Literatur.
Meister der Graphik. Verlag von
Klinkhardt und Biermann, Leipzig.
Band VI. Giovanni Battista Piranesi
von Albert Giesecke.
Band VI der Meister der Graphik
bringt eine reich illustrierte Monographie
über Piranesi d. Ä. von Albert
Giesecke. Der dem größeren Publi-
kum meist nur durch seine „Römischen
Ansichten“ bekannte Maler - Radierer
findet hier eine eingehende, seiner Be-
deutung entsprechende Würdigung. Um-
fassende Quellenstudien ermöglichten die
Beseitigung einer Reihe von Irrtümern
in der Datierung seiner Werke. Der
Hauptvorzug des Buches aber beruht auf
der liebevollen Schilderung der gesamten
lerischen Persönlichkeit Piranesis in ihrem Zu-
sammenhänge wie in ihrer Gegensätzlichkeit zur
Art der gleichzeitigen Kunstauffassung. An
antiquarischem Wissen Winckelmann bei weitem
nachstehend, übertrifft er ihn durch den ge-
schulten Blick für den Zusammenhang des architek-
tonischen Organismus. Sein patriotischer Eifer
verleitet ihn, aus der etruskischen eine toskanische
Kunst zu konstruieren, die Selbständigkeit der
römischen gegenüber der griechischen Architektur
leidenschaftlich zu verfechten und selbst den
Zusammenhang Großgriechenlands, soweit die
Tempel von Paestum in Frage kommen, mit
dem Mutterlande zu leugnen. Piranesi hat wohl
niemals einen Bau ausgeführt, seine Entwürfe
sind architektonische Phantasien, aber in der
malerischen Erfassung der Massen in ihrer land-
schaftlichen Umgebung, von Licht und Luft um-
flossen, findet er kaum seinesgleichen. Obwohl
mit seinem Einfluß bis in die Zeit Ludwigs XIV.,
des XV. und XVI., ja selbst bis in Directoire
und Empire hineinreichend, ist Piranesi im wesent-
lichen doch durch die Stilgesetze des Spätbarock
beeinflußt, wie er denn in seinen späteren Jahren
in einen gewissen Gegensatz zu den einfacheren
gräcisierenden Formen eines Palladio tritt. In
erster Linie Radierer, weiß er der Nadel durch
kraftvolle Linienführung, durch Zurückdrängung
des Details, durch starke Betonung von Licht
und Schatten, durch die Behandlung von Luft
und Wolkenbildung malerische Wirkungen abzu-
gewinnen, die bis an die Grenze des Dekorativ-
Theatralischen heranreichen. Besonders dankens-
wert ist in dem Buche Gieseckes die von
feinem Stilgefühl geleitete Gliederung des Werkes
Piranesis nach bestimmten Perioden. Im Anfänge
von der korrekten Zeichnung ausgehend, wird
er in dem Streben nach Tonwirkung zuletzt fast
impressionistisch. Selbst seine Staffage zeigt sich
von leidenschaftlicher Bewegung ergriffen und
sucht ihrer Bewunderung für die dargestellten
Bauwerke der Vorfahren durch Gesten Ausdruck
zu geben, die auch vor einer Gliederverrenkung
nicht zurückschrecken. Die zahlreichen, dem
Buche beigegebenen Tafeln geben einen Über-
blick über das gesamte Schaffen Piranesis, der
hier zum ersten Male auch als kunstgewerblicher
Zeichner für Titelblätter und Initialen zu seinem
Rechte kommt. Den Beschluß bilden ein paar
Federzeichnungen, die das Verhältnis der Skizze zu
der radierten Platte anschaulich erläutern. G. M.
Dänische Baukunst. Von Walter
Kornick. Mit 27 Abbildungen und
4 Doppeltafeln. Leipzig, Verlag von
H. A. Ludwig Degener.
Als Sonderabdiuck aus der Neu-
deutschen Bauzeitung, dem Organ des
Bundes Deutscher Architekten, ist diese
treffliche Abhandlung erschienen, die mit
Geist und sicherem Gefühl Entwickelung
und nationale Eigenart der dänischen
Baukunst schildert. Der Verfasser geht
den charakteristischen Elementen dieser
Architekturentwickelung auf Grund eines
sorgfältigen Studiums nach, und er findet
FÄCHER OSCAR SAUERWALD
378
FÄCHER OSCAR SAUERWALD
künst-
Meister der Graphik. Verlag von
Klinkhardt und Biermann, Leipzig.
Band VI. Giovanni Battista Piranesi
von Albert Giesecke.
Band VI der Meister der Graphik
bringt eine reich illustrierte Monographie
über Piranesi d. Ä. von Albert
Giesecke. Der dem größeren Publi-
kum meist nur durch seine „Römischen
Ansichten“ bekannte Maler - Radierer
findet hier eine eingehende, seiner Be-
deutung entsprechende Würdigung. Um-
fassende Quellenstudien ermöglichten die
Beseitigung einer Reihe von Irrtümern
in der Datierung seiner Werke. Der
Hauptvorzug des Buches aber beruht auf
der liebevollen Schilderung der gesamten
lerischen Persönlichkeit Piranesis in ihrem Zu-
sammenhänge wie in ihrer Gegensätzlichkeit zur
Art der gleichzeitigen Kunstauffassung. An
antiquarischem Wissen Winckelmann bei weitem
nachstehend, übertrifft er ihn durch den ge-
schulten Blick für den Zusammenhang des architek-
tonischen Organismus. Sein patriotischer Eifer
verleitet ihn, aus der etruskischen eine toskanische
Kunst zu konstruieren, die Selbständigkeit der
römischen gegenüber der griechischen Architektur
leidenschaftlich zu verfechten und selbst den
Zusammenhang Großgriechenlands, soweit die
Tempel von Paestum in Frage kommen, mit
dem Mutterlande zu leugnen. Piranesi hat wohl
niemals einen Bau ausgeführt, seine Entwürfe
sind architektonische Phantasien, aber in der
malerischen Erfassung der Massen in ihrer land-
schaftlichen Umgebung, von Licht und Luft um-
flossen, findet er kaum seinesgleichen. Obwohl
mit seinem Einfluß bis in die Zeit Ludwigs XIV.,
des XV. und XVI., ja selbst bis in Directoire
und Empire hineinreichend, ist Piranesi im wesent-
lichen doch durch die Stilgesetze des Spätbarock
beeinflußt, wie er denn in seinen späteren Jahren
in einen gewissen Gegensatz zu den einfacheren
gräcisierenden Formen eines Palladio tritt. In
erster Linie Radierer, weiß er der Nadel durch
kraftvolle Linienführung, durch Zurückdrängung
des Details, durch starke Betonung von Licht
und Schatten, durch die Behandlung von Luft
und Wolkenbildung malerische Wirkungen abzu-
gewinnen, die bis an die Grenze des Dekorativ-
Theatralischen heranreichen. Besonders dankens-
wert ist in dem Buche Gieseckes die von
feinem Stilgefühl geleitete Gliederung des Werkes
Piranesis nach bestimmten Perioden. Im Anfänge
von der korrekten Zeichnung ausgehend, wird
er in dem Streben nach Tonwirkung zuletzt fast
impressionistisch. Selbst seine Staffage zeigt sich
von leidenschaftlicher Bewegung ergriffen und
sucht ihrer Bewunderung für die dargestellten
Bauwerke der Vorfahren durch Gesten Ausdruck
zu geben, die auch vor einer Gliederverrenkung
nicht zurückschrecken. Die zahlreichen, dem
Buche beigegebenen Tafeln geben einen Über-
blick über das gesamte Schaffen Piranesis, der
hier zum ersten Male auch als kunstgewerblicher
Zeichner für Titelblätter und Initialen zu seinem
Rechte kommt. Den Beschluß bilden ein paar
Federzeichnungen, die das Verhältnis der Skizze zu
der radierten Platte anschaulich erläutern. G. M.
Dänische Baukunst. Von Walter
Kornick. Mit 27 Abbildungen und
4 Doppeltafeln. Leipzig, Verlag von
H. A. Ludwig Degener.
Als Sonderabdiuck aus der Neu-
deutschen Bauzeitung, dem Organ des
Bundes Deutscher Architekten, ist diese
treffliche Abhandlung erschienen, die mit
Geist und sicherem Gefühl Entwickelung
und nationale Eigenart der dänischen
Baukunst schildert. Der Verfasser geht
den charakteristischen Elementen dieser
Architekturentwickelung auf Grund eines
sorgfältigen Studiums nach, und er findet
FÄCHER OSCAR SAUERWALD
378
FÄCHER OSCAR SAUERWALD
künst-