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Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 1): Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz — Freiburg i.Br., 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.1229#0361

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AMT KONSTANZ. — REICHENAU-MITTELZELL. 337

schliessen, wie denn auch ADLER diese Parthie ohne Bedenken auf Witigowo
um 980 zurückführt. Derselben Bauperiode gehörten, auch nach ADLER's
Urteil, die beiden Säulen an, welche die beiden Arcaden tragen, in denen sich
die Seitenschiffe nach dem westlichen Querhaus öffneten. Von diesen beiden
Säulen hat die nördliche (abgeb. bei HÜBSCH Taf. 4g. BA YER a. a. 0.)
einem Oblongpfeiler Platz machen müssen; nur die südliche ist erhalten (abgeb.
ADLER Bl. IV4). Die Säule ist verjüngt und massig geschwellt (auch im
Konstanzer Münster wurde dies seltene Motiv constatirt, s. oben S. 108), ruht auf
einer einfachen Pfühlbasis und trägt ein kelchförmiges Capitell mit schlanken Akan-
thusblättern (wiederum ähnlich den in gleicher Zeit zu setzenden Pfeilern der
Krypta in Konstanz, s. o. 132), auf welchem ein schwach profilirter, zweiseitig
abgekehlter Kämpfer statt des Abacus liegt. Die Breite des nördlichen Seitenschiffs
beträgt 21', die des südlichen 24'. ADLER macht (S. iß) auf andere Beispiele
so bedeutender Breitendimensionen der Abseiten in den Rheinlanden und in
Sachsen (Gernrode) aufmerksam und verweist auf die Analogie, welche die gleichfalls
in Doppelarcaden nach dem Querhaus sich öffnenden S. Michaelskirche in Hildes-
heim mit unserm Münster bietet. Wenn er die im 10. Jh. beliebte Anlage breiter
Seitenschiffe aber auf byzantinischen Einrluss zurückführt (S. 16 Anm.), so möchte
ich dieser Hypothese nicht beipflichten. Dass das östliche Querhaus in seinen Um-
fassungsmauern noch dem Bau von 816 angehören solle, hält auch er (.5". 16) nicht
für wahrscheinlich; die wenigen Architekturformen des Südflügels (rundbogige Fenster,
Kranzgesims aus Rundstab und Kehle gebildet) weist er der Restauration Berno's
1040 zu: ich sehe nicht, wesshalb wir nicht den ganzen Bau sammt diesen Details
auf Witigowo zurückführen sollen.

Die Höhenverhältnisse bleiben hinter denjenigen der Breite verhältnissmässig
zurück (Mittelschiff 4o'/2', Seitenschiff 18'; ADLER S. iß), so dass dieselben
einen unbefriedigenden und gedrückten Eindruck hinterlassen.

Verschieden ist die von ADLER (S. 15) sorgfältig analysirte Behandlung
der Schiffspfeiler. Zwar zeigen dieselben in dem Ost- wie Westbau die gleiche
einfache Bossenform der Capitelle (ADLER Bl. Vs) mit Zickzack-Ranken- und
Bhittornament. Dagegen weicht sowol der hier verwendete Quader in seiner Textur
und Färbung als auch die Steinmetztechnik mit ihrer feinen senkrechten Riffelung
von der der Westbaupfeiler entschieden ab. Nur die Capitelle der Mittelschiffs-
pfeiler tragen eine an der Ostmauer des Langhauses aufhörende Kröpfung, die zu
der fein gravirten Krönung der Chorschranken stimmt (s. den Holzschnitt ADLER
S. iß). ADL,ER glaubt in diesen Details die Ornamentik des 12. Jhs. zu er-
kennen und verweist für die Verwendung des Zickzackstabs auf die letzterm ange-
hörenden Bauten in Hagenau, Kaiserslautern, Gelnhausen, St. Jakob in Regens-
burg, S. Johann in Elsass. Er schreibt demnach (S. 15) die Erbauung der Schiffs-
pfeiler, Quadern, Obermauern sowie Ostvierungsbogen der Restauration von 1172
zu, deren Bedeutung er wahrscheinlich überschätzt und die uns nur durch einen
späten und unzuverlässigen Zeugen gewährleistet ist. Jedenfalls erscheint diese
Datierung noch eines weitern Erweises bedürftig.

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