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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Lorenz, Felix: Peter Severin Kröyer
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0224

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WIRTSHAUS IN CONCARNEAU (SKIZZE) PETER SEVERIN KROYER f

PETER SEVERIN KRöyER.

Auch unter den Künstlern der Nordländer,
den Dänen, Schweden, Norwegern, die in
der Vorstellung unserer „gemäßigteren Zone“
immer so björnsonisch-reckenhaft dastehen und
so hamsunisch-urbodenwüchsig — auch unter
denen gibt es Süßholzraspler. Es sind da nicht
alle Wikinger, die sich in Stein oder Farbe
austoben. Auch Limonadenseelen wachsen im
Norden zu Häuf; flachsblonde Sentimentalisten,
welche die holde Wässrigkeit zeitlebens nicht
entbehren können. Von denen brauchen wir
keine Einfuhr. Haben wir ihrer doch selbst genug.

Umso froher sind wir der Erdentwachsenen
da oben. Sie brausen mit einem Eisstrom
frischen Lebens zu uns heran.

Zu ihren stärksten Lebensbringern gehört
Kröyer, der Däne. Bei Schulte, Berlin, konnte
man jetzt einen schönen Teil seines Schaffens
übersehen. In Kröyer sangen Björnson
und Hamsun wie kaum in einem anderen;
der Künstler war von seinem frühesten Schaffen
an, als er, zwanzig Jahre alt, die Fischer am
Hornbaeker Hafendamm malte, schon so voll
erstaunlicher künstlerischer und rein mensch-
licher Fülle, daß seine Entwickelungsmöglich-
keiten unbegrenzt schienen. Diese Möglich-
keiten haben sich nun zwar doch als erschöpf-
bare erwiesen, als Kröyer vor zwei Jahren,
ein Achtundfünfzigjähriger, starb, sah man
sein Können doch nicht als ein bis zum
Letzten ausgeglichenes an. Er laborierte fort-

während an neuen Problemen des Darstellbaren
— sein ewig behender Geist ließ sich keine
Ruh. Wenn Dänemark und das Ausland jetzt
das Werk dieses massiven Dänen übersieht, des
besten, den die Malerei des Landes am Öre-
sund vielleicht auf den Plan gestellt hat, steht
es jedenfalls vor einem sehr üppigen, fruchtbar
gewordenen Künstlertum; nicht an Schöpfergeist,
doch an Gesundheit und Ehrlichkeit dem des
Rubens manchmal ähnlich.

Denn Kröyer war ein malender Epikuräer.
Ein Deutscher sagt von ihm, er vereinte zweierlei
in sich, etwas von einem Kinde und etwas von
einem Genie. Sein Leben, sein Schaffen lagen
in eitel Sonne; es gab nirgendwo Kämpfe für
ihn, er nahm mühelos in sich auf, wie er
mühelos wieder von sich ausstrahlte. Die Götter
hatten ihm drei wundersame Gaben verliehen,
der Maler bestes Gut: den Drang, alles Gesehene
scharf zu charakterisieren, das Talent einer immer
sicheren Zeichnung, die Lust an der Farbe.
Mit diesen Gütern fühlte er sich schon früh
als Herrscher, als freien Bewältiger seiner Sinnes-
eindrücke. Nach seinen Pariser Lehrjahren bei
Bonnat, nach seinen Südlandsstudien, bei denen
zuerst ein Einfluß von Velasquez unverkennbar
ist, ging des jungen Naturalisten Stern auf.
Etwa drei Jahrzehnte waren vergangen, seit
Courbet den Triumph der Natur in der Malerei
Frankreichs verkündet hatte — nun stellte sich
Peter Severin in seinem kleinen Heimatlande
anfangs der achtziger Jahre mit seinen „Italie-
nischen Hutmachern“, einem Bilde von äußer-

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