Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0603
DOI Heft:
Heft 48
DOI Artikel:Nichtamtlicher Teil
DOI Artikel:Arriens, Carl: Der Neger und seine Umgebung in der Kunst
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XIV, Heft 48.
Die Werkstatt der Kunst.
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beim Aufstützen des Armes auf, daß der Arm nach
der umgekehrten Seite durchgebogen wird, so daß
der Ellbogen innerhalb des stumpfen Winkels liegt.
Bei hübschen Armen gibt das eine bildmäßig schöne
Linie.
Neben der schalenförmigen Brust, wie sie auch
bei der Europäerin ist, kommt öfters eine ausge-
sprochen kegelförmige Form der Brüste vor. Es ist
wohl anzunehmen, daß sie ursprünglich die Besonder-
heit einer bestimmten Nasse gewesen ist und nach der
unendlich verzwickten Blutmischung, die im Laufe der
Zeiten auf dem afrikanischen Nontinent vor sich ge-
gangen ist, jetzt bei einzelnen Individuen aller Rassen
vorkommt. So ist es auch mit der Hautfarbe, die
unendlich variiert- nur eine Farbe kommt nicht vor,
die des schokoladefarbenen Negers auf gewissen Ga-
leriebildern.
Wenn es auch für jeden Stamm eine Art Norm
gibt, wie die lehmgelbe Farbe der Fulbe oder die
tiefschwarze der haussa, so finden sich doch alle
Uebergänge bei jedem Stamm. Die Farbe ein und
desselben Negers ist nicht einheitlich. An der Innen-
seite der Gliedmaßen ist sie Heller und wärmer, die
Ghren haben oft eine braunere Nuance wie Wangen
und Nase, die Lippen sind seltener rot, meist schwärz-
lich. Einmal sah ich einen anscheinend naturblonden
dunklen Neger mit rötlichgelben haaren, was sehr
schlecht, wie stillos, aussah. Hand und Fußsohlen
stechen hell ab von der übrigen Hautfarbe, sie sind
wenig dunkler als bei uns. Ist die haut naß, so
schimmert sie an diesen Stellen stark ins Gelbe. Die
Neger selbst scheinen das gar nicht hübsch zu finden.
Mit viel Mühe färben sie sich die Handflächen und
Fingernägel siegellackrot oder gar blauschwarz. West-
afrikanerinnen färben sich auch die Hellen Ränder
der Füße rot, was aus einiger Entfernung den Ein-
druck von Saffianschuhen hervorruft.
Bekanntlich sind die Arme des Negers proportinal
länger wie beim Europäer. Im ganzen Habitus
fällt das aber nicht auf und wäre höchstens für den
Bildhauer beachtenswert. Bei den Rindern aller
Negerrassen sind die lächerlich dick aufgetriebenen
Bäuche eine komisch wirkende Eigentümlichkeit. Merk-
würdigerweise verwächst sich das später gänzlich.
Schmeerbäuche, die bei uns wie schon bei den alten
Negyptern als das schmückende Attribut eines ehren-
festen Spießbürgers angesehen sind und wurden, wie
die prächtige Statue eines Priesters im ägyptischen
Museum in Berlin zeigt, sind bei der schwarzen Rasse
unbekannt. Allerdings legt ein vornehmer Neger
ungemeinen Wert darauf, möglichst dickgefressen aus-
zusehen, aber seine Erscheinung ist dann von einer
sich über alle Nörperteile gleichmäßig erstreckenden
Feistheit.
Nach europäischer Art auf einem Stuhl zu sitzen,
ist dem Neger im allgemeinen unbequem, er hockt
entweder stundenlang auf seinen Waden oder er sitzt
wie die Araber mit untergeschlagenen Beinen. Auch
beides ziemlich unmögliche Nörperhaltungen für uns.
Nur Häuptlinge pflegen bei feierlichen Anlässen einige
Zeit auf stuhlähnlichen Möbeln sich niederzulassen.
Als ich einst in Namerun einen aus Nubien dorthin
verschlagenen Araber zur Modellsitzung auf einen
Stuhl nötigte, nahm er mit einem seufzenden „Bis-
millah" (in Gottes Namen) darauf Platz. Dies
Sitzen war für ihn eine Oual, denn bei der zweiten
Sitzung bat er, auf einer Matte Platz nehmen zu
dürfen. Mein freundlicher Logiswirt, der Scheich
eines Arabernestes in Züdoran wußte sich in solchem
Fall zu helfen. Er setzte sich wichtig in einen Feld-
stuhl und legte bequem ein Bein über das andere.
Es dauerte nicht lange, bis der würdige Mann den
anderen Fuß auch auf den Stuhl gezogen hatte, so
daß er in seiner geliebten Türkenstellung auf dem
Stuhl hockte. Sein Freund, der eine Art Dienerrolle
bei ihm spielte und ihn immer wie sein Schatten be-
gleitete, pflegte sich in derselben Stellung auf eine
lange, aufrecht gestellte Niste zu setzen, auf der er
wie ein heiliger auf seinem Postament thronte.
Es ist vielleicht interessant, festzustellen, wie denn
nun das Schönheitsgefühl eines Negers beschaffen ist.
Bei allen Fragen danach bezeichnete man immer die-
jenigen als die schönsten, deren Gesichtszüge sich am
meisten denen eines Europäers zu nähern schienen.
Besonders begehrenswert finden sie hohe schmale
Nasen, die bei ihnen seltener, bei Arabermischlingen
und Fulbes öfters vorkommen, häßlich finden sie
dagegen die Farbe des Europäers, die in manchen
Gegenden bei besonders naiven Leuten den Glauben
erweckt hat, die Weißen wären Leute, die bereits
einmal gestorben und daher diese scheußliche Farbe
beibehalten hätten. Ihre eigene Farbe ist in der
dortigen Umgebung keinesfalls häßlich, und besonders
im Wasser wirken muskulöse Gestalten mit den scharf
sich markierenden Glanzlichtern wie lebendiggewordene
blanke Bronzefiguren. Das Auge des Europäers
kann sich so an die dunkle Hautfarbe gewöhnen, daß
er sie schließlich hübsch findet. Ich erinnere mich
wenigstens, daß ich nach allerdings recht langem
Aufenthalt bei Eingebornen eines Tages dazu kam,
wie meine beiden Reisegefährten in Gesellschaft unserer
schwarzen Träger ein Bad nahmen und daß ich bei-
nahe erschrak über die bleiche Farbe meiner Freunde.
Ls war vorhin schon von der Nase die Rede,
auf deren wohlgeformtes Aussehen der Neger soviel
Wert legt. So eine Negernase, die ja allerdings
meist breit und platt, nicht selten sogar aufgestülpt
ist, kann aber auch von wirklich plastischer Schönheit
sein. Dieser edle Typ kommt darin zum Ausdruck,
daß die Nasenflügel nicht in wagerechter Lage liegen,
sondern von der Nasenspitze schräg nach oben. Der
Rücken solcher Nasen ist oft von eleganter Biegung
und kommt bei den Stämmen des Sudan bis nach
Namerun hinein nicht selten vor. Da diese charakte-
ristische Form auch Mauren, Indern und gelegentlich
auch Juden eigen ist, wird sie wohl aus der Mischung
mit orientalischen Völkern herstammen.
Da hier nur von Raffeneigentümlichkeiten die
Die Werkstatt der Kunst.
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beim Aufstützen des Armes auf, daß der Arm nach
der umgekehrten Seite durchgebogen wird, so daß
der Ellbogen innerhalb des stumpfen Winkels liegt.
Bei hübschen Armen gibt das eine bildmäßig schöne
Linie.
Neben der schalenförmigen Brust, wie sie auch
bei der Europäerin ist, kommt öfters eine ausge-
sprochen kegelförmige Form der Brüste vor. Es ist
wohl anzunehmen, daß sie ursprünglich die Besonder-
heit einer bestimmten Nasse gewesen ist und nach der
unendlich verzwickten Blutmischung, die im Laufe der
Zeiten auf dem afrikanischen Nontinent vor sich ge-
gangen ist, jetzt bei einzelnen Individuen aller Rassen
vorkommt. So ist es auch mit der Hautfarbe, die
unendlich variiert- nur eine Farbe kommt nicht vor,
die des schokoladefarbenen Negers auf gewissen Ga-
leriebildern.
Wenn es auch für jeden Stamm eine Art Norm
gibt, wie die lehmgelbe Farbe der Fulbe oder die
tiefschwarze der haussa, so finden sich doch alle
Uebergänge bei jedem Stamm. Die Farbe ein und
desselben Negers ist nicht einheitlich. An der Innen-
seite der Gliedmaßen ist sie Heller und wärmer, die
Ghren haben oft eine braunere Nuance wie Wangen
und Nase, die Lippen sind seltener rot, meist schwärz-
lich. Einmal sah ich einen anscheinend naturblonden
dunklen Neger mit rötlichgelben haaren, was sehr
schlecht, wie stillos, aussah. Hand und Fußsohlen
stechen hell ab von der übrigen Hautfarbe, sie sind
wenig dunkler als bei uns. Ist die haut naß, so
schimmert sie an diesen Stellen stark ins Gelbe. Die
Neger selbst scheinen das gar nicht hübsch zu finden.
Mit viel Mühe färben sie sich die Handflächen und
Fingernägel siegellackrot oder gar blauschwarz. West-
afrikanerinnen färben sich auch die Hellen Ränder
der Füße rot, was aus einiger Entfernung den Ein-
druck von Saffianschuhen hervorruft.
Bekanntlich sind die Arme des Negers proportinal
länger wie beim Europäer. Im ganzen Habitus
fällt das aber nicht auf und wäre höchstens für den
Bildhauer beachtenswert. Bei den Rindern aller
Negerrassen sind die lächerlich dick aufgetriebenen
Bäuche eine komisch wirkende Eigentümlichkeit. Merk-
würdigerweise verwächst sich das später gänzlich.
Schmeerbäuche, die bei uns wie schon bei den alten
Negyptern als das schmückende Attribut eines ehren-
festen Spießbürgers angesehen sind und wurden, wie
die prächtige Statue eines Priesters im ägyptischen
Museum in Berlin zeigt, sind bei der schwarzen Rasse
unbekannt. Allerdings legt ein vornehmer Neger
ungemeinen Wert darauf, möglichst dickgefressen aus-
zusehen, aber seine Erscheinung ist dann von einer
sich über alle Nörperteile gleichmäßig erstreckenden
Feistheit.
Nach europäischer Art auf einem Stuhl zu sitzen,
ist dem Neger im allgemeinen unbequem, er hockt
entweder stundenlang auf seinen Waden oder er sitzt
wie die Araber mit untergeschlagenen Beinen. Auch
beides ziemlich unmögliche Nörperhaltungen für uns.
Nur Häuptlinge pflegen bei feierlichen Anlässen einige
Zeit auf stuhlähnlichen Möbeln sich niederzulassen.
Als ich einst in Namerun einen aus Nubien dorthin
verschlagenen Araber zur Modellsitzung auf einen
Stuhl nötigte, nahm er mit einem seufzenden „Bis-
millah" (in Gottes Namen) darauf Platz. Dies
Sitzen war für ihn eine Oual, denn bei der zweiten
Sitzung bat er, auf einer Matte Platz nehmen zu
dürfen. Mein freundlicher Logiswirt, der Scheich
eines Arabernestes in Züdoran wußte sich in solchem
Fall zu helfen. Er setzte sich wichtig in einen Feld-
stuhl und legte bequem ein Bein über das andere.
Es dauerte nicht lange, bis der würdige Mann den
anderen Fuß auch auf den Stuhl gezogen hatte, so
daß er in seiner geliebten Türkenstellung auf dem
Stuhl hockte. Sein Freund, der eine Art Dienerrolle
bei ihm spielte und ihn immer wie sein Schatten be-
gleitete, pflegte sich in derselben Stellung auf eine
lange, aufrecht gestellte Niste zu setzen, auf der er
wie ein heiliger auf seinem Postament thronte.
Es ist vielleicht interessant, festzustellen, wie denn
nun das Schönheitsgefühl eines Negers beschaffen ist.
Bei allen Fragen danach bezeichnete man immer die-
jenigen als die schönsten, deren Gesichtszüge sich am
meisten denen eines Europäers zu nähern schienen.
Besonders begehrenswert finden sie hohe schmale
Nasen, die bei ihnen seltener, bei Arabermischlingen
und Fulbes öfters vorkommen, häßlich finden sie
dagegen die Farbe des Europäers, die in manchen
Gegenden bei besonders naiven Leuten den Glauben
erweckt hat, die Weißen wären Leute, die bereits
einmal gestorben und daher diese scheußliche Farbe
beibehalten hätten. Ihre eigene Farbe ist in der
dortigen Umgebung keinesfalls häßlich, und besonders
im Wasser wirken muskulöse Gestalten mit den scharf
sich markierenden Glanzlichtern wie lebendiggewordene
blanke Bronzefiguren. Das Auge des Europäers
kann sich so an die dunkle Hautfarbe gewöhnen, daß
er sie schließlich hübsch findet. Ich erinnere mich
wenigstens, daß ich nach allerdings recht langem
Aufenthalt bei Eingebornen eines Tages dazu kam,
wie meine beiden Reisegefährten in Gesellschaft unserer
schwarzen Träger ein Bad nahmen und daß ich bei-
nahe erschrak über die bleiche Farbe meiner Freunde.
Ls war vorhin schon von der Nase die Rede,
auf deren wohlgeformtes Aussehen der Neger soviel
Wert legt. So eine Negernase, die ja allerdings
meist breit und platt, nicht selten sogar aufgestülpt
ist, kann aber auch von wirklich plastischer Schönheit
sein. Dieser edle Typ kommt darin zum Ausdruck,
daß die Nasenflügel nicht in wagerechter Lage liegen,
sondern von der Nasenspitze schräg nach oben. Der
Rücken solcher Nasen ist oft von eleganter Biegung
und kommt bei den Stämmen des Sudan bis nach
Namerun hinein nicht selten vor. Da diese charakte-
ristische Form auch Mauren, Indern und gelegentlich
auch Juden eigen ist, wird sie wohl aus der Mischung
mit orientalischen Völkern herstammen.
Da hier nur von Raffeneigentümlichkeiten die