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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Lorenz, Felix: Die Ausstellung der Berliner Sezession 1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0688

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DIE AUSSTELLUNG
DER BERLINER SEZESSION 1912.

VON FELIX LORENZ.

Jn seiner Eröffnungsrede erklärte der Bild-
hauer August Kraus (für den damals kranken,
jetzt wieder genesenen Corinth), daß in diesem
Jahre der junge Nachwuchs der Secession zu
seinem Rechte kommen solle. Man durfte also
gespannt sein, diesen kennen zu lernen, nach-
dem die Eingesessenen so manches Jahr „ihrer
Gaben Fülle“ verstreut. Außerdem wies der
zweite Vorsitzende noch auf die französischen
Gäste hin, die man geladen hatte und von
denen im sensationshungrigen Publikum schon
allerhand dunkle Sagen gingen. Also auch
diesen Gästen gegenüber eine interessante
Spannung . . .

Nun, für beide Erwartungen wurden einiger-
maßen Enttäuschungen eingehandelt. Der junge
Nachwuchs, dem es freilich nicht an Wagemut,
wohl aber an Eigenkraft gebricht, schlägt zwei
Wege ein: entweder strebt er dem Wuchs der
älteren Sezessionisten nach, ohne doch deren
Persönliches erreichen zu können, oder er be-

gibt sich ans Klügeln, Tüfteln, an rein ver-
standesmäßige Experimente und Ertastungen.
Neuer Boden soll gewonnen werden um jeden
Preis, aber man erobert kein Land, wo Untiefen
sind. Man weiß ja nun zur Genüge, daß die
Jungen auf ihr Programm geschrieben haben,
sich vor allem von der Natur loszureißen; die
alte, von den Größten geheiligte These, daß es
die Aufgabe der Kunst sei, der Natur so nahe
wie möglich zu kommen (ohne das eigene
Temperament zu verleugnen, notabene!) soll
endgültig abgetan sein und dafür das Recht an
unabhängiger Form und Farbe eingesetzt werden.
Selbst wenn dieses Recht vorurteilslos zugegeben
wird, selbst wenn man einräumen will, daß es
jenseits der Natur noch Kunstmöglichkeiten
gibt, so gehören doch zur Bewältigung solcher
Probleme ganz original und elementar schaffende
Künstlergeister. Die Talente der Heckendorf,
Klemm, Wilhelm Lange, Michelson u. a. reichen
da nicht zu. Es behauptet sich das Gefühl von

ROBERT STERL-DRESDEN

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