AMT UEBERLINGEN. — UEBERLINGEN. 661
BRACTEATENFUND: im Jahre 1869, Febr., wurde im obem Stadttheil
bei dem Gunzenthurm und auf dem Areal des alten Gunzenberg beim Abräumen
eines Hauses durch den Eigenthümer Kaltschmidt eine grosse Anzahl (2—3000)
Münzen hauptsächlich Ueberlinger, S. Galler und Konstanzer Bracteaten gefunden
vgl. H. MEYER Anz. f. Schweiz. Alterthumskunde, 1869, No. I. S. 22 f.
Ueber die für die Kunstgeschichte Ueberlingens jedenfalls bedauerliche Beraubung
des ZEUGHAUSES durch die Franzosen im J. 1800 s. ALLGEYER Schriften
des Bodenseevereins 1882. XI 125 ff.
Für die Kunstgeschichte der Stadt interessant ist noch die Eingabe der Bild-
hauer zu Ueberlingen an die dortige Fischerzunft c. 1540—50 (MONE Ztschr.
XVII 2?9 f.).
Die LEOPOLD-SOPHIENBIBLIOTHEK besitzt u. a. ein Missale,
welches 1552 von Adam Morel presbiter für Clugny geschrieben, von
Andreas Gribou in Paris ausgemalt wurde (h. 0,25, br. 0,18 m). Es zeigt
ausser einer grossen Menge Initialen an Vollbildern: f. 1 Wappen; f. 93 Christus
am Kreuze mit Maria, Johannes, Magdalena; f. 94 Gott Vater; f. 203 Christus
unter den Aposteln; f. 240 Anbetung der Hirten; f. 244 die Hirten(?); f. 250 Dar-
bringung im Tempel; f. 345 Alle Heiligen. Das Buch soll 1801 durch einen
Emigranten nach der Reichenau gebracht worden sein. Feine Ornamentik bei
kaltem Colorit. Composition nach italienischen Mustern (Karlsr. Ausstellung
v. 1881, Katal. No. 310).
In der Nähe der Stadt (*/a St. südöstl.) liegt die Wallfahrtskirche S. LEON-
HARD, gestiftet 1323 von Frau Ursula Besserer, 1437 vom Magistrat auferbaut
(STAIGER S. ?4- f.). Diese Kirche des 15. Jhs. und die ehemalige Einsiedelei
wurden indess s. Z. durch das Salemer Kloster abgebrochen. Der jetzige Bau hat
keine Bedeutung. Vgl. HAID a. a. O. S. 42.
SCHLOSS BURGBERG s. d. Art. S. 491.
SPEZGART (vgl. STAIGER S. 85/.). Das Hofschlösschen 'Spezgarf
auch 'Spechtshard' genannt (ehemals Gut des Konstanzer Augustinerklosters, vorher
der Prämonstratenserabtei Marchthal) auf einem prächtigen Aussichtspunkte, etwa
3U Stunden nordwestlich von Ueberlingen gelegen, ist ein oblonger, dreistöckiger,
im Aeussern einfacher Steinbau aus dem vorigen Jahrhundert, der ein gut erhaltenes,
bemerkenswerthes Inneres hat. Gänge, Vorplätze und Zimmer zeigen einfache, fein
gehaltene Stuckverzierungen an den Decken, deren eine die Jahreszahl 1749 trägt,
die Thüren haben mit geschnitzten geometrischen Figuren geschmückte Füllungen
und gut profilirte, aber barock ausgezackte Bekleidungen.
Ein Kunstwerk ist die schöne zweiarmige, hölzerne Stocktreppe mit Podesten,
mit dem an den Innen- und den Wandseiten gleichmässig herumgeführten Pracht-
geländer mit seinen reizend geschnittenen Pfosten und Füllungen. Das Wappen-
schild am Baue zeigt ein von zwei Pfeilen durchschossenes Herz. (D)
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BRACTEATENFUND: im Jahre 1869, Febr., wurde im obem Stadttheil
bei dem Gunzenthurm und auf dem Areal des alten Gunzenberg beim Abräumen
eines Hauses durch den Eigenthümer Kaltschmidt eine grosse Anzahl (2—3000)
Münzen hauptsächlich Ueberlinger, S. Galler und Konstanzer Bracteaten gefunden
vgl. H. MEYER Anz. f. Schweiz. Alterthumskunde, 1869, No. I. S. 22 f.
Ueber die für die Kunstgeschichte Ueberlingens jedenfalls bedauerliche Beraubung
des ZEUGHAUSES durch die Franzosen im J. 1800 s. ALLGEYER Schriften
des Bodenseevereins 1882. XI 125 ff.
Für die Kunstgeschichte der Stadt interessant ist noch die Eingabe der Bild-
hauer zu Ueberlingen an die dortige Fischerzunft c. 1540—50 (MONE Ztschr.
XVII 2?9 f.).
Die LEOPOLD-SOPHIENBIBLIOTHEK besitzt u. a. ein Missale,
welches 1552 von Adam Morel presbiter für Clugny geschrieben, von
Andreas Gribou in Paris ausgemalt wurde (h. 0,25, br. 0,18 m). Es zeigt
ausser einer grossen Menge Initialen an Vollbildern: f. 1 Wappen; f. 93 Christus
am Kreuze mit Maria, Johannes, Magdalena; f. 94 Gott Vater; f. 203 Christus
unter den Aposteln; f. 240 Anbetung der Hirten; f. 244 die Hirten(?); f. 250 Dar-
bringung im Tempel; f. 345 Alle Heiligen. Das Buch soll 1801 durch einen
Emigranten nach der Reichenau gebracht worden sein. Feine Ornamentik bei
kaltem Colorit. Composition nach italienischen Mustern (Karlsr. Ausstellung
v. 1881, Katal. No. 310).
In der Nähe der Stadt (*/a St. südöstl.) liegt die Wallfahrtskirche S. LEON-
HARD, gestiftet 1323 von Frau Ursula Besserer, 1437 vom Magistrat auferbaut
(STAIGER S. ?4- f.). Diese Kirche des 15. Jhs. und die ehemalige Einsiedelei
wurden indess s. Z. durch das Salemer Kloster abgebrochen. Der jetzige Bau hat
keine Bedeutung. Vgl. HAID a. a. O. S. 42.
SCHLOSS BURGBERG s. d. Art. S. 491.
SPEZGART (vgl. STAIGER S. 85/.). Das Hofschlösschen 'Spezgarf
auch 'Spechtshard' genannt (ehemals Gut des Konstanzer Augustinerklosters, vorher
der Prämonstratenserabtei Marchthal) auf einem prächtigen Aussichtspunkte, etwa
3U Stunden nordwestlich von Ueberlingen gelegen, ist ein oblonger, dreistöckiger,
im Aeussern einfacher Steinbau aus dem vorigen Jahrhundert, der ein gut erhaltenes,
bemerkenswerthes Inneres hat. Gänge, Vorplätze und Zimmer zeigen einfache, fein
gehaltene Stuckverzierungen an den Decken, deren eine die Jahreszahl 1749 trägt,
die Thüren haben mit geschnitzten geometrischen Figuren geschmückte Füllungen
und gut profilirte, aber barock ausgezackte Bekleidungen.
Ein Kunstwerk ist die schöne zweiarmige, hölzerne Stocktreppe mit Podesten,
mit dem an den Innen- und den Wandseiten gleichmässig herumgeführten Pracht-
geländer mit seinen reizend geschnittenen Pfosten und Füllungen. Das Wappen-
schild am Baue zeigt ein von zwei Pfeilen durchschossenes Herz. (D)
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