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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Halke, Paul: Der Karikaturist, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0856

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AUS DER WERKSTATT DES KÜNSTLERS

Der Karikaturist.

Von Paul Hauke.

II.*)

Die Schnelligkeit, mit der diese politisch-kari-
katuristischen Zeichnungen oft ausgeführt werden
müssen, würde selbst die berühmtesten Maler,
die nur in der Ölfarbe das würdigste Ausdrucks-
mittel für die Kunst erblicken und die leider oft
mit Geringschätzung auf ihre „nur“ illustrierenden
Kollegen herabsehen, in Erstaunen setzen und
zu einer anderen Ansicht bekehren. Welch fabel-
haftes Können muß sich nicht der Zeichner
aktueller Bilder zu eigen machen, ehe es ihm
gelingt, den an ihn gestellten Anforde-
rungen gerecht zu werden! Da
gibts kein langes Suchen nach einem
geeigneten Modell — mit den primi-
tivsten Ausdrucksmitteln muß er oft
in weniger als einer Stunde eine
künstlerische Wirkung zu erreichen
verstehen. Schwierigkeiten darf speziell
der Karikaturenzeichner überhaupt nicht
kennen, scharf und verständlich muß
er die Pointen herauszuholen wissen,
die unmöglichsten Unmöglichkeiten
muß er so zu lösen verstehen, daß
sie glaubhaft und überzeugend wirken.

Tiere mit menschlichem Ausdruck dar-
zustellen, womöglich Porträts mit größt-
möglichster Wahrung des Tiercharakters
dabei zu geben, das ist z. B. eine
Aufgabe, die dem politischen Zeichner
jeden Augenblick begegnet. Mit wel-
chem Witz versteht nicht in einigen
der hier beigegebenen Illustrationen,
die den „Lustigen Blättern“ ent-
nommen sind, unser Jüttner diese
Aufgaben zu lösen! „Der Has und
der Swinegel“ und „die projektierte
Weinsteuer“ sind schlagende Beweise
hierfür. Der Karikaturist muß die
abenteuerlichsten und doch dabei
überzeugendsten Fabelwesen erfinden
können; auch Architekturen und Ma-
schinen sollen in einer grotesken Dar-
stellung die Lachlust reizen. Und
neben dem Schaffenden liegt ständig
die Uhr, die mit jedem Ticken ans
— Abliefern seines Werkes mahnt,
denn der Reproduktionsphotograph
und der Ätzer warten mit Ungeduld
auf ihn, und Pünktlichkeit auf die
Minute ist das erste Gebot eines

*) Vergl. Heft 9 der „Kunstwelt".

politischen Karikaturenzeichners. Dann tritt oft
noch die zeitraubende Schwierigkeit hinzu, Photo-
graphien oder Porträts der Darzustellenden, viel-
mehr der zu Karikierenden, zu erhalten. Es ist,
als ob die kommenden Männer ihre Größe und
die damit verbundenen Gefahren, von ihren kari-
katuristisch veranlagten Zeitgenossen verherrlicht
zu werden, im Voraus ahnten und sich jedem
photographischen Objektiv gegenüber äußerst ab-
lehnend verhielten. Da erhält man denn Bilder
mit dem Zusatz, daß es allerdings das letzte
und „neuste“ sei, aber den Dargestellten noch
vor zwanzig Jahren zeige.

„Sie müssen ihn bedeutend älter machen“,
sagt der Redakteur — es seinem zeichnerischen

EXPRESS L. FEININQER

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