Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

DOI Artikel:
Japanische Lackarbeiten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0088

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
JAPANISCHE LACKARBEITEN

ABBILDUNG 1

I APANISCHE LACKARBEITEN.

J Die japanische Kunst ist dem Europäer fast
nur aus Erzeugnissen der neueren Zeit, haupt-
sächlich der Tokugawa-Periode, in der der
Farbenholzschnitt geboren wurde und eine
hohe Blüte erlebte, bekannt, während Kunst-
werke des japanischen Altertums bisher nur in
seltenen Fällen nach Europa gelangten und
dann alsbald in Privatbesitz übergingen. Es
ist darum schon ein Verdienst, wenn die Leitung
einer öffentlichen Kunstsammlung wie die der
ostasiatischen Kunstabteilung der königlichen
Museen in Berlin es sich zur Aufgabe gemacht
hat, dem Publikum die ältere japanische Kunst
in erstklassigen Werken vorzuführen.

Aus ihrem Besitz können wir — mit gütiger
Erlaubnis des Leiters jener jungen, rasch an-
wachsenden Abteilung - unsern Lesern einige
ältere Lackarbeiten in Abbildungen vorführen.

ln ihren Anfängen befindet sich die japanische
Lackkunst in starker Abhängigkeit von chinesischen
Vorbildern. ErstdieFujiwara-Zeit(9. 12.Jahrh.)
bringt die Japanisierung des Lackes, vor allem
die Erfindung des Goldlacks, der seinen technischen
und künstlerischen Höhepunkt in der Kamakura-
zeit (13.Jahrh.) erlebt.

Aus dieser stammt ein Kobako (Kästchen für
Räucherwerk, Abb. 1) von rundlichen Formen
und stark gewölbten Flächen mit Goldlack und
Perlmuttereinlagen. Auf einen Lackgrund von
Rohlack gemischt mit rotem Ocker, der durch
Abgreifen im Laufe der Jahrhunderte wieder
zu Tage getreten und zum Teil durch Gravierung,

z. B. bei den vier auffliegenden Vögeln, frei-
gelegt ist, liegt ein schöner weicher matter, von
einzelnen Goldfünkchen belebter Goldlack. In
diesen ist, und zwar so tief, daß die den Lack
abtastende Hand nicht Anstoß nehmen kann,
die Zeichnung eines blühenden Pflaumbäumchens
von solch köstlicher Frische eingelegt, daß von
der Pinselführung des Originals, das dem Lack-
meister Vorgelegen hat, nichts verloren gegangen
zu sein scheint. Die Perlmuttereinlagen mit
ihrem reichen Farbenspiel geben in geistvoller
Übersetzung die Blütenpracht des Bäumchens
wieder.

Bescheidener erscheint daneben ein Kogo
(Dose für Räucherwerk, Abb. 2) von ähnlicher
Form mit Chrysanthemumstauden in Goldlack
auf einem rötlich-goldenen Hirame- (Gold-
pulver-) Grund, das etwa anderthalb Jahrhunderte
später entstanden sein mag.

Im Gegensatz zu diesen beiden Lacken, die
sich gleich weit von einem peinlichen Naturalis-
mus und ornamentaler Stilisierung halten, zeigt
ein etwas später entstandener Kobako (Abb. 3)
eine größere Gebundenheit im Stil und gleich-
zeitig eine raffinierte Schlichtheit der Ausführung.
Mit besonderer Sorgfalt ist die Form des Käst-
chens ausgeklügelt: auf sechseckigem Grundriß
leicht vorgewölbte, geschwungene Seitenflächen,
die Kanten des Deckels gebrochen. Ein raffiniert
gleichmäßiger Hirame-Grund aus großen Gold-
schuppen überzieht alle Flächen, nur im Centrum
ein Schmuckmotiv — eine Hanfblüte mit acht
angehängten Blüten blättern in hellerem, leicht
erhabenem Goldlack auf dunklerem Goldlack-

ABBILDUNG 2

68
 
Annotationen