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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Lorenz, Felix: Paul Englers Bauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0590

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Entwurf des zweiten engeren Wettbewerbes für den Berliner Opernhaus-Neubau. Architekt: Professor MAX LITTMANN-MÜNCHEN

P

AUL ENGLERS BAUTEN.

Unter den jüngeren Berliner Architekten
darf Paul Engler als eine beachtenswerte
Erscheinung gelten, bei der ein Zug zu selbstän-
diger Entwicklung und ein dem Konventionellen
entfliehender Formengeist auffallen.

Seine neuen Bauten zeigen jedenfalls ein leb-
haftes Bestreben, von der eklektizistischen
Strömung energisch loszukommen, zu einem
persönlichen Ausdruck zu gelangen.

Das tritt besonders an seinen Großbauten
hervor, deren Entwürfe hier abgebildet sind.
Aus einem Wettbewerb für den Bau eines
Warenhauses von Leonhard Tietz in Köln re-
sultiert ein großstiliger Entwurf, an dem die
mächtige, zu monumentaler Einfachheit stre-
bende Gliederung der Massen, die vortrefflichen
Verhältnisse der Vertikalen zu den Horizontalen
auffallen. Jede Abirrung ins Kleinliche ist mit
dem sichersten Gefühl für einen reinen Ge-
samteindruck vermieden worden.

Einen starken Akzent hat der Architekt auf
die innere und äußere Einheit des wuchtigen
Bauwerkes gelegt, indem er die Eckauflösungen
(ohne alle experimentierenden Bemühungen, zu
denen leicht Verleitung dagewesen wäre) auf
die natürlichste Art aus dem Mittelkomplex ent-
wickelte. So folgte er jenen edlen Richtlinien,
die Messel für den Warenhausbau geschaffen
hat; ohne jedoch in eine bloße stilistische Nach-
ahmung zu verfallen.

An diesem Entwurf, wie auch an dem des
Hotel- und Restaurationsgebäudes Sievers in
Bochum läßt sich aber auch der Niederschlag
einer Erfahrung erkennen, der die rein prakti-
schen Notwendigkeiten bis ins Detail zur Ge-
nüge vertraut sind.

Die Sachlichkeit spricht auch aus dieser Hotel-
Anlage mit ihren kräftig betonten Giebeln und
der geschickten Raumverteilung. Die Halle
hat einen leise festlichen Charakter, ohne mit
einer heute oft beliebten Protzerei mehr anzu-
deuten als sie vorstellen soll.

Englers vielfältiges Talent, daß sich freilich
vor jeder Zersplitterung hüten muß, gibt auch
im Landhausbau Frisches und Gutes. Er folgt
dabei einigermaßen den Traditionen des breit-
behaglichen englischen Cottage-Stiles.

Sein Landhaus Hendrich und ein Wald-
restaurant, beide in Tettenborn am Südharz,
vermitteln den Eindruck solider, unkompli-
zierter Arbeiten, an denen das Hauptprinzip,
das der Wohnlichkeit, schon in Fenstern,
Loggien, Baikonen, Erkern trefflich ausge-
sprochen ist.

Die Gebäude fügen sich in die bergige Um-
gebung ohne jeden Zwang ein, und eine ge-
wisse rustikale Derbheit (wie an dem weither-
niedergezogenen Giebel des Waldgasthofs) steht
ihnen hier gut zu Gesicht, während sie in
einem Wiesen- und Parkgelände ziemlich fremd
zur Landschaft erscheinen würde. -nz.

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