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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Offermann, Friedrich: Die Organisationslosigkeit der Bildenden Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0558

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INNENMALEREIEN AUS DEM GRAB DES HEILIGEN SALAD-UD DAULEH BEI AGRA

IE ORGANISATIONSLOSIG-
KEIT DER BILDENDEN
KÜNSTLER. VON FRIEDRICH
OFFERMANN.

Ich weiß nicht, ob Maler und Bildhauer in
Deutschland die Empfindung haben, es sei alles
in Ordnung mit den Beziehungen ihres Berufs
zum übrigen Leben und mit ihrer Lage, aber
es muß wohl so sein. Denn während alle übrigen
Stände das Bestreben zeigen, sich zusammen-
zuschließen, um vereint durchzusetzen, was dem
Einzelnen unmöglich, sehen wir auf dem Ge-
biet der bildenden Künste, die Architektur aus-
genommen, eine allgemeine Zersplitterung in
Gruppen und Grüppchen, Gleichgiltigkeit gegen-
über einfachsten wirtschaftlichen Fragen, spöt-
tische Absonderung nach Kunstrichtungen
ohne eine Spur von Sinn für das Einigende.
Indolenz und unwürdige Hilflosigkeit wohin
man blickt.

Wir erleben, daß die deutschen Ärzte, welche
doch auch ihren Beruf mit Idealismus auffassen,
dadurch nicht abgehalten werden, in einer vor-
bildlichen Organisation mit aller Energie für
die Verbesserung ihrer Lage und alles einzutreten,

was dem Ansehen und der Förderung ihres
Standes dient. Die Bühnenkünstler, denen man,
einzeln genommen, kaum mehr ökonomisches
Gefühl und was sonst zum Zusammenschluß
drängt, Zutrauen sollte, als Malern und Bild-
hauern, können mit Genugtuung auf die groß-
artigen Leistungen genossenschaftlicher Selbst-
hilfe verweisen, welche sie ihrer Standesorgani-
sation verdanken. Die bildenden Künstler allein
scheinen ein ewig auseinanderstrebender ver-
sprengter Haufen bleiben zu wollen. Der einzige
feste Punkt in dieser Erscheinungen Flucht: Die
vor mehr als fünfzig Jahren gegründete Allge-
meine Deutsche Kunstgenossenschaft, welche die
Mehrzahl deutscher Künstler umfaßte, und den
natürlichen Kern abgegeben haben würde für
alles was Not tut, ist als Gesamtorganisation
durch den Austritt der Sezessionen aufgegeben
worden, ohne daß von ihren Kritikern auch
nur der geringste Versuch gemacht wäre, sie um-
zugestalten. Sie besteht, aber die Reichsregierung
scheint kein Interesse mehr an ihrer Erhaltung
zu haben, denn sie überträgt ihr die Veranstal-
tung der deutschen Kunstausstellungen im Aus-
lande, welche bisher ihr Hauptzweck war, neuer-
dings nicht mehr. Der Künstlerbund, die Ver-

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