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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 14.1914/​1915

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Heft 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.55564#0025

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XIV, Heft 2.

Die Werkstatt der Kunst.

Versammlung des Internationalen Künstler.
Vereins anberaumt worden.
Die Direktoren und Präsidenten sämtlicher
deutschen wissenschaftlichen Institute in Rom
(auch der vatikanischen) erlassen einen Protest gegen
die Kampagne, die eine Anzahl italienischer Intellektueller
und Künstler anläßlich der angeblichen Zerstörung der
Kathedrale von Reims gegen Deutschland eingeleitet.
Deutschland sei ein genau so gewissenhafter Hüter der
Kunstschätze und der Wissenschaft wie jedes andere Volk
und hat Vandalismen weder je begangen, noch wird es
solche begehen. Die Erklärung wendet sich an die Loya-
lität und den gesunden Sinn der italienischen Kollegen
mit der Bitte, sie möchten ihr Urteil vertagen, bis
sichere Unterlagen dafür vorliegen. (Diese Unterlagen sind
durch die unwiderleglichen Zeugnisse englischer und hol-
ländischer Kriegskorrespondenten, die wir mitgeteilt haben,
gegeben. Die Erklärung des Herrn Delcasso, die zu
dem neuen Lügenseldzug gegen Deutschland geführt hat,
ist als eine wissentliche Unwahrheit erkannt und
öffentlich gebrandmarkt worden. Die italienischen Intellek-
tuellen und Künstler haben also alle Informationen, die
sie begehren können, wenn sie dessen ungeachtet „pro-
testieren" wollen, so mag ihnen das unbenommen bleiben.
(Jeder blamiert sich, so gut er kann. Die Redaktion.)
Im übrigen hat sich auch Ruggiero Leoncavallo,
der den Deutschen und ganz besonders dem deutschen
Kaiser großen Dank schuldig ist, dem Protest gegen
den deutschen Vandalismus angeschlossen. Armer
Narr!
Die Kunstdenkmäler in Belgien.
Der Bericht des Geh. Regierungsrates Direktor Prof.
Or. O. von Falke über die Schäden, die die belgischen
Kunstdenkmäler genommen haben, liegt jetzt vor, er lautet:
Die Kunstdenkmäler in Lüttich haben durch die Er-
oberung der Stadt keinen Schaden erlitten, von den
Kirchen wurde zwar die Kathedrale St. Paul durch ein
Geschoßstück getroffen, das jedoch nur einen Fensterpfosten
streifte und in ein modernes Glasgemälde ein leicht er>
gänzbares Loch schlug, vollkommen intakt sind erfreulicher-
weise die alten Glasgemälde in der St. Pauls- und Jakobs-
kirche geblieben, die als die bedeutendsten Leistungen der
belgischen Glasmalerei der Renaissance gleich den Kaiser-
fenstern im Ouerschiff von St. Gudule in Brüssel uner-
setzliche kulturgeschichtliche Denkmäler ersten Ranges sind.
Die beweglichen Kunstschätze in Lüttich wurden bei der am
tO. September vorgenommenen Revision vollzählig an Ort
und Stelle in bestem Zustande befunden. Ls handelt sich
dabei um das frühromanische Bronce-Taufbecken von
Reiner von Huy aus dem Jahre in der Bartolo-
mäuskirche, um einen ausgezeichneten Schnitzaltar Ant-
werpener Arbeit in der Kirche St. Denys, um das roma-
nische Silber-Tryptichon von Godefroid de Llaire in der
Kreuzkirche, das wie früher in der Kasse des Pfarrhauses
aufbewahrt wird, und um den reichen Kirchenschatz der
Kathedrale St. Paul, von dem die Hauptstücke das silberne
Büstenreliquiar des heiligen Lambert, die goldene Votiv-
gruppe Karls des Kühnen, das spätromanische Filigran-
kreuz und ein romanischer Elfenbeinbuchdeckel sind. Die
Museen der Stadt sind geschloffen worden und unter der
Obhut ihrer Konservatoren geblieben. Im Museum in
der Marion Lurtius sind einige besondere Wertstücke ver-
packt und die Glasgemälde von den Fenstern abgenommen.
Aus dem Hause ist nichts entfernt. Die sachkundige Auf-
sicht der Konservatoren bietet die Gewähr für den weiteren
Schutz der Mnseumsbestände. In Huy ist die srühgotische
Kollegialkirche, wie die Stadt überhaupt, unbeschädigt.
Von den vier Reliquienschreinen aus dem t2. u. (Z. Jahr-
hundert sind drei nach Angabe der Geistlichen vor An-
kunft der deutschen Truppen verborgen worden. Einer ist
noch an Ort und Stelle. Die beiden Kirchenschätze von
Namur, der Schatz der Kathedrale und des Nonnen-
klosters von Notredame, der Silberarbeiten des Fraters


Hugo v. Oignies aus dem Jahrhundert enthält, sind
ebenfalls vor der Einnahme der Stadt von dem Bischof
und von der Oberin verborgen worden. Ich habe gemein-
sam mit dem Konservator bei den königlichen belgischen
Museen Destree in Brüssel die Kathedrale in Namur wie die
durch ihre einheitliche vollständige Barockansstattung bemer-
kenswerte Luvuskirche, das Kloster Notredame und das
archäologische Museum und weiterhinD inant besichtigt. Die
Kirchen Namurs sind intakt; in dem geschlossenen Museum find
einige Wertstücke verpackt, die Sammlung ist in Ordnung und
nicht gefährdet. In Dinant hat das hervorragende Bau-
werk der Stadt, die frühgotische Frauenkirche durch Brand
das Dach mit dem barocken Glockenturm verloren. Der
Steinbau blieb sonst erhalten, das Innere ist nicht betroffen,
so daß selbst das große moderne Glasgemälde unversehrt
geblieben ist. Die kunstgeschichtlich nicht bedeutenden
Kirchengeräte wurden gerettet und unter die Obhut von
Geistlichen gestellt. Auf Wunsch des Leiters der Königlichen
Gemäldegalerie in Brüssel, Prof. Fierens Gevaert, habe ich
am 2H. September festgestellt, daß in der Pfarrkirche von
Saventhem das Altarbild mit dem St. Martin, ein aus-
gezeichnetes Iugendwerk van Dycks, in bestem Zustande
noch an Ort und Stelle ist. Zwei aus der durch Granaten
zerstörten Kapelle in Lppegham durch den Leutnant der
Reserve Schlüter gerettete und dem kaiserlichen Gouverne-
ment übergebene Altarbilder, eines von p. I. verhagen,
sind am 2H. September gegen Ouittung dem Konservator
Prof. Fierens Gevaert zur Aufbewahrung in der König-
lichen Brüsseler Galerie ausgefolgt worden.
Depeschenwechsel zwischen der ^ccsäemica cli 8an
l^ucu zu Rom und der Kgl. Akademie der
Künste zu Berlin.
Daß man sich, unter der Einwirkung der französischen
Lügenmeldungen in Rom um das Schicksal der Kathedrale
von Reims besonders bangt und sorgt, ist bei der beson-
deren Kunstliebe der Italiener verständlich, wie wir be-
richteten, hatte die ^ocmclemia. cli Lair Kuca sich in dieser
Angelegenheit mit einer Anfrage an die Berliner Aka-
demie der Künste gewendet, deren Wortlaut wir nach-
stehend wiedergeben:
Die Akademie von San Luca hoffe, erschüttert von
der Nachricht über die Einäscherung der Kathedrale von
Reims, daß die Meldung sich nicht bestätigen werde.
In jedem Falle ist die Akademie überzeugt, daß eine
etwa vorgekommene Beschädigung des Bauwerks einzig
und allein einem bedauerlichen, unbeabsichtigten Vorgang
im Kriege zuzuschreiben ist, und bittet, die Kaiserliche
Akademie zu Berlin um eine Mitteilung über den Um-
fang des Schadens.
Im Namen des Vorstandes
Aristide Sartorio.
Der Präsident der Akademie der Künste hat darauf
heute nachmittag wie folgt geantwortet:
^ocaclemia cli Imca,
Rom.
wir sind erstaunt und tiefbetrübt, daß man
in befreundetem Lande allenverleumdungenunserer
Feinde über deutsche Barbareien gegen Kunstwerke
Glauben schenkt, Reims ist Festung und liegt in der
Kampffront der Franzosen. Gegenüber der Behauptung
der Franzosen, daß die Beschießung der Kathedrale von
Reims keine militärische Notwendigkeit gewesen sei, stellt
das Hauptquartier folgendes fest. (Nun folgt der amt-
liche Bericht des Großen Hauptquartiers, den wir in
der heutigen Morgenausgabe des „Berliner Lokal-An-
zeigers" veröffentlicht haben. Die Red.) Diese Bekannt-
machung des Hauptquartiers bestätigt die Times
durch folgende Meldung: „Amsterdam, 22. September.
Die Franzosen haben der Beschießung die Stadt Reims
und der Kathedrale selbst verschuldet, weil sie ihre Ar-
tillerie in der Stadt aufgestellt und von dort die deutschen
Stellungen beschossen haben. Französische Soldaten
 
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