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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 27
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XIV, Heft 27.

Die Werkstatt der Kunst.

315

geregte und ausgereifte Gedanke auf die Kunst befruchtend
wirken wird.
Und für die daheim verbliebenen Künstler dürfte sich,
wo zurzeit so sehr viele Kräfte fehlen, wohl die eine oder
andere Gelegenheit zur Betätigung, wenn auch manchmal
nur auf der Kunst verwandten Gebieten, finden lassen.
Hier könnten die in den letzten Jahren entstandenen wirt-
schaftlichen verbände eingreifen und so dem ewigen Ge-
jammers, das wir von Friedenszeiten her genugsam kennen,
steuern.
Daß wir keineswegs gegen kleine Wettbewerbe wäh-
rend des Krieges im allgemeinen sind, versteht sich wohl
von selbst, denn wie andere Berufe dürfen auch die Künstler
nicht feiern. Doch wäre hier die vornehmliche Berücksich-
tigung der wirtschaftlich Schwachen geboten.
An diesen Ausführungen ist sehr viel Wahres.
Hoffen wir, daß nach dem Kriege vor allem das Wett-
bewerbswesen eine vollkommene Umgestaltung erfährt.
Die bisher getroffenen Maßnahmen sind doch eigentlich
nur als Notbehelfe anzusehen. ö.

In der „Frankfurter Zeitung" gibt Adolph
Donath eine Schilderung vom Kunstmarkt im Kriege,
aus der wir ein paar interessante Einzelheiten entnehmen:
„Die Preise sind nicht gefallen, und auch unsere gegen-
wärtigen Künstler von Rang haben keine sogenannten
.Kriegspreise', wir find eben wirtschaftlich so stark ge-
rüstet, daß uns auch um unfern Kunstmarkt nicht bange ist.
In Paris sieht es anders aus. während in Berlin
Lepke, Henrici und perl ihre Auktionen veranstalten, wäh-
rend in Wien das Dorotheum seit den ersten November-
tagen wieder geöffnet ist, hört man nichts vom Hotel
Drouot oder von der Galerie Petit, während bei uns die
Sammler nicht verkaufen, sucht man in Frankreich, wie
aus etlichen Mitteilungen hervorgeht, Sammlungen anzu-
bieten, und von London aus sendet man ganze Kunst-
ladungen, wie etwa die Sammlung Hood, nach Neuyork
zum verkauf, wertvolle Stücke der englischen Porträtisten
des §8. Jahrhunderts, wie Romney, Reynolds und Law-
rence, die man vor dreiviertel Jahren im Preise gewiß
.gehalten' hätte, sind stark gesunken. Romneys .Richard
Sullivan', den Frau Hollins seinerzeit mit tHvoo Dollars
bezahlt hat, brachte in dieser Januar-Auktion nur H200,
oder Romneys Bild .Thornbill', das in der King-Auktion
mit tooo Dollars ausgeboten worden war, nur 225 Dollars.
Diese Zahlen sprechen Bände . . .
In meinen Kunstmarktnotizen finde ich unter anderen
die Tatsache vermerkt, daß eine »Italienische Land-
schaft' von Lorot in Paris nicht mehr als HOO Franken
kostete, oder daß ein echtes Porträt von van Dyck für sage
und schreibe t9OO Franken den Besitzer gewechselt hat.
Lin Jahr später freilich, 1(872, schnellten die Preise in die
Höhe, aber damals waren es die Engländer, die ebenso,
wie am Ende des t8. Jahrhunderts, aus Frankreich hin-
überholten, was ihnen nur Halbwegs erreichbar schien.
^872 also steigt schon Lorot im Preise: die .Nymphen'
werden für zsoo Franken verkauft, .Nymphen und Faun'
für 23 000 Franken und im gleichen Jahre gibt London
für ein Bildnis van Dycks 37 800 Franken."
Ls ist gewiß kein Schaden, wenn die Ueberpreise für

alte und „Mode"maler sinken und das dafür vorhandene
Geld sich gleichmäßiger verteilt. L.

In der „Frankfurter Zeitung" macht Hans
Gstwald einige Vorschläge zur Besserung der schwierigen
Lage der freien Berufe. Er knüpft an einen Vorschlag
von Or. Armin Osterrieth an, der dahin geht:
„Die Künstler sollten zum Frühjahr hinaus aufs Land ge-
hen und sich dort durch gärtnerische Arbeit oder durch Land-
arbeit ihr Brot verdienen. Diesen Vorschlag halte ich in
dieser Form für unausführbar. So gesuud und bekömm-
lich einem verweichlichten Künstler auch wohl die Arbeit
in frischer Lust an der Mutter Erde und an den Pflanzen
sein würde — so wenig kann man von ihm verlangen, er
solle seinen Unterhalt durch Arbeit beim Gärtner verdienen.
Auch die Gründung von Kolonien, in denen Künstler
Land urbar machen, es bestellen und auch abernten, halte
ich für unmöglich. Selbst wenn sie genügend Disziplin
aufbringen sollten, um diese im übrigen ganz gewiß herr-
liche Idee verwirklichen zu wollen — sie werden an den
unzähligen Schwierigkeiten der Ausführung scheitern, wie
oft haben solche freien Gemeinschaften, solche doch gar zu
sehr nur dem Wunsche nach Befreiung und Natürlichkeit
dienenden Auswanderungen aus der bürgerlichen Gesell-
schaft nur mit einem Mißerfolge geendet. Auch gehören
zur Gründung von Kolonien ganz beträchtliche Mittel, die
eben nicht zur Verfügung stehen.
Wenn ich aber trotzdem den Vorschlag machen will,
die Künstler zum Sommer draußen auf dem Lande unter-
zubringen, so denke ich mir das folgendermaßen: Line
Zentralstelle erläßt Aufrufe an Gutsbesitzer, Oberförster,
Förster, Fabrikanten, Werkdirektoren und ähnliche gutgestellte
Persönlichkeiten, die ein wenig einsam wohnen und die
gern einmal gebildete und anregende Gesellschaft um sich
haben würden. Ls würden sich viele melden, die genügend
freie, sonst leerstehende Räume besitzen, in die sie mit
Vergnügen auf einige Wochen oder Monate einzelne
Künstler und auch Künstlerfamilien aufnehmen würden.
Wie gern würde ein sonst vom geistigen Leben abgeschnit-
tener Mann, der doch wohl einige Semester auf einer
Hochschule zugebracht hat, gerade in diesen aufgeregten
Zeiten einen Schriftsteller unter sein Dach aufnehmen, um
mit ihm die sonst so sehr lastenden Stunden verplaudern
zu können. Wie gern würde dieser oder jener Gutsbesitzer,
ja selbst manche Pfarrerfamilien, einen jungen Musiker
oder auch eine Sängerin bewirten. Der Künstler braucht
sich ja nichts schenken zu lassen, Der Schriftsteller bezahlt
mit geistiger Anregung, oder indem er in diesem oder in
jenem Fache unterrichtet. Der Musiker trägt seine Schuld
ab durch seine Vorträge oder ebenfalls durch Unterricht,
und der Schauspieler oder der Vortragskünstler, indem sie
in den rednerischen Künsten, die ja heute so notwendig
sind, unterrichten. Der Maler oder Bildhauer kann sich in
gleicher weise erkenntlich zeigen. Und manche brave
Künstlerfrau, von denen viele im Garten oder in der
Wirtschaft besser Bescheid wißen, als man ahnt, wird sich
mit Leidenschaft nützlich machen. Dort, wo wohl die freie
Wohnung, aber nicht die volle Kost gewährt werden kann,
mag ein bestimmter, von den Hilfskassen zu zahlender ge-
ringer Zuschuß den Ausgleich schaffen.
 
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