AUS DER WERKSTATT DES KÜNSTLERS
Wir bringen an dieser Stelle fortlaufend informierende Aufsätze über die technische Arbeit
des Künstlers und zwar aus der Feder der berufensten Fachmänner auf den einzelnen
Kunstgebieten. Diese. Serie, die so nach und nach wertvolle Einblicke in das Werk-
stattleben vermittelt, setzen wir mit einem Artikel über die technische Seite der Graphik
von Carl Kappstein fort, der selbst zu unseren besten lebenden Graphikern zählt und
als Lehrer für diese Technik an der Berliner Hochschule für die bildenden Künste wirkt.
DIE TECHNIK DER GRAPHISCHEN
KÜNSTE.
Wie entsteht Holzschnitt und Steindruck?
Von Carl Kappstein
Betrachten wir die Techniken des Holz-
schnittes, des ältesten der graphischen Ver-
fahren, so finden wir, daß die ursprüngliche Kraft
und Klarheit des Verfahrens von Anbeginn der
Technik vorhanden war im einfachen Messer-
holzschnitt. Albrecht Dürers Blätter zeigen die
höchste Klarheit dieses graphischen Verviel-
fältigungsmittels und die Schnitte nach Menzels
genialen Zeichnungen zu Kuglers Geschichte
Friedrichs des Großen wie zu den Werken Fried-
richs stellen wohl das höchste und feinste dar,
was an technischer wie künstlerischer Vollkommen-
heit zu erreichen war! An Stelle des Messer-
schnittes ist später die Holzsticheltechnik getreten,
und namentlich in diesem sog. Holzstich werden
von einer Anzahl hervorragender Reproduktions-
künstler Nachbildungen von äußerster Vollendung
geschaffen, so von dem Berliner Hönemann und
den Holzstechem der Münchener Fliegenden
Blätter nach Rene Reinecke, Friedr. Stahl u. a.
Der alte Messerschnitt erforderte eine sorgsame
Zeichnung des Künstlers, die in klaren Linien
meist mit harten Bleistiften — Menzel zeichnete
alle seine Arbeiten auf Holz mit Faber No. 5 —
auf den aus einzelnen Buchsbaumstücken, mit
der Himseite nach oben, geleimten sog. Holz-
stock, gezeichnet wurde. Die Zeichenseite des
Stockes wird vorher mit dünner weißer Farbe
grundiert. — Der Holzschneider schneidet nun,
oft mit der Lupe vor dem Auge, alle weiß-
gebliebenen Stellen der Zeichnung fort, so daß
nur die Linien des Bildes klar und scharf erhaben
ADOLF VON MENZEL
VOLTAIRE AUF DEM TOTENBETT (HOLZSCHNITT)
155
Wir bringen an dieser Stelle fortlaufend informierende Aufsätze über die technische Arbeit
des Künstlers und zwar aus der Feder der berufensten Fachmänner auf den einzelnen
Kunstgebieten. Diese. Serie, die so nach und nach wertvolle Einblicke in das Werk-
stattleben vermittelt, setzen wir mit einem Artikel über die technische Seite der Graphik
von Carl Kappstein fort, der selbst zu unseren besten lebenden Graphikern zählt und
als Lehrer für diese Technik an der Berliner Hochschule für die bildenden Künste wirkt.
DIE TECHNIK DER GRAPHISCHEN
KÜNSTE.
Wie entsteht Holzschnitt und Steindruck?
Von Carl Kappstein
Betrachten wir die Techniken des Holz-
schnittes, des ältesten der graphischen Ver-
fahren, so finden wir, daß die ursprüngliche Kraft
und Klarheit des Verfahrens von Anbeginn der
Technik vorhanden war im einfachen Messer-
holzschnitt. Albrecht Dürers Blätter zeigen die
höchste Klarheit dieses graphischen Verviel-
fältigungsmittels und die Schnitte nach Menzels
genialen Zeichnungen zu Kuglers Geschichte
Friedrichs des Großen wie zu den Werken Fried-
richs stellen wohl das höchste und feinste dar,
was an technischer wie künstlerischer Vollkommen-
heit zu erreichen war! An Stelle des Messer-
schnittes ist später die Holzsticheltechnik getreten,
und namentlich in diesem sog. Holzstich werden
von einer Anzahl hervorragender Reproduktions-
künstler Nachbildungen von äußerster Vollendung
geschaffen, so von dem Berliner Hönemann und
den Holzstechem der Münchener Fliegenden
Blätter nach Rene Reinecke, Friedr. Stahl u. a.
Der alte Messerschnitt erforderte eine sorgsame
Zeichnung des Künstlers, die in klaren Linien
meist mit harten Bleistiften — Menzel zeichnete
alle seine Arbeiten auf Holz mit Faber No. 5 —
auf den aus einzelnen Buchsbaumstücken, mit
der Himseite nach oben, geleimten sog. Holz-
stock, gezeichnet wurde. Die Zeichenseite des
Stockes wird vorher mit dünner weißer Farbe
grundiert. — Der Holzschneider schneidet nun,
oft mit der Lupe vor dem Auge, alle weiß-
gebliebenen Stellen der Zeichnung fort, so daß
nur die Linien des Bildes klar und scharf erhaben
ADOLF VON MENZEL
VOLTAIRE AUF DEM TOTENBETT (HOLZSCHNITT)
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