FEIERABEND (GALERIE MAGDEBURG) LUDWIG DETTMANN-KÖNIGSBERG Pr.
Königsberger kunstleben.
VON DR. FRANZ DEIBEL.
Es ist noch nicht gar so lange her, da
konnte man von einem Kunstleben in Königs-
berg überhaupt nicht reden. Alles künstlerische
Interesse, alle künstlerischen Kräfte der ultima
Thule wurden seit Jahrzehnten so sehr von der
Musik in Anspruch genommen, daß für die
bildende Kunst nicht viel übrig geblieben ist.
Man hatte zwar, seit 1845 die damalige Königs-
berger Kunstschule durch Kabinettsordre des
Königs in eine höhere Kunstanstalt nach dem
Vorbild Düsseldorfs umgewandelt worden war,
eine eigene Akademie. Man besaß ein Stadt-
museum, in dem die Malerei des 19. Jahr-
hunderts mit manchem hervorragenden Stück
vertreten war. Und man hatte dank der Rührig-
keit eines Kunstvereins alle zwei Jahre eine
umfassende moderne Ausstellung. Aber — von
der Akademie wußte man kaum mehr, als daß
sie eben da war. Das Stadtmuseum, in unzu-
länglichen Räumen untergebracht, war ein voll-
gestopftes Bildermagazin, das vor allem für
Fremde bestimmt schien. Und die zweijährigen
Ausstellungen litten unter dem Mangel eines
geeigneten Lokals und mehr noch unter dem
Fehlen eines kaufkräftigen Publikums, das den
Veranstaltungen auch die Gewähr des materiellen
Erfolges hätte geben können. Allmählich haben
sich nun auch im armen Osten die vermögenden
Gönner und die für jeden künstlerischen Auf-
schwung notwendigen Mittel in bescheidenem
Umfang gefunden. Sie kamen mit der erfreulichen
Belebung, die das Interesse für die bildenden
Künste im Laufe des letzten Dezenniums erfahren
hat, mit dem frischen und freien Zug, der in
diesem Zeitraum in das lange stagnirende Kunst-
leben der Pregelstadt gekommen ist. Er ist
vor allem der organisatorischen Rührigkeit
Ludwig Dettmanns zu danken, des jetzigen
Direktors der Akademie, sowie der tüchtigen
Künstlerschar, die mit und neben ihm hier seit
einigen Jahren wirkt: den Malern Jernberg,
Heichert, Albrecht, Storch, dem Radierer Heinrich
Wolff und dem Bildhauer Stanislaus Cauer.
Sie haben Anregung und Leben nach Königs-
berg gebracht; sie haben manche kräftige Oppo-
sition geweckt, manchen Pächter des „guten
Geschmacks“ gründlich verärgert und sich
schließlich soweit durchgekämpft, daß man von
ihnen und ihrem Schaffen Notiz nimmt. Neuer-
dings sogar bei den städtischen Behörden, die
sich früher noch weniger als das Publikum
DIE KUNSTWELT I, 9
631
Königsberger kunstleben.
VON DR. FRANZ DEIBEL.
Es ist noch nicht gar so lange her, da
konnte man von einem Kunstleben in Königs-
berg überhaupt nicht reden. Alles künstlerische
Interesse, alle künstlerischen Kräfte der ultima
Thule wurden seit Jahrzehnten so sehr von der
Musik in Anspruch genommen, daß für die
bildende Kunst nicht viel übrig geblieben ist.
Man hatte zwar, seit 1845 die damalige Königs-
berger Kunstschule durch Kabinettsordre des
Königs in eine höhere Kunstanstalt nach dem
Vorbild Düsseldorfs umgewandelt worden war,
eine eigene Akademie. Man besaß ein Stadt-
museum, in dem die Malerei des 19. Jahr-
hunderts mit manchem hervorragenden Stück
vertreten war. Und man hatte dank der Rührig-
keit eines Kunstvereins alle zwei Jahre eine
umfassende moderne Ausstellung. Aber — von
der Akademie wußte man kaum mehr, als daß
sie eben da war. Das Stadtmuseum, in unzu-
länglichen Räumen untergebracht, war ein voll-
gestopftes Bildermagazin, das vor allem für
Fremde bestimmt schien. Und die zweijährigen
Ausstellungen litten unter dem Mangel eines
geeigneten Lokals und mehr noch unter dem
Fehlen eines kaufkräftigen Publikums, das den
Veranstaltungen auch die Gewähr des materiellen
Erfolges hätte geben können. Allmählich haben
sich nun auch im armen Osten die vermögenden
Gönner und die für jeden künstlerischen Auf-
schwung notwendigen Mittel in bescheidenem
Umfang gefunden. Sie kamen mit der erfreulichen
Belebung, die das Interesse für die bildenden
Künste im Laufe des letzten Dezenniums erfahren
hat, mit dem frischen und freien Zug, der in
diesem Zeitraum in das lange stagnirende Kunst-
leben der Pregelstadt gekommen ist. Er ist
vor allem der organisatorischen Rührigkeit
Ludwig Dettmanns zu danken, des jetzigen
Direktors der Akademie, sowie der tüchtigen
Künstlerschar, die mit und neben ihm hier seit
einigen Jahren wirkt: den Malern Jernberg,
Heichert, Albrecht, Storch, dem Radierer Heinrich
Wolff und dem Bildhauer Stanislaus Cauer.
Sie haben Anregung und Leben nach Königs-
berg gebracht; sie haben manche kräftige Oppo-
sition geweckt, manchen Pächter des „guten
Geschmacks“ gründlich verärgert und sich
schließlich soweit durchgekämpft, daß man von
ihnen und ihrem Schaffen Notiz nimmt. Neuer-
dings sogar bei den städtischen Behörden, die
sich früher noch weniger als das Publikum
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