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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Kappstein, Carl: Die Technik der graphischen Künste, [2]: wie entsteht Holzschnitt und Steindruck?
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0187

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AUS DER WERKSTATT DES KÜNSTLERS

stehen bleiben. Diese Arbeit erfordert große
Sicherheit und Ruhe der Hand, da jede falsch
geschnittene Stelle aus dem Block herausgestochen
werden muß, um durch ein neu eingeleimtes
Stückchen Holz ersetzt zu werden. — Der Druck
geschieht durch Überwalzen der ganzen Platte
mit der Buchdruckwalze und später mittels der
Tiegel- oder Handpresse des Buchdruckers. Von
allen Holzstöcken werden heutigen Tages Zink-
klischees angefertigt, die dann zur Herstellung
der oft sehr hohen Auflagezahl der Bilder dienen
und welche den Originalholzstock zu schonen
bestimmt sind. Beim Holzstich arbeitet der
Holzschneider mit Sticheln verschiedenster Art,
ein- oder mehrschneidigen, je nachdem er die
Flächen der Zeichnung behandelt. Der Holzstich
— auch Tonstich genannt — ist im Gegensatz
zum Messerschnitt, der ein Linienschnitt ist, in
der Lage, feinste graue und verwaschene Töne
des Originalbildes zu reproduzieren. Die Auf-
tragung des zu schneidenden Bildes auf den Holz-
stock geschieht mit Hilfe der Photographie, so
daß der das Original herstellende Künstler nur
seine Arbeit in irgend beliebiger Art mit Ölfarben
oder als Gouache, farbig oder grau in grau zu
liefern hat.

BÄRENZWINGER IM ZOOLOGISCHEN GARTEN (STEINDRUCK)

ADOLF VON MENZEL

Arbeiten die Künstler weißer Rassen auf dem
sog. Hirnholz aus Buchsbaum, so geben die
japanischen Künstler dem Bim- oder Kirschholz
den Vorzug und schneiden nur in Langholz, das
für ihre Art der Flächenbehandlung auch vor-
teilhafter ist. (Der japanische Holzschnitt ist ein
ausschließlicher Messerschnitt, oft leisten die Ja-
paner in der Herstellung farbiger Holzschnitte
mit 12, 16 oder auch mehr Platten ganz Hervor-
ragendes.) Der Künstler zeichnet zuerst die
Hauptplatte in Konturen mit feinsten spitzen
Pinseln aus Ziegenhaar auf ein sehr festes, seiden-
papierdünnes Papierblatt auf. Dies ganz durch-
scheinende Papier wird mit der Zeichenseite nach
unten auf den zu schneidenden Stock geklebt und
die sichtbare Zeichnung erhaben herausgeschnitten.
Darauf werden für die Eintragungen der Farben
so viel Platten, wie Farben benötigt sind, her-
gestellt und nun alle Einzelfarben als Flächen
herausgeholt. Das Drucken geschieht mittels fein-
geriebener Wasserfarben — im Gegensatz zu
unsern gebräuchlichen ölfimishaltigen Farben —,
die mit aus Reiskleber bereitetem Kleister ange-
macht werden, um ihnen die nötige Bindekraft
zu geben. Der Drucker überwischt mit Farbe
die einzelnen Partien seiner Stöcke und reibt, das
leicht gefeuchtete, wundervolle japanische
Papier auf den Stock legend, mit der
Hand und einem aus Bambusfaser herge-
stellten runden Reiberballen von hinten
über das Druckpapier, das an allen Stellen
schön gleichmäßig die Farbe annimmt und
festhält. Die Kunstfertigkeit früherer japa-
nischer Holzdrucker ist wohl die höchst
denkbare gewesen, denn in der feinen Ab-
stufung der oft ganz zarten Farbtöne haben
sie Unübertreffliches geleistet mit den uralten,
primitivsten Instrumenten!

Der auf japanische Anregungen hin auch
in europäischen Kunstzentren viel geübte
Flächenholzschnitt und der neuerdings
daraus entstandene Linoleumschnitt arbeitet
nach ähnlichen Gmndsätzen und bedient
sich für die Schnitte auch des Langholzes
oder fester, sehr leicht schneidbarer Lino-
leumplatten. Das Drucken geschieht bei
uns auf der Buchdruck- oder auch auf der
lithographischen Flachdruckpresse.

Der Steindruck oder lithogra-
phische Druck ist Anfang des neun-
zehnten Jahrhunderts durch Alois Senefelder
erfunden und die jüngste der Techniken.
Senefelder bezeichnete sein neues Verfahren
zuerst als „chemische Druckerei“ und traf
damit auch das Richtige. Während der
Kupferdrucker mit vertiefter Zeichnung und
der Holzschnitt- oder Buchdrucker mit er-
habener Zeichnung arbeitet, ist der Stein-

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