Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

DOI issue:
Heft 29
DOI article:
Nichtamtlicher Teil
DOI article:
Die Große Berliner Kunstausstellung
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0342

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
33h

Die Merkstatt der Kunst.

XIV, Heft 29.

Qicktamrlicker

Vie Große kerliner klunstausslellung.

Wie die vossische Zeitung mitteilt, wird in diesem
Zahre, da ihr gewohntes heim, der Landesausstellungs-
palast, für heereszwecke in Anspruch genommen ist, in
den Ausstellungsräumen der königl. Akade-
mie der Künste am pariser Platz stattfinden. Um
trotz dieser verhältnismäßig wenig umfangreichen
Räume der Künstlerschaft zu ihrem Rechte zu ver-
helfen, soll die Ausstellung in zwei aufeinander-
folgenden Abteilungen veranstaltet werden. Oie
erste Abteilung wird voraussichtlich zu Pfingsten zur
Eröffnung gelangen können. (Das genaue Programm
geben wir an anderer Stelle. O. Schrftl.). Bereits
vor einer größeren Anzahl von Zähren hat man, als
das Landesausstellungsgebäude nicht zur Verfügung
stand, dieselbe Lösung der Schwierigkeiten gefunden.
Damals stand an der Stelle der jetzigen königl.
Bibliothek noch das alte Akademiegebäude, und dort
wurde die Ausstellung veranstaltet. Sie hatte da
einen überraschenden Erfolg. Oer unter dem Kriege
schwer genug leidenden Künstlerschaft ist ein gleicher
auch in diesem Zähre in den schönen Räumen zu
wünschen, in denen sie Gastrecht genießen wird.
Nicht ganz der gleichen Ansicht ist ein „hervor-
ragender Berliner Künstler", der in mehreren
Zeitungen schreibt: „Oie Tatsache, daß sich die
Große Berliner Kunstausstellung nicht in der ge-
wohnten Weise im Landesausstellungsgebäude wird
verwirklichen lassen, bedeutet in dieser schweren Zeit
für die schon so hart betroffene Künstlerschaft einen
weiteren schweren Schlag. Was da als Notbehelf an
anderem Orte, voraussichtlich in den Räumen der
Akademie der Künste am pariser Platz, zustande
kommen wird, bietet gerade für die wirtschaftlich
Schwachen unter uns keinen Ersatz. Denn so wenig
schön die „Große Berliner" eben aus diesem Grunde
war, so notwendig war sie als einzigartiger großer
Kunstmarkt. Und ein solcher geht in die verhältnis-
mäßig kleinen Räume der Akademie nicht hinein.
Das wird eine Auslese des Besten werden, das heißt
derjenigen unter uns, die auch sonst Ausstellungs-
möglichkeiten, z. B. in den Salons, haben, und die
meist Verkäufe und dergleichen oder gar ein Bekannt-
werden durch die Ausstellung überhaupt nicht dringend
brauchen. Oie Schwachen, die Bedrängten, die Unbe-
kannten werden schwerlich in die vornehmen Räume
am pariser Platz Einzug halten können. Auch eine
serienweise Ausstattung mit wechselnden Kunst-
werken kann kaum helfen. Auch bleibt zweifelhaft,
ob das bestimmte Publikum, das die „Große" nun

einmal hat und das vielleicht auch auf Massenkonsum
Wert legt, am pariser Platz überhaupt erscheint.
Vie Verlegung der „Großen" hat nun, wie dieser
Tage bereits in der Öffentlichkeit ausgesprochen wurde,
auch noch die bedauerliche Folge gehabt, daß die
geplante Vereinigung der ganzen Künstlerschaft nicht
zur Tatsache wird. Oie Sezession hat überhaupt
keine Räume, die Freie Sezession scheut die kosten
einer eigenen Ausstellung am Kurfürstendamm. Sie
zählen also auch zu den wirtschaftlich Schwachen, die
diesmal im Glaspalast es sich wohl sein lassen könnten.
Vie Verhandlungen waren von autoritativer Seite,
nicht von der Aussiellungsleitung, begonnen und
hätten zu gutem Ende geführt, wenn der Glaspalast
die Bereitstellung eigener Räume für die sezessionisti-
schen Gruppen ermöglicht hätte. Daß das nicht der
Fall war, lag an „höherer Gewalt": die Militär-
verwaltung kann die Räume nicht freimachen.
kann sie auf keinen Fall? Ist die wirtschaftliche
Schädigung großer Teile der Künstlerschaft nicht im
Grunde wichtig genug? Unsere Heeresverwaltung
nimmt sich so energisch der Kunstdenkmäler der Ver-
gangenheit selbst in Feindesland an — hier gibt es für
die lebende Kunst in der Heimat etwas zu tun! kann
kein mächtiger Freund der Kunst ein Machtwort
sprechen?"
Wir können die Ansicht des Gewährsmannes
jener Zeitungen nicht teilen. Gerade die Knappheit
der Ausstellung erscheint uns ein Vorteil. Vie
Möglichkeit, schwache Arbeiten in versteckte Säle zu
verstauen, wo sie doch nicht verkauft werden, fällt
in der Akademie fort. Oie Notwendigkeit, daß
die künstlerisch Schwachen eine Aufmunterung zum
Fortbetrieb der heiligen Kunst durch Zulassung
zu einer öffentlichen Ausstellung erfahren, müssen
wir bestreiten. Sie sollen sich anderen Berufen zu-
wenden. Wer wirklich etwas taugt, der bleibt heut
nicht mehr „Unbekannter". Dazu ist man viel zu
demokratisch und gierig auf Neues.
Ein tatsächlicher Zrrtum ist im Übrigen, daß
irgendeine „autoritative Seite" (!) in die Verhand-
lungen zwischen den Künstler grupp en eingegriffen
hat. Darüber sind wir besser unterrichtet als der
Schreiber jener Zeilen.
Oie Schriftltg.

*) Die Mitteilung über die „Große Berliner Runstaus-
stellung" gelangte für die vorige Nummer zu spät in die
Hände der Schriftleitung.
 
Annotationen