DIE FARBE DES LEBENS
hagen in Überdruß um. Nur, wenn man das
an den Werken der Meister geschulte Gefühl für
koloristischen Reiz mit ins Leben des Alltags
bringt, wird man sich da ungestraft den Luxus
froher Farbenspiele gönnen dürfen.
Der moderne wohnhaus-
bau. VON LUDWIG SCHMÜL-
LING, REG.-BAUMEISTER.
Eine Studie zur Geschichte des Woh-
nungswesens.
Die Entwicklung der Grundrißformen hat
mit den gesteigerten Lebensbedürfnissen immer
gleichen Schritt gehalten. Die Renaissance ist
nicht nur eine Zeit des Aufblühens neuer Archi-
tektur-, sondern auch der Grundrißformen. Wenn
auch im Jahre 1514 der Architekt Ariguzzi aus
Bologna feststellt, daß Leute jeder Art, Priester,
Mönche, Handwerker, Schulmeister, Weibel, Ge-
schirrmacher, Spindelmacher, ja selbst Wasser-
träger den Baukünstler spielen, so befaßten sich
doch im allgemeinen nur Fachleute mit dem
Bauwesen. Die besten Meister der Renaissance,
wie Filarete, Leon Bastista, Alberti, Vasari be-
schäftigen sich theoretisch und praktisch meist
nicht nur mit der Monumentalarchitektur, sondern
auch mit dem Privatbauwesen. Im fünften Buch
seines Werkes über das Bauen gibt Alberti
für die Kunst des Grundrisses praktische und
ästhetische Fingerzeige. Wir ersehen aus den
bis ins kleinste Detail gehenden Ausführungen
daselbst, daß die Anforderungen an eine herr-
schaftliche Wohnung sehr hoch waren.
Es wäre jedoch falsch, sich durch die hoch-
entwickelten Leistungen in der Außen- und
Innenarchitektur in der Zeit der Renaissance
und des Barock über das Fehlen eines eigentlichen
Komforts hinwegtäuschen zu lassen. Erst mit
dem gewaltigen Einsetzen des industriellen und
technischen Fortschrittes um 1800 datiert der
Beginn der Bequemlichkeiten des Wohnens.
Noch im 17ten Jahrhundert war man in dieser
Hinsicht äußerst bescheiden.
Interessant ist eine Sammlung von „Aus-
sprüchen, die auf die Bequemlichkeiten ihr
Absehen haben“, verfaßt von Leonhard Sturm,
einem Zeitgenossen Fischers von Erlach im
Jahre 1690. Dort heißt es: „Es sollen alle
Zimmer miteinander gute Kommunitkation haben,
also daß man in keinem Gemach gleichsam
gefangen sey, wenn einer vor die Tür kommt,
von dem wir nicht wollen gesprochen werden.
„Alle heimlichen Gemächer (Toiletten) sollen
verstecket sein und oben Luftlöcher, unten aber
durch spühlende Wasser haben“. Selbst noch
hagen in Überdruß um. Nur, wenn man das
an den Werken der Meister geschulte Gefühl für
koloristischen Reiz mit ins Leben des Alltags
bringt, wird man sich da ungestraft den Luxus
froher Farbenspiele gönnen dürfen.
Der moderne wohnhaus-
bau. VON LUDWIG SCHMÜL-
LING, REG.-BAUMEISTER.
Eine Studie zur Geschichte des Woh-
nungswesens.
Die Entwicklung der Grundrißformen hat
mit den gesteigerten Lebensbedürfnissen immer
gleichen Schritt gehalten. Die Renaissance ist
nicht nur eine Zeit des Aufblühens neuer Archi-
tektur-, sondern auch der Grundrißformen. Wenn
auch im Jahre 1514 der Architekt Ariguzzi aus
Bologna feststellt, daß Leute jeder Art, Priester,
Mönche, Handwerker, Schulmeister, Weibel, Ge-
schirrmacher, Spindelmacher, ja selbst Wasser-
träger den Baukünstler spielen, so befaßten sich
doch im allgemeinen nur Fachleute mit dem
Bauwesen. Die besten Meister der Renaissance,
wie Filarete, Leon Bastista, Alberti, Vasari be-
schäftigen sich theoretisch und praktisch meist
nicht nur mit der Monumentalarchitektur, sondern
auch mit dem Privatbauwesen. Im fünften Buch
seines Werkes über das Bauen gibt Alberti
für die Kunst des Grundrisses praktische und
ästhetische Fingerzeige. Wir ersehen aus den
bis ins kleinste Detail gehenden Ausführungen
daselbst, daß die Anforderungen an eine herr-
schaftliche Wohnung sehr hoch waren.
Es wäre jedoch falsch, sich durch die hoch-
entwickelten Leistungen in der Außen- und
Innenarchitektur in der Zeit der Renaissance
und des Barock über das Fehlen eines eigentlichen
Komforts hinwegtäuschen zu lassen. Erst mit
dem gewaltigen Einsetzen des industriellen und
technischen Fortschrittes um 1800 datiert der
Beginn der Bequemlichkeiten des Wohnens.
Noch im 17ten Jahrhundert war man in dieser
Hinsicht äußerst bescheiden.
Interessant ist eine Sammlung von „Aus-
sprüchen, die auf die Bequemlichkeiten ihr
Absehen haben“, verfaßt von Leonhard Sturm,
einem Zeitgenossen Fischers von Erlach im
Jahre 1690. Dort heißt es: „Es sollen alle
Zimmer miteinander gute Kommunitkation haben,
also daß man in keinem Gemach gleichsam
gefangen sey, wenn einer vor die Tür kommt,
von dem wir nicht wollen gesprochen werden.
„Alle heimlichen Gemächer (Toiletten) sollen
verstecket sein und oben Luftlöcher, unten aber
durch spühlende Wasser haben“. Selbst noch