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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Amersdorffer, Alexander: Ludwig Knaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0025

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LUDWIG KNAUS

STUDIE ZU EINEM BISMARCKBILD L. KNAUS

geben, als bei den Menschen höherer Kultur, so
war es nur folgerichtig und natürlich, daß ihn
auch die Schilderung des Kindes, in dessen
Wesen und Gebaren sich Empfindungsleben und
Temperamentsäußerungen am reinsten, unver-
hülltesten und unmittelbarsten aussprechen, ganz
besonders anziehen mußte. Er hat sich denn
auch Zeit seines ganzen Lebens ungemein viel
und intensiv mit der Darstellung des Kindes
befaßt. In allen Lebensstufen, vom hülflosen
Säugling an, hat er es uns auf das intimste
und liebevollste mit Stift und Pinsel geschildert:
in allen Stimmungen, in Freude und Leid, in
tausend Ängsten und im tollsten Übermut.
Durch helle, klare Kinderaugen hat der Meister
am tiefsten in die menschliche Seele geblickt.
Ohne Uebertreibung darf man ihn einen der
größten Kindermaler aller Zeiten nennen.

Auch die Tierwelt zog Knaus in den Bereich
seines eingehenden Studiums: eine außerordent-
lich große Zahl von Skizzen und ausgeführten
Studien legt Zeugnis davon ab. Auf seinen
Bildern erscheinen vielfach Tiere, teils figurieren
sie als Freunde und Gesellschafter der Menschen,
teils bilden sie einen Hauptgegenstand der Dar-
stellung. Namentlich die ausdrucksvolle Linie

des Hundes (Abb. S. 15) und die geschmeidige
Schönheit der Katze, des Lieblingstieres so
vieler Maler, hatten es ihm angetan.

Die außerordentliche Gabe, zu charakteri-
sieren, mußte Knaus natürlich zu einem vor-
züglichen Porträtmaler prädestinieren, doch
ist er merkwürdigerweise auf diesem Sonder-
gebiete nicht so erfolgreich gewesen, wie auf
dem der Genremalerei. Er erscheint gegenüber
den dargestellten Persönlichkeiten, die er meist
unterlebensgroß gemalt hat, fast befangen,
jedenfalls sind sie vielfach lange nicht so
frisch und unmittelbarerfaßt, wie die Gestalten
seiner Phantasie. Seine besten Bildnisse sind
die des Galeriedirektors Waagen, des Kunst-
sammlers Ravene und die „Damenbrett-
spieler“. Letzteres Bild, das die Qualitäten
eines guten alten Meisterwerks hat, malte er
allerdings mit besonders tiefer Anteilnahme,
denn die beiden ausgezeichnet charakterisierten
Gestalten sind der Vater und der Schwieger-
vater des Künstlers. Andere Bildnisse wirken
leicht etwas posiert und outriert im Ausdruck,
so die von Mommsen und Helmholtz.
Wenn bei diesen auch die Köpfe sehr aus-
drucksvoll sind, so stört doch die zu absicht-
liche, zu arrangierte Aufmachung des Ganzen,

STUDIE ZU EINEM BISMARCKBILD L KNAUS

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