Für den Denkmalsbrunnen wird ein Wettbewerb
unter den in Kurhessen geborenen und ansässigen Künst-
lern ausgeschrieben werden. Außerdem werden zur Teil-
nahme an dem Wettbewerb die Bildhauer Prof. Gaul,
Berlin; Prof, wrba, Dresden; und Prof. Hahn, München,
aufgefordert werden. Für die architektonisch-gärtnerisch.
XIV, Ljeft §0.
vergab, hat in den Kreisen der Kasseler Künstler und
Kunstfreunde nicht geringes Aufsehen erregt. Mag das
Verfahren, Aufträge eine n Bestimmten zu übergeben,
ohne daß die in Frage kommenden Kreise der Künstler
mitgewirkt haben, heute ab und zu vorkommen, so bleibt
es doch trotz mehrfacher Uebung nicht weniger bedenklich.
Aber bei einer Frage von derartig einschneidender Be-
deutung, der Verschönerung der Altstadt durch ein Werk
der plastischen Kunst, muß dieses hermetische Ausschließen
größerer künstlerischer Kreise besonders auffallen, wenn
die Absicht zur Lösung einer solch eminent wichtigen und
schwierigen Aufgabe besteht, so mußte man ohne weiteres
annehmen dürfen, daß deshalb ein Preisausschreiben unter
den Bildhauern der Provinz Hessen-Nassau und des Groß-
herzogtums Hessen veranstaltet würde. Man sage nur ja
nicht, daß hierzu das Objekt zu klein sei. Das ist ganz
und gar nicht der Fall, vor dem Kriege aber würde man
gesagt haben: Noblesse obli^e!
Heute behalten wir den Sinn dieses Wortes bei und
sagen auf gut deutsch: Eine Residenzstadt, die sich mit
Stolz Großstadt nennt, soll eine vornehmste Pflicht darin
erblicken, die künstlerischen Kräfte ihres eigenen und des
stammverwandten Landes anzuregen und zu befruchten.
Ferner erschiene es wenig günstig, wenn die Verantwor-
tung in der Lösung dieser heiklen Frage einer einzigen
Kunstkommission aufgebürdet würde. Ganz zweifellos
müßte auch die Kommission gehört werden, die nach dem
neuen Grtsstatut den Schutz und die architektonische Schön-
heit des Stadtbildes mitgewährleisten soll; schließlich käme
das Gutachten des Bezirkskonservators nach meiner An-
sicht ebenfalls hier in Betracht. Ist ein bestimmter Stif-
tungswille vorhanden, der an gewisse Normen bindet, so
muß er allerdings respektiert werden, soweit es sich mit
der künstlerischen Notwendigkeit und Ersprießlichkeit ver-
einigen läßt. Aber ein Stifter, mag es sein, wer er wolle,
der der Oeffentlichkeit ein Werk schenken will und gar,
wie in diesem Falle, ein plastisches Werk, das sich der ge-
samten architektonischen Anlage organisch einzufügen hat,
begibt sich damit ohne weiteres eines guten Teils seiner
persönlichen Neigungen und seines vielleicht ganz subjek-
tiven Kunstgeschmacks. Das heißt, er muß der Oeffent-
lichkeit gegenüber Verantwortungen abtreten, denn ein
Werk der Plastik wird nicht für Jahre, sondern für Jahr-
zehnte, vielleicht für Jahrhunderte geschaffen, wir glauben,
daß dies auch im Sinne des Stifters dieses Brunnens ge-
sagt ist. Es muß also dafür eingetreten werden, die Ent-
stehung des für den Schmuck unserer Altstadt so wichtigen
Werkes unter allen Umständen die Instanzen der hier ge-
nannten sachverständigen Stellen passieren zu lassen. Dann
wird die Schaffung eines würdigen Denkmals gewährleistet
sein, und es wird sich zeigen, ob der heute für den Brunnen
gewählte Platz überhaupt der geeignete ist. Lunckicle.
wie sich die Pariser Künstler ihren Lebensunter-
halt zu sichern suchen, ersieht man aus einem „pariser
Sgraffittos" überschriebenen Artikel des „Temps":
„Seit einiger Zeit bieten manche unserer Boulevards
oder unserer Alleen ein eigenartiges und neuartiges Schau-
spiel. Die Spaziergänger bleiben stehen und bilden Gruppen
auf den Bürgersteigen um einen kauernden, hin und her
pendelnden Mann, der mit patriotischem Kohlenstift der
Zeit entsprechende Zerrbilder zeichnet. Wilhelm II., Franz
Joseph, der Kronprinz sind hier in verschiedenen Stellungen
und mit racheatmenden Umschriften zu sehen. Auch den
Sultan sieht man und natürlich auch den .Boche'-Soldaten
mit seinem Helm. In jüngster Zeit zeigt der Zeichner
auch, wie Bersagliere und Zuave sich innig umarmen.
Man darf aber nicht glauben, daß es in Paris nur einen
Mann gibt, der den Asphalt mit solchen Erzeugnissen seiner
Phantasie schmückt. Ls ist vielmehr ganz plötzlich eine
recht ansehnliche Schar solcher Straßenmaler aufgetaucht,
und der Bürgersteig ist zu einer Art Kunstausstellung ge-
worden. Wenn der Künstler mit seinem Bilde fertig ist,
schreibt er über den Kopf der dargestellten Persönlichkeit:
„Man vergesse denZeichner nichtl" Und nun erst erkennt man,
daß sich hier eine kleine Kriegsindustrie herausgebildet
hat. Und das Geschäft scheint seinen Mann zu ernähren,
sonst wären wohl nicht so viele Asphaltzeichner an der
Arbeit . . ." Diese Art Kunstbettelei ist ja jedem, der
London kennt, in Erinnerung.
Vermischter HachrichtenteN.
Eröffnete Ausstellungen
Lhemnitz. Die Ausstellung Gerstenberger eröffnete
eine neue Ausstellung mit Blumenstücken, Landschaften
und graphischen Arbeiten von Earl Thiemann, Dachau;
Hamburger Hafen- und Seestudien von Walter Bertelsmann,
Worpswede; und Radierungen von Paul Herrmann, Berlin,
und Georg Jahn, Dresden.
Dresden. (Sächsischer Kunstverein zu Dresden,
Brüh Ische Terrasse.) Freiwillige Geschenke deutscher
Künstler für die Kunstlotterie treffen immer noch ein; aus
der Reihe der letzten Spender seien genannt: Walter Petersen,
Düsseldorf; Theodor Schindler, Mannheim; Peter Paul
Müller und Max Artur Stremel, München; Bruno H6roux,
Leipzig, weitere Spenden sind angekündigt.
Llberfeld. (Kaiser-Wilhelm-Muse um). Im Bergi-
schen Saale find zurzeit einige Bilder aus hiesigem Privat-
besitz ausgestellt, darunter Werke von Alb. Weisgerber,
Rich. Bloos, I. Seiler, Ehr. Landenberger, Erich Lrler u. a.
Im Kupferstichsaale des t. Obergeschosses gelangten eine
Anzahl Federzeichnungen, teilweise angetönt, von Paul
Meinke, Köln, zur Ausstellung.
München. (Verein bildender Künstler Münchens
„Secession".) Die Sommerausstellung der „Secession"
im Kgl. Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz in
München ist Mittwoch, den so. Juni, vormittags t t Uhr,
eröffnet worden. — Im Kunsthaus Brak! in München ist
jetzt eine Ausstellung eröffnet worden, die etwa 200 Kriegs-
bilder von Münchner Künstlern umfaßt. Unter ihnen sind
Werke von Hayek, Dill, Jank und Bauriegl.
Weimar. (Großherzogliches Museum für Kunst
und Kunstgewerbe.) Neu ausgestellt: Oelgemälde und
Zeichnungen von Bernhard Bock, Weimar; Gelgemälde
von Emmy Frühling, München; Kunstgewerbliche Arbeiten
von Antonia v. Bertrab, Rudolstadt; Russische Typen von
Ernst wetzenstein, Weimar; Skizzen aus Polen von Her-
mann Struck, Berlin.
- Geplante MeHbenerbe
Lasse!. (Wettbewerb um einen Park-Brunnen.)
Geh. Kommerzienrat Dr.-Ing. Henschel hat der Stadt Lasse!
260 000 Mk. geschenkt, um einen an der wilhelmshöher
Allee vor dem Krankenhause zum Roten Kreuz gelegenen
Platz anzukaufen und zu einem öffentlichen Park auszu-
gestalten. In dem über toooo (Quadratmeter großen
park soll nach einem Beschlüsse der Stadtverordneten als
Erinnerungsmal an die Stifterin des Krankenhauses, Frau
Sophie Henschel, ein Brunnen von künstlerischem wert er-
richtet werden, so000 Mk. sind zu diesem Zwecke vor-
gesehen. Für den Denkmalsbrunnen wird ein Wettbewerb
unter den in Kurhessen geborenen und ansässigen Künst-
lern ausgeschrieben werden. Außerdem werden zur Teil-
nahme an dem Wettbewerb die Bildhauer Prof. Gaul,
Berlin; Prof, wrba, Dresden; und Prof. Hahn, München,
aufgefordert werden. Für die architektonisch-gärtnerisch.