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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Morin, Georges: Medaillenkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0459

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Medaillenkunst.

Von Georges Morin.

II.

Um nur einiges zu nennen aus der großen
Folge römischer Münzen, die, zum Werktagsver-
kehr bestimmt, in ihrer Einfachheit und feinen Ab-
stimmung von Schrift
und Bild in aller
Schönheit blenden:

Da ist Augustus
strenger Herrscher-
kopf, dann der See-
held Agrippa, Germa-
nicus Caesar im vier-
spännigen Triumph-
wagen nach Besie-
gung der Germanen,
wie die Inschrift
lautet, und seine Ge-
mahlin Agrippina die
Altere. Wir sehen
das feiste Tyrannen-
haupt des Nero und
auf dem schönen
Revers den Kaiser
im Reiterspiel (De-
cursiv) mit eingeleg-
ter Lanze, von einem
Krieger begleitet.

Wägt man dies alte
Geld betrachtend hin
und her, so blickt
aus den Reflexen
jedweden Stückes Er-
innerung aus der
Weltgeschichte uns
entgegen, vergessener
Menschen Los war
eng damit verknüpft.

Große, schon me-
daillenähnliche Gold-
medaillons und
schwere münzenähn-
liche Kupferprägun-
gen(contorniaten) der
späteren Kaiserzeit
wurden als Sieges-
preise und als Erinne-
rungsstücke bei den
olympischen Spielen
geschlagen. In er-
habenem Rande fin-
den wir Bildnisse der
die Spiele fördern-
den Kaiser, Dar-

stellungen der siegreichen Wagenlenker und Wett-
renner mit Palmenzweigen. Die Schrift nennt
die Namen der Lenker, der Pferde oder den
Siegeszuruf. Oft tragen sie auch reiche mytho-
logische Darstellungen, Szenen aus den home-
rischen Gedichten, sie überliefern uns ferner Bildnisse
berühmter Dichter. In diesen Zeugen vergangener

Ruhmestaten haben
wir die Vorläufer der
Medaille jals aus-
schließliches Erinne-
rungsmerkmal zu
sehen.

Selbständig er-
scheinend, nicht wie
die Münze behaftet
mit dem erniedrigen-
den Stempel materi-
eller W ertangabe,

trägt die Medaille,
auch aus bescheide-
nem Metall gefertigt,
als Kunstwerk ihren
Wert voran.

Als älteste italie-
nische Medaille kann
das im Charakter
der römischen
Bronzemünzen ge-
haltene Prägestück
des Franz von Carrara
auf die Eroberung
Paduas 1390 gelten.
Der Wunsch der
Künstler nach indi-
vidueller Wiedergabe
ihrer Absichten, die
in dem Werke die
eigene Hand er-
kennen läßt, veran-
laßte die damaligen
Meister, auf das
früher bei Herstel-
lung des Geldes
selten geübte Guß-
verfahren zur Ver-
vielfältigung ihrer
Arbeiten zurückzu-
greifen, ermöglichte
es doch größte Be-
wegungsfreiheit der
Darstellung und
schnelles Arbeiten
und brachte das
langwierige Stempel-
schneiden in Fortfall.

MEDAILLE FÜR CECILIA QONZAOA

VITTORE PISANO

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VITTORE PISANO

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