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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Schubring, Paul: Der Kampf um die Form
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0475

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MODERNE MEDAILLENKUNST

JUBILÄUMSMEDAILLE FÜR DIE UNIVERSITÄT BRESLAU
THEODOR V. GOSEN-BRESLAU

DER KAMPF UM DIE FORM. VON
PROFESSOR PAUL SCHUBRING.

Der Wunsch, auch dem Laien, der von
dem Kampf um die Form wenig erfährt und ge-
neigt ist, diese Frage für weniger wichtig zu
halten als religiöse, politische und wirtschaftliche,
Einblick in die Werkstatt der Kunst zu ver-
schaffen, entsprang nicht pädagogischem Interesse,
sondern drängte sich zunächst unmittelbar auf
durch ungestümeWünsche des bildungshungrigen
Publikums. Seit 1789 ist die Kunst nicht mehr
ein Vorrecht kleiner bevorzugter Kreise,
seit 1830 sind die Museen öffentlich und
allgemein zugänglich. Rätsel auf Rätsel
bieten diese dem Durchschnittsbesucher, der
den Wall nicht zu übersteigen vermag, den
die Jahrhunderte, die Verschiedenheit der
Lebensart und Weltanschauung zwischen ihm
und diesen Bildern, Büsten, Teppichen und
Bronzen aufgeworfen haben. Aber diese
Rätsel locken. Sie glänzen wie schöne
Märchen an der Wand. Jeder Handwerker
hat einen Sinn für Qualität und grüßt das
Handwerk, wo immer er es in guter Probe
finde. Die „Gebildeten“ suchen in den
Bildern eine Illustration vergangener Welten
und jene stillen Gedanken, die hinter dem
farbigen Abbild so deutlich sich bewegen.
Kinder erfassen oft besser als Erwachsene
den lebhaften Rythmus einer farbigen Tafel
oder das Wellenspiel eines edlen Marmors.
Kurzum, Ahnungen werden reichlich ge-
weckt, die Unverdorbenheit der frischen
Empfindung führt oft recht tief auch in

Kompliziertes hinein, und das Glück, das
jede Schwierigkeit in ihrer Überwindung
bietet, belehrt die Ausdauernden, immer
wieder einzusetzen.

Andererseits darf nicht verschwiegen wer-
den, daß unser deutsches Volk der bildenden
Kunst innerlich viel ferner steht als der Musik.
Diese ist seine Domäne; und ein gesunder
Dilettantismus, den jede Klavierstunde pflegt,
hat die große Menge leidenschaftlicher Zu-
hörer erzogen, die mit äußerster Aktivität sich
dem Oratorium, der Symphonie, dem Solo-
gesang hingeben können. In der Berliner
Philharmonie sieht man lauter lauschende
und innerlich mitarbeitende Menschen. Die
Mehrzahl dieser Menschen langweilt sich aber
im Kaiser Friedrich-Museum. Ein tieferes
Interesse erregt eher das Zeughaus, nament-
lich wenn ein Vater seinen Jungens die
Stelle zeigen kann, wo er bei Mars la
Tour mit gefochten hat. Der Rausch, den
viele bei der VIII. Beethovenschen Sym-
phonie oder bei Isoldes Liebestod empfinden,
will sich vor dem Genfer Altar schlechterdings
nicht einstellen. Und doch ist das Phänomen
hier und dort gleich groß; es wird nur mit
verschiedener Leidenschaft erfaßt.

Manche Freunde der bildenden Kunst raten
deshalb, pädagogische Versuche in dieser
Hinsicht aufzugeben. Der Deutsche habe ja
die Musik, in die könne er all seinen Idealismus
hereinpacken. Es habe keinen Wert, Zuhörern,
die doch nicht nach Italien reisen können, von
Florenz vorzuschwärmen; man mache sie nur
unzufriedener. Bildende Kunst sei nur für

MEDAILLE THEODOR V. GOSEN-BRESLAU

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