26§
einen kurzen Blick auf die Entwicklung der Medaillenkunst
zu werfen.
Ls hat nicht an versuchen gefehlt, die ästhetische Be-
deutung der Münze zu nützen und die Münzen selbst
schöner zu gestalten. Im Jahre 1891 wurde in Berlin
von Regierungsrat von Brakenhausen ein Vortrag über
die Verschönerung der modernen Münzen gehalten, welcher
manche willkommene Anregungen gab, die nur leider nicht
befolgt wurden. In Hamburg setzte in den Jahren I890
bis 1892 auf einem verwandten Gebiete eine Bewegung
ein, welche auf die Wiedererweckung der Medaille hin-
strebte (vgl. A. Lichtwarks gleich betitelte Schrift), und diese
wiederum lehnte sich an die in Frankreich auf das Jahr
1868 zurückgehende Bewegung an. Am 2. Mai 1868
nämlich hatte der Chemiker Dumas einen Vortrag über
den Niedergang des Medaillenstils gehalten, von da ab
kann man die Neugestaltung des Medaillenwesens in
Frankreich, dessen hervorragendste Vertreter Lhaplain, Roty
und später Charpentier waren, datieren. Die weitaus be-
deutendsten, klassischen Meisterwerke in ihrer Art sind die
Arbeiten der beiden erstgenannten Künstler. Lichtwark
sah die Arbeiten dieser Künstler in Kopenhagen im Ia-
-cobsen-Museum und war so entzückt, daß er sich in Paris
einem gründlichen Studium derselben hingab und danach
in Hamburg eine Bewegung der Medaille mit Erfolg ein-
leitete.
Dürer hat einige Medaillen geschaffen, welche zu den
köstlichsten Kunstwerken des Meisters gehören, vor allem
die Medaille seiner Frau, Agnes Frey, ein Wunderwerk
von Naivetät und Süße und zugleich von der Fähigkeit,
den gegebenen Raum auszunützen. Fast die ganze Höhe
der Fläche wird hier von dem Porträt eingenommen —
dies ein wesentlicher Punkt — und die Schwierigkeit, den
Koxf en tLee in Flachrelief zu geben, ist meisterhaft über-
wunden.
was hier von der Medaille gesagt ist, gilt übrigens
auch von der Münze. Abgesehen davon, daß die Münze
schön klingen muß und daß sie aus gutem Material be-
stehen muß, muß sie Denkmünze sein, d. h. an das wich-
tigste Ereignis des Jahres anknüpfen, vor allem aber
muß sie ihrem Charakter nach einerseits national und
andererseits volkstümlich sein. National sind die heutigen
Münzen, volkstümlich sind sie nicht. Liner unserer besten
neudeutschen Plakettenkünstler, Alfred Bosselt, Darmstadt,
hat kürzlich mit Recht mit folgenden Worten den Stab
über unser modernes Münzwesen gebrochen: „Mit der
Kunst haben sie jeden Anhang gebrochen, denn diese
schematischen, alle an derselben Stelle mit geschwungener
Linie guillotinierten Fürstenbildnifse können keinen An-
spruch mehr darauf erheben. Und dann diese Rückseiten,
diese ausdruckslosen Rückseiten mit der so korrekten, gut-
gesinnten, mit einzelnen Buchftabenstemxeln eingeschlagenen
Schrift!" Mit Recht verlangt Bosselt, daß man sich zur
Herstellung der Münzmedaille an Künstler wenden soll.
Nun zurück zu den Kriegsmedaiüen. Der heute volks-
tümlichste Mann in Deutschland, General von Hindenburg,
hat auch die Anregung zu einer ganzen Anzahl von Me-
daillen gegeben, und darunter sind sicherlich manche gute,
künstlerisch bedeutsame Arbeiten.' Aber im allgemeinen
muß ich doch sagen, soweit ich Gelegenheit gehabt habe
Umschau zu halten, daß die Medaillenkunst auch heute
noch nicht die gewünschte künstlerische Höhe erreicht hat.
Ls fehlt einmal an dem richtigen, eigentlichen Medaillen-
stil, der Feinheit der Modellierung, namentlich bei den
Uebergängen von der Grundfläche ins Relief, andererseits
aber daran, daß tüchtige Künstler sich für diese schöne
Kunst zur Verfügung stellen. Hoffen wir, daß sich dies
im weiteren verlaufe dieses Krieges ändert.
XIV Heft 23.
Im „Hannoverschen Courier" lesen wir:
Neuerwerbungen für das Kestner-Museum.
Direktor Or. Brinkmann ist es gelungen, eine Reihe
wertvoller kunstgewerblicher Altertümer aus den verschie-
densten Zeitepochen zu erwerben. Sie sind augenblicklich
in einem Glasschranke vor dem Gberlichtsaale zur Schau
gestellt und finden viel Beachtung.
Zeitlich am ältesten ist von diesen Sachen eine Glas-
flasche fränkisch-merovingischen Ursprungs, also aus der
Zeit des 5.—7. Jahrhunderts. Diese Erwerbung ist um
so willkommener, als sie eine wertvolle Ergänzung zu der
geplanten Ausstellung frühmittelalterlicher Gegenstände
bilden wird. Ihr schließt sich eine im gotischen Stile ge-
haltene Figur des Ritters Georg, schwäbischen Ursprungs,
aus der Zeit um 1500, an, und ein sehr hübsches kleines
Kunstwerk des berühmten Nürnberger Kunstschlossers
Michael Man, ein mit reicher figürlicher und ornamentaler
Gravierung versehenes Messingkästchen, dessen Entstehung
etwa in die Zeit um 1600 fällt. Lin Prachtstück ist die
von Frau Konsul Houguet geschenkte Delfter Fayence-
Schüssel, die, in blau-weiß gehalten, ganz eigenartige Ma-
lereien, Tiere und Menschen, regellos durcheinandergewürfelt,
aufweist und aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammen
dürfte. Nicht viel jüngeren Datums wird eine Augsburger
Zinnschüssel sein, anscheinend ein Hochzeitsgeschenk, worauf
die Gravierung hindeutet.
Aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen
zwei große gerippte Fayence-Vasen (Potsdamer Ursprungs),
die in ihren leuchtenden Farben mit Delfter Erzeugnissen
wetteifern. Zwei kleine durchbrochene Meißner Porzellan-
teller mit japanischem Schmuck sind etwa 17-10 entstanden,
während zwei schöne silberne Leuchter in bewegten Rokoko-
formen in Braunschweig und Wolfenbüttel 1760—1770
hergestellt wurden. Lin wertvolles Stück ist eine Schild-
pattdose in Goldfassung, mit einem vom Hamburger
Maler Gröger gemalten Damenbildnis. Unter den klei-
neren Gegenständen aus dem 19. Jahrhundert ist noch für
Musikfreunde interessant ein Miniaturbild Franz Schuberts
von dem wiener Maler Robert Theer. Line Porzellan-
flasche in Gestalt eines Wickelkindes in weiß-blau, Nach-
ahmung von Wedgwood, und einer Fürftenberger Porzellan-
tasse mit der Abbildung des Geller Schlosses (Geschenk des
Herrn Adolf Bruns) bilden die letzten Stücke der Neu-
erwerbungen, die für alle Kunstgewerbler und Künstler
hohes Interesse haben.
Die „Kleine Presse" in Frankfurt a. M. schreibt über
Das neue Museum in Wiesbaden.
Mit dem Museumsneubau geht es, obwohl es zeit-
weilig an technischem Personal mangelt und auch manch-
mal die geeigneten Bauhandwerker eben nicht zu greifen
sind, vorwärts, so daß der Umzug wie geplant bis zum
1. Oktober bewirkt werden kann. In den letzten Tagen
hat eine Besichtigung des Neubaus durch die Museums -
deputation, die Hochbaudeputation sowie den Oberbürger-
meister Geheimrat Glässing unter Teilnahme des beteiligten
Architekten Prof. Theodor Fischer stattgefunden, deren
eigentlicher Zweck der war, das Nähere bezüglich der
inneren Ausstattung und Einrichtung des Neubaus fest-
zustellen. So weit, wie es eben anging, sind heimatliche
Arbeiter und Materialien bei dem Bau zur Verwendung
gelangt. Nur dort, wo ganz besondere Verhältnisse vor-
lagen, wurde unter dem Zwang der Verhältnisse von diesem
Grundsatz abgewichen. So ist in dem Kuppelraum aus-
schließlich nassauischer Marmor verarbeitet. Kunst-
maler Völker hier ist als künstlerischer Beirat für die
Innendekoration sowie die geeignete Unterbringung der
Gemäldesammlungen vom Hochbauamt zugezogen worden.
Die Werkstatt der Kunst.
einen kurzen Blick auf die Entwicklung der Medaillenkunst
zu werfen.
Ls hat nicht an versuchen gefehlt, die ästhetische Be-
deutung der Münze zu nützen und die Münzen selbst
schöner zu gestalten. Im Jahre 1891 wurde in Berlin
von Regierungsrat von Brakenhausen ein Vortrag über
die Verschönerung der modernen Münzen gehalten, welcher
manche willkommene Anregungen gab, die nur leider nicht
befolgt wurden. In Hamburg setzte in den Jahren I890
bis 1892 auf einem verwandten Gebiete eine Bewegung
ein, welche auf die Wiedererweckung der Medaille hin-
strebte (vgl. A. Lichtwarks gleich betitelte Schrift), und diese
wiederum lehnte sich an die in Frankreich auf das Jahr
1868 zurückgehende Bewegung an. Am 2. Mai 1868
nämlich hatte der Chemiker Dumas einen Vortrag über
den Niedergang des Medaillenstils gehalten, von da ab
kann man die Neugestaltung des Medaillenwesens in
Frankreich, dessen hervorragendste Vertreter Lhaplain, Roty
und später Charpentier waren, datieren. Die weitaus be-
deutendsten, klassischen Meisterwerke in ihrer Art sind die
Arbeiten der beiden erstgenannten Künstler. Lichtwark
sah die Arbeiten dieser Künstler in Kopenhagen im Ia-
-cobsen-Museum und war so entzückt, daß er sich in Paris
einem gründlichen Studium derselben hingab und danach
in Hamburg eine Bewegung der Medaille mit Erfolg ein-
leitete.
Dürer hat einige Medaillen geschaffen, welche zu den
köstlichsten Kunstwerken des Meisters gehören, vor allem
die Medaille seiner Frau, Agnes Frey, ein Wunderwerk
von Naivetät und Süße und zugleich von der Fähigkeit,
den gegebenen Raum auszunützen. Fast die ganze Höhe
der Fläche wird hier von dem Porträt eingenommen —
dies ein wesentlicher Punkt — und die Schwierigkeit, den
Koxf en tLee in Flachrelief zu geben, ist meisterhaft über-
wunden.
was hier von der Medaille gesagt ist, gilt übrigens
auch von der Münze. Abgesehen davon, daß die Münze
schön klingen muß und daß sie aus gutem Material be-
stehen muß, muß sie Denkmünze sein, d. h. an das wich-
tigste Ereignis des Jahres anknüpfen, vor allem aber
muß sie ihrem Charakter nach einerseits national und
andererseits volkstümlich sein. National sind die heutigen
Münzen, volkstümlich sind sie nicht. Liner unserer besten
neudeutschen Plakettenkünstler, Alfred Bosselt, Darmstadt,
hat kürzlich mit Recht mit folgenden Worten den Stab
über unser modernes Münzwesen gebrochen: „Mit der
Kunst haben sie jeden Anhang gebrochen, denn diese
schematischen, alle an derselben Stelle mit geschwungener
Linie guillotinierten Fürstenbildnifse können keinen An-
spruch mehr darauf erheben. Und dann diese Rückseiten,
diese ausdruckslosen Rückseiten mit der so korrekten, gut-
gesinnten, mit einzelnen Buchftabenstemxeln eingeschlagenen
Schrift!" Mit Recht verlangt Bosselt, daß man sich zur
Herstellung der Münzmedaille an Künstler wenden soll.
Nun zurück zu den Kriegsmedaiüen. Der heute volks-
tümlichste Mann in Deutschland, General von Hindenburg,
hat auch die Anregung zu einer ganzen Anzahl von Me-
daillen gegeben, und darunter sind sicherlich manche gute,
künstlerisch bedeutsame Arbeiten.' Aber im allgemeinen
muß ich doch sagen, soweit ich Gelegenheit gehabt habe
Umschau zu halten, daß die Medaillenkunst auch heute
noch nicht die gewünschte künstlerische Höhe erreicht hat.
Ls fehlt einmal an dem richtigen, eigentlichen Medaillen-
stil, der Feinheit der Modellierung, namentlich bei den
Uebergängen von der Grundfläche ins Relief, andererseits
aber daran, daß tüchtige Künstler sich für diese schöne
Kunst zur Verfügung stellen. Hoffen wir, daß sich dies
im weiteren verlaufe dieses Krieges ändert.
XIV Heft 23.
Im „Hannoverschen Courier" lesen wir:
Neuerwerbungen für das Kestner-Museum.
Direktor Or. Brinkmann ist es gelungen, eine Reihe
wertvoller kunstgewerblicher Altertümer aus den verschie-
densten Zeitepochen zu erwerben. Sie sind augenblicklich
in einem Glasschranke vor dem Gberlichtsaale zur Schau
gestellt und finden viel Beachtung.
Zeitlich am ältesten ist von diesen Sachen eine Glas-
flasche fränkisch-merovingischen Ursprungs, also aus der
Zeit des 5.—7. Jahrhunderts. Diese Erwerbung ist um
so willkommener, als sie eine wertvolle Ergänzung zu der
geplanten Ausstellung frühmittelalterlicher Gegenstände
bilden wird. Ihr schließt sich eine im gotischen Stile ge-
haltene Figur des Ritters Georg, schwäbischen Ursprungs,
aus der Zeit um 1500, an, und ein sehr hübsches kleines
Kunstwerk des berühmten Nürnberger Kunstschlossers
Michael Man, ein mit reicher figürlicher und ornamentaler
Gravierung versehenes Messingkästchen, dessen Entstehung
etwa in die Zeit um 1600 fällt. Lin Prachtstück ist die
von Frau Konsul Houguet geschenkte Delfter Fayence-
Schüssel, die, in blau-weiß gehalten, ganz eigenartige Ma-
lereien, Tiere und Menschen, regellos durcheinandergewürfelt,
aufweist und aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammen
dürfte. Nicht viel jüngeren Datums wird eine Augsburger
Zinnschüssel sein, anscheinend ein Hochzeitsgeschenk, worauf
die Gravierung hindeutet.
Aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen
zwei große gerippte Fayence-Vasen (Potsdamer Ursprungs),
die in ihren leuchtenden Farben mit Delfter Erzeugnissen
wetteifern. Zwei kleine durchbrochene Meißner Porzellan-
teller mit japanischem Schmuck sind etwa 17-10 entstanden,
während zwei schöne silberne Leuchter in bewegten Rokoko-
formen in Braunschweig und Wolfenbüttel 1760—1770
hergestellt wurden. Lin wertvolles Stück ist eine Schild-
pattdose in Goldfassung, mit einem vom Hamburger
Maler Gröger gemalten Damenbildnis. Unter den klei-
neren Gegenständen aus dem 19. Jahrhundert ist noch für
Musikfreunde interessant ein Miniaturbild Franz Schuberts
von dem wiener Maler Robert Theer. Line Porzellan-
flasche in Gestalt eines Wickelkindes in weiß-blau, Nach-
ahmung von Wedgwood, und einer Fürftenberger Porzellan-
tasse mit der Abbildung des Geller Schlosses (Geschenk des
Herrn Adolf Bruns) bilden die letzten Stücke der Neu-
erwerbungen, die für alle Kunstgewerbler und Künstler
hohes Interesse haben.
Die „Kleine Presse" in Frankfurt a. M. schreibt über
Das neue Museum in Wiesbaden.
Mit dem Museumsneubau geht es, obwohl es zeit-
weilig an technischem Personal mangelt und auch manch-
mal die geeigneten Bauhandwerker eben nicht zu greifen
sind, vorwärts, so daß der Umzug wie geplant bis zum
1. Oktober bewirkt werden kann. In den letzten Tagen
hat eine Besichtigung des Neubaus durch die Museums -
deputation, die Hochbaudeputation sowie den Oberbürger-
meister Geheimrat Glässing unter Teilnahme des beteiligten
Architekten Prof. Theodor Fischer stattgefunden, deren
eigentlicher Zweck der war, das Nähere bezüglich der
inneren Ausstattung und Einrichtung des Neubaus fest-
zustellen. So weit, wie es eben anging, sind heimatliche
Arbeiter und Materialien bei dem Bau zur Verwendung
gelangt. Nur dort, wo ganz besondere Verhältnisse vor-
lagen, wurde unter dem Zwang der Verhältnisse von diesem
Grundsatz abgewichen. So ist in dem Kuppelraum aus-
schließlich nassauischer Marmor verarbeitet. Kunst-
maler Völker hier ist als künstlerischer Beirat für die
Innendekoration sowie die geeignete Unterbringung der
Gemäldesammlungen vom Hochbauamt zugezogen worden.
Die Werkstatt der Kunst.