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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Behrendt, Walter Curt: Ein Märkischer Landsitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0116

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WOHNUNG DES PFÖRTNERS GEH. BAURAT OTTO MARCH

Ein märkischer Landsitz, von

WALTER CURT BEHRENDT.

Der märkische Landsitz, wie er in der Vor-
stellung lebt, wie man ihn zuweilen noch heute
auf weiten einsamen Wanderungen durch das
stille Havelland findet und wie ihn Fontane
in seinen Romanen beschrieben hat, repräsen-
tiert einen klar bestimmten, fest umrissenen Typus.
Man denkt an langgestreckte niedrige Gebäude
mit glatten, sauberen Putzflächen und gebroche-
nen Dächern, wie sie das frühe achtzehnte
Jahrhundert liebte, die Zeit Friedrich Wilhelms I.,
der ja selbst als leidenschaftlicher Bauherr be-
kannt ist.

Aus der schlichten, kunstlosen Gebäude-
gruppe, umrahmt von dem dunklen Grün märki-
schen Kiefernwalds, tritt das einfache Herren-
haus als Hauptbau hervor mit breiten, unmittel-
bar zum Garten hinausführenden Mitteltüren
und schlanken, weiß gesproßten Fenstern. Wie
mit dem Boden der Landschaft verwurzelt
stehen sie da in schmuckloser Sachlichkeit.

Und doch ist die gesamte Anlage lebendig-
ster Kunstwirkung fähig durch die klang-

volle Schönheit empfundener Proportionen,
durch die anmutige Verbindung, die hier das
einfachschlichte Menschenwerk mit der Natur
eingegangen ist.

* *

*

Eine Aufgabe, wie diese, ein Haus zu bauen
zum Wohnen und Arbeiten, auf einem Besitz,
der alle Schönheiten der märkischen Landschaft
in sich vereinigt, hatte der Architekt Otto March
zu lösen, als er von Herrn C. v. Siemens den
Auftrag erhielt, am Lehnitzsee bei Potsdam
einen Landsitz zu errichten.

Der Besitz ist an drei Seiten von Wasser
umzogen; das nach den Seeufern leicht ab-
fallende, stark gewellte Gelände bildet also eine
Art Halbinsel. Die alte Potsdamer Landstraße
führt in weitem Bogen an dieser Halbinsel
vorbei, so daß eine neue Zufahrtstraße zu der
Gutsanlage geschaffen werden mußte. Sie ist
als breite, in Serpentinwindungen ansteigende
Fahrstraße, an Pförtner- und Gärtnerhaus vorbei,
bis zum höchsten Punkt des Geländes geführt und
endigt vor der Rückfront des Herrenhauses (vgl.
den Lageplan).

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