DER KÜNSTLERISCHE WERT DER BERLINER OPERNHAUS-ENTWÜRFE
wohl wiederholt sein inneres und äußeres
Antlitz, besonders das Zuschauerhaus er-
hielt um 1843 durch den jüngeren Lang-
haus seine heutige Gestalt, im wesent-
lichen aber ist es noch das alte Haus.
So sehr seine Architektur in unserer
friederizianisch fühlenden Zeit als Wahr-
zeichen bester Kunst gilt, so unzulänglich
wurden allmählich die Räume für Reprä-
sentation und Bühnentechnik. Für den
künstlerischen Wert des Gebäudes sprach
am besten der flammende Protest gegen
den ursprünglich beabsichtigten Abriß.
Das neue Opernprojekt scheint von
Anfarg an unter einem Unstern zu stehen.
Bereits die Platzfrage ließ sicheren Weit-
blick und städtebauliches Empfinden ver-
ZUM PROJEKT DES NEUEN OPERNHAUSES FÜR BERLIN
LAQEPLAN
Die Schrift zeugt von gründlicher Be-
lesenheit; aber alles Materialistische ist um-
gewandelt in Geist, ist Seele und Leben
geworden, nichts ist toter Buchstabe ge-
blieben. Schon die Sprache ist bedeut-
sam, die Sätze sind durchleuchtet von
innerer Glut und zugleich markig, voller
Kraft und Gedrungenheit.
Vor allem aber ist eine große Liebe zur
Gegenwart darin, zur Kunst unserer Zeit,
zu den suchenden Meistern unserer Epoche.
In allem spürt man dieses Hoffnungsvolle,
Jubelnde, und nur um dieses Zukunftsvollen
willen ist die Kritik so lebendig, es ist
schöpferische Arbeit, die hier geleistet ist.
Darum sind dem eigenartigen Buche viele
Leser zu wünschen. Denn schließlich han-
delt es sich hier nicht allein um die Kunst.
Es ist das Ringen um die Kultur der
Gegenwart, um das eigene Wachsen und
Werden, von dem diese kleine, kühne
Schrift zu ihrem Teile Zeugnis ablegt. Sie
mußte einmal geschrieben werden und
jetzt, scheint es, ist die rechte Zeit dazu
gekommen.
Der künstlerische
WERT DER BERLINER
OPERNHAUS-ENTWÜRFE
Von Ludwig Schmülling, Reg.-Baumstr.
Mehr als 150 Jahre gingen über die
„Maison d’opera“ Friedrichs des Großen zu
Berlin hinweg, 150 Jahre gewaltigen Fort-
schritts der Bühnentechnik und Tonkunst.
Das Werk von Knobelsdorffs veränderte
I !
Entwurf des ersten engeren Wettbewerbes.
Arch.: Kgl. Baurat HEINRICH SEELINO, Stadtbaurat in Charlottenburg
488
wohl wiederholt sein inneres und äußeres
Antlitz, besonders das Zuschauerhaus er-
hielt um 1843 durch den jüngeren Lang-
haus seine heutige Gestalt, im wesent-
lichen aber ist es noch das alte Haus.
So sehr seine Architektur in unserer
friederizianisch fühlenden Zeit als Wahr-
zeichen bester Kunst gilt, so unzulänglich
wurden allmählich die Räume für Reprä-
sentation und Bühnentechnik. Für den
künstlerischen Wert des Gebäudes sprach
am besten der flammende Protest gegen
den ursprünglich beabsichtigten Abriß.
Das neue Opernprojekt scheint von
Anfarg an unter einem Unstern zu stehen.
Bereits die Platzfrage ließ sicheren Weit-
blick und städtebauliches Empfinden ver-
ZUM PROJEKT DES NEUEN OPERNHAUSES FÜR BERLIN
LAQEPLAN
Die Schrift zeugt von gründlicher Be-
lesenheit; aber alles Materialistische ist um-
gewandelt in Geist, ist Seele und Leben
geworden, nichts ist toter Buchstabe ge-
blieben. Schon die Sprache ist bedeut-
sam, die Sätze sind durchleuchtet von
innerer Glut und zugleich markig, voller
Kraft und Gedrungenheit.
Vor allem aber ist eine große Liebe zur
Gegenwart darin, zur Kunst unserer Zeit,
zu den suchenden Meistern unserer Epoche.
In allem spürt man dieses Hoffnungsvolle,
Jubelnde, und nur um dieses Zukunftsvollen
willen ist die Kritik so lebendig, es ist
schöpferische Arbeit, die hier geleistet ist.
Darum sind dem eigenartigen Buche viele
Leser zu wünschen. Denn schließlich han-
delt es sich hier nicht allein um die Kunst.
Es ist das Ringen um die Kultur der
Gegenwart, um das eigene Wachsen und
Werden, von dem diese kleine, kühne
Schrift zu ihrem Teile Zeugnis ablegt. Sie
mußte einmal geschrieben werden und
jetzt, scheint es, ist die rechte Zeit dazu
gekommen.
Der künstlerische
WERT DER BERLINER
OPERNHAUS-ENTWÜRFE
Von Ludwig Schmülling, Reg.-Baumstr.
Mehr als 150 Jahre gingen über die
„Maison d’opera“ Friedrichs des Großen zu
Berlin hinweg, 150 Jahre gewaltigen Fort-
schritts der Bühnentechnik und Tonkunst.
Das Werk von Knobelsdorffs veränderte
I !
Entwurf des ersten engeren Wettbewerbes.
Arch.: Kgl. Baurat HEINRICH SEELINO, Stadtbaurat in Charlottenburg
488