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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 33
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Nichtamtlicher Teil
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Ganske, Willy: Franz Hoffmann-Fallersleben: zu seinem 60. Geburtstag am 19. Mai
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Ganske, Willy: Leopold Graf von Kalckreuth: zu seinem 60. Geburtstag (geb. 15. Mai 1855)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0400

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392

Die Werkstatt der Kunst.

XIV, Heft 33.

Eindrücke gegeben und sein späteres malerisches
schaffen sehr stark beeinflußt. Nach einer kurzen
Lehrzeit an der Düsseldorfer Akademie kehrte der
Neunzehnjährige in seine thüringische Heimatstadt
Weimar zurück und wurde hier Schüler von Theo-
dor Hagen, auch sein älterer, leider so früh ver-
storbene Freund Karl Buchholz hat ihn künstlerisch
stark beeinflußt. Als die schlichte Kunst von Buch-
holz völlig vergessen war, machte Hoffmann-Fallers-
leben auf dieses starke Talent wieder aufmerksam.
Ts ist sein Verdienst, wenn die Bilder von Buch-
holz heute wieder sehr geschätzt sind. In Weimar
hat Hoffmann die prächtigen Waldungen des Thü-
ringer Berglandes lieb gewonnen und ihre rauschen-
den - Buchen- und Lichenwipfel in ihren milden
Linien gemalt, aber stärker zog ihn doch das
Weserland und das Gebiet Niedersachsens an.
Sechs Jahre hat er in Weimar gelebt, um später
seinen Wohnsitz dauernd in Berlin zu nehmen. Er
hat auf seinen Nalerfahrten immer wieder das
alte Westfalenland besucht und seine romantischen
Reize mit Inbrunst geschildert. Wenn die indu-
strielle Entwickelung dieser Gegend den letzten Rest
von Romantik geraubt haben wird, dann werden
dieses Künstlers Landschaften noch von geheimnis-
vollen Opfersteinen und tausendjährigen Eichen-
bäumen Kunde geben. Er hat die Heide mit ihren
Höfen und verfallenen Kathen, weltferne roman-

tische Ruinen, verschwiegene Klostergärten, ver-
witterte Türme und epheubewachsene Schlösser mit
Zwiebeltürmen in seinen Gemälden poetisch ver-
klärt. Weist hängt über seinen Bildern ein schwerer
Herbsthimmel mit milden Lichtern auf den ver-
welkenden Blättern. An versunkene Zeiten er-
innerte sein „Hünengrab vor einem Waldkirchhof",
„Der Wodansberg" und der „Gpfertisch in der
Lüneburger Heide". Auf dem „Teutoburger Wald"
gab er herbststimmungen aus dem Oldenburger
Noor schwermütige „Torfhütten". Sehr bekannt
sind seine Bilder alter romantischer Schloßparke
geworden, so von Augustenburg und Schloß herrn-
hausen bei Hannover. Auch die Ostsee hat den
Künstler gereizt. Schon 1886 malte er die Ruine
hammerhus auf Bornholm, 1888 entstand sein Bild
„Nach der Sturmflut" und in den neunziger Iahren
malte er Ostseestimmungen und einen „Abend im
Norderholz auf Alsen". Literarische Reminiszenzen
tauchen in seinen Parklandschaften „Eharlotte von
Steins Platz in Goethes Garten" und „Vas Natur-
theater im Schloß Belvedere bei Weimar" auf. Oie
Museen in Breslau, Weimar und Hannover besitzen
Werke des Malers, die Berliner Nationalgalerie
kaufte 1906 den „Ersten Schnee" an, im gleichen
Iahre erhielt er die goldene Medaille der Großen
Berliner Kunstausstellung.

Leopolck Grak v. Kalckreulk
zu seinem 60. Geburtstag (geb. 15. Mai 1855).
von Willg Ganske.

Oer seit dem Iahre 1907 zu Eddelsen bei Hitt-
feld in der Nähe von Hamburg schaffende Maler
Graf Leopold v. Kalckreuth vollendet am 15. Mai
sein 60. Lebensjahr. Er ist 1855 in Düsseldorf ge-
boren und wurde in einem Künstlerhause groß. Sein
Vater war der zu seiner Zeit sehr beliebte Land-
schafter Graf Stanislaus, der über ein Jahrzehnt
die Weimarer Kunstschule leitete und besonders
durch seine Gebirgslandschaften mit Alpenglühen
Popularität errang. Oer Sohn hat sich im Gegen-
satz zu seinem Vater nie auf irgendeine Sonderkunst
festgelegt. Er hat alles gemalt, was seinen pinsel
reizte, Bildnisse und Szenen aus dem Leben, Land-
schaften und Interieurs. Anfangs war er Schüler
von Strugs und Schauß auf der Weimarer Akademie
(1875—78), dann malte er sechs Jahre bei Benczur
in München, von 1885 ab wirkte er als Professor
in Weimar, bis er sich 1890 einen eigenen Haus-
stand in dem schlesischen Grt höckricht bei Gels schuf,
hier fand der Künstler sich selbst und malte präch-
tige Bilder seiner Gattin und seiner Kinder. Sehr
bekannt wurde die Skizze „Kostümprobe", in der er
sein liebliches Töchterlein im spanischen Flitterkleid
ä, la velasquez malte. Ein neues Darstellungs-
gebiet bot ihm das Leben der schlesischen Feld-
arbeiter. In dem ursprünglichen Empfinden dieser

Naturmenschen fand der Künstler geeignete Modelle
für sein Streben nach Wirklichkeit. Zu seinen Mo-
dellen gehörte eine greise Arbeiterin, die in ihrem
Wesen und Äußeren etwas seltsames hatte und die
Gabe des zweiten Gesichtes besaß. Diese Alte hat
er oft auf seinen Bildern gemalt, besonders in dem
großen Triptnchon „Unser Leben währt siebenzig
Jahre", auf dem linken Flügelbild steht die kleine
Ährenleserin, halb Jungfrau, halb Kind, mit den
gesammelten Ähren in den Händen. Im rechten
Flügelbild trägt die Mutter als gereifte Frau den
schweren Kartoffelkorb auf den stämmigen Schultern.
Im Mittelbild sitzt die Greisin müde und versunken auf
der Bank vor dem Hause und blickt leer vor sich hin.
Im Jahre 1895 erhielt der Künstler einen Ruf
an die Karlsruher Hochschule, hier wirkte er bis
1899 und war dann noch sechs Jahre an der Stutt-
garter Akademie tätig. Das Leben in diesen beiden
Städten brachte ihm die süddeutsche Landschaft nahe.
Als reifstes Werk der Karlsruher Periode entstand
das jetzt in der Großherzoglichen Kunsthalle hän-
gende Gemälde „Gewitterwolken". In Stuttgart
malte er den 1901 auf der Berliner Sezession ge-
zeigten „Schloßplatz", ein Großstadtbild. Dann
wurde er nach Hamburg berufen, um dort die
Sammlung von Hamburger Bildern durch einige
 
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