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Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 1): Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz — Freiburg i.Br., 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.1229#0418

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AMT MESSKIRCH.

LANGENSTEIN.

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Für gewöhnlich verbindet eine geradläufige Treppe mit grosser Flur vor dem
Corridor die einzelnen Stockwerke, zu denen man übrigens auch auf einer aus
Rorschacher Sandsteinen hergestellten Galatreppe gelangt. Diese liegt im kreis-
runden Räume, hat freitragende 2 met. breite Tritte, schön profilirte Zargen und
trägt der Pfosten am Treppenaustritt die Jahreszahl 1694 und ein kleines Wappen-
schild mit einem aufsteigenden Löwen. Geschlossen ist der Raum mit einem in
8 Felder eingetheilten Kuppelgewölbe (Melonengewölbe mit halbkreisförmigen Lunetten).

Von besonderem, architektonischem Werthe ist der mit sechs, auf 2 Säulen
ruhenden, durch breite, glatte Gurtbogen getrennten Kreuzgewölben überspannte Saal.

Alles genau symmetrisch angeordnet, befinden sich an der 7 met. breiten
Schmalwand, zwei Fenster, und in den Wandfeldern unter den 4 äussern Kreuz-
gewölben, 4 Sandsteinportale mit jonischen Halbsäulen und schönen Gesimsen und
eigenthümlichem Triglyphonfries.

Im Mittelfeld steht ein grosser, steinerner, auf drei, 1 m 80 hohen Consolen
(von denen die mittlere karyatidenartig gebildet ist) ruhender Prachtkamin mit reich
verzierten Gesimsgliederungen. Die Sandsteinsäulen sind gegenüber dem schönen
Kamin und den Thüren, etwas trocken gebildet, indem die Basen nur aus Plinthe
und überführendem Karnies ohne Trennungsplättchen bestehen und die Capitelle
die rohe Form einer Art von Würfelcapitellen zeigen, auf denen Schilde und Mas-
ken aufgeheftet sind. Der Fussboden ist mit Sandsteinen geplattet, die Wände und
Decken sind hell getüncht, die Steine alle im natürlichen, graublauen Tone belassen.
Von diesem originellen Saale aus gelangt man in weitere, mit Kreuzgewölben über-
spannte , modernisirte Gelasse, die vielfach interessantes und schönes Mobiliar
zeigen. In einem derselben stehen, in schlichte Holzrähmchen gefasst, 25 Stück
Glasgemälde, die zum Theil dem ehemaligen Kloster St. Blasien im Schwarz-
wald entstammen. Sie haben durchschnittlich eine Breite von 53 cm bei einer
Höhe von 135 cm und stellen meist Heiligenfiguren und Kirchenväter vor. Her-
vorzuheben ist unter diesen eine Arbeit aus dem Jahre 1528, eine Madonna mit
dem Kinde, welche die Unterschrift 'Johannes Widmann doctor, Margarete
Spilmenin' trägt, ferner eine spätgothische Arbeit, Maria mit dem Kinde im
Strahlenkranze und der Umschrift auf fliegendem Bande 'Sis precibus placata
meis castisma virgo ultima quum venietjudicis illa dies'. In den
obern Spitzbogenzwickeln dieses Fensterbildes ist die interessante Darstellung des
von einem Engel und Jagdhunden verfolgten Einhornes, das die sitzende
Jungfrau aufnimmt — die bekannte Darstellung der Verkündigung. Weitere Glas-
gemälde, die sich aus einem Höhenbild (Kreuzigung Christi, Schacher am Kreuz,
Christus mit Wundmalen 1615) und einem darunter befindlichen Quadratbild
(Wappen und Malereien in grünem Kranze. Inschrift: GEORGIVS CARRERVS
v ' I " D • CANOB • D • BLASII ■ PRA.FECTVS IN GVTTENBURGO sumptib.
V1S STRVCTV . . .) zusammensetzen, sind in der architektonisch unbedeutenden
'Chlosskapelle, deren weisse Wände Ellenrieder'sche Kohlenzeichnungen

schmücken,

P. P

angebracht. Eines der angeführten Rundbilder trägt die Inschrift: 'P.

nor et Conventus Coenoby D. Blasy Herciniae Silvae 1616'.

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